Direkte Demokratie in den Ländern: Schlusslicht Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt ist Schlusslicht beim Thema Direkte Demokratie. Das geht aus dem Volksbegehrensbericht des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“ hervor. Danach gab es in Sachsen-Anhalt in den letzten 10 Jahren lediglich ein einziges Volksbegehren: „Gegen zwangsweise Bildung von Einheitsgemeinden“ im Jahr 2010. Dieses scheiterte an der zu geringen Anzahl von Unterschriften. Im Ranking der 16 Bundesländer nimmt Sachsen-Anhalt damit den letzten Platz ein (VBB, Seite 15). Den bisher einzigen Volksentscheid in Sachsen-Anhalt gab es 2005: „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“, der jedoch trotz klarer Abstimmungsmehrheit am zu geringen Zustimmungsquorum scheiterte.
Bisher steht direkte Demokratie auf Landesebene in Sachsen-Anhalt also lediglich auf dem Papier. Schuld daran tragen nach Meinung von Mehr Demokratie vor allem die auch im Vergleich zu anderen Bundesländern viel zu hohen, gesetzlich vorgeschriebenen Quoren. Bereits im September 2016 hatte der Landesverband Sachsen-Anhalt von Mehr Demokratie in einem Offenen Brief an alle Mitglieder des Landtages darauf hingewiesen. So muss ein Volksbegehren bisher von mindestens 9 Prozent aller Wahlberechtigten unterschrieben werden. Vorgeschlagen wurde hier eine Absenkung auf 5 Prozent. Für Volksentscheide zu einfachen Gesetzen gilt bisher, dass zusätzlich zur einfachen Mehrheit aller gültigen Stimmen auch noch mindestens 25 Prozent aller Wahlberechtigten zustimmen müssen. Bei Volksentscheiden, die eine Änderung der Landesverfassung zur Folge haben, bedarf es mindestens einer zwei Drittel Mehrheit aller gültigen Stimmen und einer Zustimmung von mindestens 50 Prozent aller Wahlberechtigten. Hier schlägt Mehr Demokratie vor, Zustimmungsquoren gänzlich abzuschaffen, so wie dies in Bayern und Hessen bereits jetzt der Fall ist. Stattdessen sollte analog wie bei Wahlen verfahren werden, wo lediglich die Mehrheit der gültigen Stimmen entscheidet. Was bei der Wahl eines Landtages für die nächsten 5 Jahre geht, muss doch wohl auch bei einer Sachentscheidung möglich sein, argumentiert Mehr Demokratie. Ebenso wichtig ist aber auch der Wegfall des sogenannten Finanztabus, wonach gegenwärtig Gesetzentwürfe „von unten“ von vornherein abgelehnt werden, die „ein Haushaltsgesetz, Abgabengesetz oder Besoldungsregelungen zum Gegenstand“ haben. Hierdurch wird die Volkssouveränität, entgegen Artikel 20, Absatz 2 Grundgesetz, in erheblichem Maße eingeschränkt und der Landtag entscheidet häufig „in eigener Sache“.
Interessant für Sachsen-Anhalt dürfte aber auch der Vorschlag der Thüringer CDU sein, die direkte Demokratie, das heißt die stärkere Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die Gesetzgebung, durch ein fakultatives Referendum auszubauen
(VBB, Seite 26). Danach sollen Gesetze grundsätzlich erst nach 100 Tagen in Kraft treten. Kommen in dieser Zeit 50 Tausend Unterschriften zusammen, wird durch Volksabstimmung entschieden, ob das Gesetz in Kraft tritt oder nicht. In der Schweiz wird das fakultative Referendum bereits seit 1874 äußerst erfolgreich praktiziert.
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