„Gutsherrenart“: MZ-Mitarbeiter rebellieren gegen Chefs
Laut IVW hat die Mitteldeutsche Zeitung noch etwas mehr als 170.000 Abonnenten, fast 8.000 weniger als vor einem Jahr. Der Abwärtstrend hält an. Erst kürzlich war das Verlagshaus in der Kritik, weil Service-Center geschlossen und Sekretärinnen entlassen werden. Die Unzufriedenheit der verbleibenden Mitarbeiter wächst. Sie haben sich deshalb nun mit einem offenen Brief an die Verlagsleitung gewandt.
Im Fokus steht dabei der Chefredakteur, dem in dem Schreiben „Gutsherrenart“ unterstellt wird. Man wolle nicht weiter zusehen, „wie die Mitteldeutsche Zeitung im rasanten Tempo an Ansehen in der Region verliert“. Man beobachte seit Jahren, dass die Zeitung immer weniger angenommen werde. Das neue Layout wird in dem Schreiben als „Fehlgeburt“ bezeichnet. Wer eine Tageszeitung abonniere, wolle tagesaktuelle und vielfältige, auch kritische und allumfassende Informationen aus seiner Region. Doch nach dem Refresh gebe es weniger Informationen als jemals zuvor. „Die Leser wollen keine ganzseitigen Porträts auf der letzten Seite, lange Artikel durch die sie sich durchkämpfen müssen, leere Marginalspalten oder den Wegfall der Serviceseite.“ Der Leser werde für dumm verkauft. Bei der MZ gehe Layout vor Inhalt, und dies nehme der Leser übel. Bei der Planung des Layouts sei auf die Erfahrung und Vorschläge der Mitarbeiter, die in den Lokalredaktionen die Artikel recherchieren, nicht zurückgegriffen worden.
Ebenso kritisiert wird die Schaffung von „Regiodesk-Redaktionen“. Unter den „ausbeuterischen Bedingungen“ finde sich zudem kaum ein Journalist, der bei der MZ anfangen wolle. Gipfel der „inkompetenten Personalpolitik“ sei die überraschende Kündigung der Sekretärinnen. Man sei solidarisch und fordere die Rücknahme der Kündigungen. Ebenso gebe es Hinweise, dass als Nächstes die Fotografen abgeschafft werden sollen. „Die meisten Fotos unserer Fotografen könnten so niemals mit dem Handy eines Redakteurs gemacht werden. „Wir Mitarbeiter sind jetzt schon heillos überlastet. Welche Qualität kann das Produkt MZ dann noch haben, wenn von uns zusätzlich auch noch Fotos und Videos erstellt werden sollen.“
Auch die gescheiterte digitale Transformation sei allgegenwärtig. „Der MZ-Internetauftritt hinkt in Aktualität und Themenwahl vielen ambitioniert gemachten, privaten Internetseiten im Heimatland der MZ hinterher. Das dürften wir uns eigentlich nicht leisten.“
Man sehe die Entwicklung der Zeitung mit Sorge, die Stimmung sei schlechter als jemals zuvor. „Mit demotivierten, ausgebrannten Mitarbeitern kann man keine anspruchsvolle Zeitung produzieren.“
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