Halle will die Kita-Gebühren abschaffen

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Eine Antwort

  1. Sven M. sagt:

    Halle will die Kita-Gebühren abschaffen!

    Wie bei so vielem, wird es wohl bei dieser Absichtserklärung bleiben, aber gerne lasse ich mich eines Besseren belehren. Betrachtet man die Kita als Bildungseinrichtung, und das will uns ja das in Sachsen Anhalt allgemeingültige Bildungskonzept Bildung:elementar-Bildung von Anfang an vermitteln, dann stellt sich die Frage, warum für die Kita Beiträge erhoben werden, wenn doch laut der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR), die am 10.12.1948 von der UN verabschiedet wurde, Bildung unentgeltlich ist. Ich zitiere Artikel 26 Punkt 1.: „Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung.“.
    Nun steht dort in nichts von Kindertagesstätten, sehr wohl aber etwas von grundlegender Bildung! Ist die Kita nun eine Einrichtung grundlegender Bildung oder nicht? Zumindest möchte sie es sein, wie im Bildungskonzept Bildung:elementar-Bildung von Anfang an zu lesen ist. Die Praxis sieht leider anders aus.
    Unter dem Vorwand der Selbstbestimmung können die Kinder meiste Zeit tun und lassen was sie wollen, was dann als freies Spielen bezeichnet wird. Zu wenig pädagogische Angebote, zu wenig Fachpersonal für zu viele Kinder macht es auch gar nicht möglich, den Kindern mehrere zielgerichtete pädagogische Angebote im Sinne des Bildungskonzepts anzubieten und so entzieht sich eine Großzahl der Kinder den gut gemeinten pädagogischen Bemühungen der Erzieher. Die Selbstbestimmung der Kinder, darf nicht zur Rechtfertigung von Mangel an Bildungsangebot, Hilfsmitteln und Fachpersonal werden. Freies Spielen also selbstbestimmt etwas zu machen, was einem Spaß macht, das gehört natürlich zu einer erfüllten Kindheit dazu, aber wenn sich Kinder immer frei entscheiden können, ob sie ein Angebot annehmen (wenn es denn eines gibt) oder ob sie mach können was sie wollen, dann werden sie sich in den meisten Fällen, wenn das Angebot nicht den eigenen Interessen entspricht, diesem entziehen. Und am Ende der Kita-Zeit fällt ein pädagogischer Mitarbeiter das Urteil: „Ihr Kind ist nicht kreativ“. Zur gleichen Zeit jedoch, sitzt mein Sohn (mit 6 Jahren) mit Lineal, einer Tasse und Buntstiften zu Hause am Tisch und tut es Kandinsky gleich. Das Angebot, das Wecken von Interessen, das Begleiten der Kinder macht den Unterschied.
    Nun bin ich dem Thema Gebühren zugegeben etwas entrückt und möchte daher nochmal auf die gängige Praxis in Halle zurückkehren.
    Wir sind in der vorteilhaften Situation, dass unser Sohn gar keine Kita besuchen müsste aber aus Überlegungen der sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung heraus und aufgrund von Bildungsaspekten, wollten wir natürlich unseren Sohn diese so wichtige Zeit für ein Kind nicht vorenthalten. Zusätzlich zu diesem Angebot unterbreiteten wir unserem Sohn weitere unabhängige Angebote, sowohl zu Hause als auch beispielsweise eine musikalische Früherziehung am Konservatorium oder in einem Sportvereinen. Er durfte selbstbestimmt entscheiden, was ihm Spaß macht und was nicht. Unser Sohn geht/ging daher nur 30 Stunden die Woche in die Kita. In einigen Monaten, wie beispielsweise Dezember oder auch im Januar besuchte unser Sohn aufgrund familiärer Aktivitäten (Reisen/Urlaub) die Kita nur 14 oder 15 Tage von durchschnittlich 21 Tagen im Monat. An den Tagen, an dem es unserem Sohn besonders im Kindergarten gefiel, haben wir ihn, mal an diesem Tag, mal an einem anderen, eine Stunde mehr Zeit mit seinen Freunden in der Kita gegeben ohne aber, dass er jemals das letzte Kind war und so einen Mehraufwand für die Pädagogen dargestellt hätte.
    Trotz der weniger geleisteten Betreuungstage in der Kita wurden uns vor einigen Tagen noch direkt in der Kita, für die einzelnen Tage, an dem unser Sohn eine Stunde länger verweilte, 24,00 € zusätzlich berechnet. Das sind die 24,00 € zur nächsten Betreuungsstufe von 35 Wochenstunden. Ist man aber mal akribisch, und fängt im Umkehrschluss ebenfalls an die im Monat geleisteten Stunden zu errechnen, dann liegen wir immer noch weit unter unserem Vertrag von 30 Wochenstunden.
    Dieser „Schachzug“ war wohl (meine subjektive Meinung), eher eine Retour für den vorsichtigen Versuch die Umsetzung des Bildungskonzeptes in dieser Kita zu kritisieren. Das ist äußerst unschön und erscheint sehr unprofessionell. In Gesprächen mit anderen Eltern musste ich erfahren, dass viele Eltern der gleichen Meinung sind, was das pädagogische Angebot angeht, die meisten jedoch bereits resignieren, weil sich auch im Gespräch in der Kita und im Schriftverkehr mit der Verwaltung nichts ändere.

    Schade, für Halles Kitas, schade für alle Eltern, die sich mehr wünschen für ihr Kind, schade für die Kinder, die unsere Zukunft sind! Es gibt viele Baustellen, vielleicht belassen wir die Gebühren und sorgen dafür, mehr Qualität in die Bildungseinrichtung Kindertagesstätte zu bekommen, denn schön geschriebene Konzepte tun die Arbeit nicht!

    Ein erster Schritt wäre auch Pädagogen anderer Fachrichtungen zuzulassen, wie beispielsweise Kulturpädagogen ohne diesen zu sagen, dass diese den Anforderungsprofil nicht entsprechen. Schubladendenken hat noch niemanden weitergebracht. Diese Art der Affektiertheit ist in unserem bildungspolitischem Dilemma, in dem wir uns zweifelsohne befinden, äußerst fragwürdig. Diese Akademiker haben soviel mehr zu bieten als „nur“ Kinderbetreuung.

    Viele Grüße, ein Vater und Pädagoge.