Kunstwerke in der Moritzburg in Halle restauriert
Dank der Finanzierung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien konnte das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) in den vergangenen Monaten die Zeit des Lockdowns nutzen und dringende Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen durchführen. So war es möglich, wichtige Kunstwerke, davon einige von großer regionaler und historischer Bedeutung, zu erhalten bzw. wiederherzustellen und im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Beteiligt daran waren die freien Restauratorinnen und Restauratoren Andrea Himpel, Silke Hönig, Sophie Philip, Franziska Pucher, Christoph Reichenbach, Silke Rohmer und Peter Schöne.Am 19. Mai 2021 stellte die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt gemeinsam mit Staatssekretär Dr. Schellenberger, Kuratoriumsvorsitzender der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, eine Auswahl der restaurierten Kunstwerke der Presse und damit der Öffentlichkeit vor.
Werkstatt des Peter Schroh: Baldachinfigur des Hl. Cyriakus, um 1525
Die Skulptur, leider mit fehlendem Kopf, stellt eine Heiligen- oder Priesterfigur mit aufgeschlagenem Buch in der Hand dar, den hl. Cyriakus.Die Figur stammt aus der Stiftskirche, dem sogenannten Dom von Halle(Saale), der in diesem Jahr sein 750-jähriges Jubiläum feiert. Die stilistischen Merkmale gleichen den Merkmalen der 17 Apostelfiguren, die von dem zwischen 1520 und 1525/26 nachweislich für Kardinal Albrecht von Brandenburg tätigen Mainzer Bildhauer und seiner Werkstatt für den Dom geschaffen und beidseitig entlang des Mittelschiffs an den Säulen platziert wurden. Möglicherweise wurde die Figur bei einem Ein- oder Umbau entfernt und in das Museum übertragen. Über den Zugang in die Museumssammlung gibt es derzeit keine belastbaren Information.
Die Figur war in drei Teile zerbrochen und wurde von dem Bildhauer und Steinrestaurator Christoph Reichenbach, Halle (Saale), restauriert. Ein Bruch verlief unter dem linken Ellenbogen zum rechten Ellenbogen,der andere schräg durch die Unterschenkel. Beide Brüche wurden mit Epoxydharzkleber verbunden, zusätzlich wurden V4A-Dübel eingeklebt.Die Bruchrisse wurden mit einem eingefärbten Steinrestaurierungsmörtel geschlossen. Die verschmutzte Oberfläche wurde trocken gereinigt.Dadurch kamen die Details etwa an der Fransenborte und die Gravur auf den Buchdeckeln deutlich zum Vorschein.Nach der Restaurierung wurde die Figur als ein Zeugnis der bedeutenden Epoche der Spätgotik in Halle (Saale) dauerhaft in die Sammlungspräsentation „Sakrale Kunst von Mittelalter bis Barock“ im Gotischen Gewölbe des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) integriert – passend zum diesjährigen Domjubiläum und direkt neben dem originalen Domportal.
Anonym: Zwei Puttenköpfe, 18. Jahrhundert
Die nahezu lebensgroßen Köpfe zeigen sehr schön geschnitzte, für barocke Putti typische pausbäckige, lächelnde Gesichter. Die beiden durch Stilistik und Größe unzweifelbar zusammengehörenden Köpfe sind offenbar freie Arbeiten. Durch die Restaurierung ist klar geworden, dass sie original nur mit Poliment weiß und nicht farbig gefasst waren. Es ist anzunehmen, dass sie von dem ersten Direktor des Museums, Max Sauerlandt, erworben wurden, ihre Provenienz ist jedoch nicht im Inventar verzeichnet. Die stark verschmutzten Köpfe wurden manuell gereinigt. An einigen Fehlstellen wurde das Poliment weiß ergänzt. Die Restaurierung wurde von Dipl. Restauratorin Andrea Himpel vorgenommen.
George Minne: Denkmal für Georges Rodenbach,1899
George Minne gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Bildhauern an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Seine Marmorskulptur „Denkmal Georges Rodenbach“ wurde für das Museum 1918 von der Galerie Paul Cassierer erworben und ergänzte mit seinem symbolistischen und dabei monumental angelegten Charakter die bereits seit 1913 vorhandenen vier Werke des Künstlers hervorragend. Minne schuf das Werk für den belgischen Schriftsteller Georges Rodenbach(1855–1898).Über die Jahrzehnte war die Skulptur stark verschmutzt und damit ihre Wirkung entscheidend beeinträchtigt. Ziel der restauratorischen Maßnahmen war es, die Marmoroberfläche, in deren Porengefüge feine Schmutzpartikel eingedrungen waren, materialschonend zu reinigen. #Dafür wurde – nach Entfernung lose aufliegender Verschmutzungen– die Oberfläche mit aufgeschäumter Marseiller Seife (einem Gemisch von Natriumsalzen einzelner Fettsäuren, wie Natriumoleat, -stereat und -palmitat) behandelt. Mit dem Seifenschaum konnte anschließend auch die Schmutzschicht abgenommen werden.Die fachgerechte Reinigung wurde von Dipl. Restaurator Peter Schöne durchgeführt.
Unbekannte mitteldeutsche Werkstatt: Altarschrein aus der Kirche St. Pankratius in Rothenschirmbach (heute Eisleben), um 1480/1500
Mit den Bundesmitteln konnte auch ein Teil der weitaus umfangreicheren, über die Jahre 2020 und 2021 laufenden Restaurierungsmaßnahmen am sogenannten Rothenschirmbacher Altar realisiert werden.Der Altarschrein stammt aus der Kirche St. Pankratius in Rothenschirmbach (heute Eisleben) und wurde um 1480/1500 gefertigt. Der Wandelaltar mit vier Flügeln gehört zu den größten und prächtigsten spätmittelalterlichen Retabeln im sächsisch-thüringischen Raum. Er kam 1894 aufgrund eines Kirchenneubaus in das Provinzialmuseum, dem Vorgänger des heutigen Landesmuseums für Vorgeschichte, nach Halle(Saale). 1917 wurde er nach Fertigstellung des Museumsneubaus am Rosa-Luxemburg-Platz und einer Revision der Sammlungen zusammen mit anderen mittelalterlichen Werken in das Kunstmuseum in der Moritzburg überführt.Durch die Bundesmittel konnten Restaurierungsarbeiten am Mittelschrein sowie an den beiden Schreinflügeln und Standflügeln von Andrea Himpel (Halle) vorgenommen werden.Die Restaurierungsarbeiten am Altar werden auf der Website des Museums von einem Blog begleitet, dessen Beiträge inhaltliche Aspekte und aus dem laufenden Restaurierungsprozess gewonnene Erkenntnisse vermitteln: https://t1p.de/rothenschirmbach Für die Zeit nach der Lockerung der aktuell noch geltenden Corona-Maßnahmen ist ein wissenschaftliches Kolloquium mit Fachexperten und Restauratoren geplant
Böhmische Werkstatt:Zwischengoldbecher aus Glas, 18. Jahrhundert
Der kleine Glasbecher, für den es bisher bekannte Vergleichstücke in der kaiserlichen Kunstkammer in Wien (ausgestellt auf Schloss Ambras) gibt,ist aus zwei Gläsern zusammengesetzt. Das innere Glas ist mit Blattgold verziert und das äußere mit einer Ölmalerei in Blaugrau, Hellgrau,Dunkelblau, Rotbraun und Gold. Sie sitzen ineinander während der äußere facettierte Becher mit dem inneren am Boden verklebt wurde.Der vergoldete, mit einer Blume geschliffene Boden des inneren Glases ist mit einem Glasboden, dekoriert wie das äußere Glas, belegt. Verklebt
wurden die Gläser möglicherweise mit Schellack. Vom Mündungsrand bis fast zur Mitte des Bechers fehlten Scherben. Von beiden Glasoberflächen wurden Negative in Wachs hergestellt, um die entsprechenden Positive in Epoxidharz gießen zu können. Aus diesen Gussformen ließen sich zwei Ergänzungen schleifen die den Fehlstellen gleichen. Die innere Ergänzung wurde mit Blattmetall vergoldet und die äußere Ergänzung mit Gouachefarbe in den entsprechenden Tönen nachempfunden. Beide Ergänzungen wurden mit Epoxidharz an entsprechender Stelle fixiert und angepasst.Die Restaurierung führte Dipl. Restauratorin Silke Rohmer durch.
Thüringer Porzellanmanufaktur: Tafelaufsatz,Fayence, 18. Jahrhundert
Der in einer Thüringer Porzellanmanufaktur im 18. Jahrhundert gefertigte Tafelaufsatz mit einem reichen monochromen floralen Dekor hatte eine Bruchstelle mit drei Scherben. Diese konnten von Dipl. Restauratorin Silke Rohmer wieder eingefügt werden.
Manufaktur Daum Frères:Vase, Eisglas, Nancy, um 1895
Die kleine Vase aus Eisglas mit Goldmalerei hatte einen losen Fuß aus Silberblech. Der Fuß wurde mit Paraloid B72 am Glaskörper befestigt.Durch die Restaurierung war es möglich, dass dieses Meisterwerk des französischen Jugendstils nun in voller Schönheit in der aktuellen Präsentation „Schönheit und Funktion. Preziosen der Art Nouveau aus der Sammlung Kunsthandwerk & Design“ erstmals wieder der Öffentlichkeit gezeigt werden kann.Die Restaurierung führte Dipl. Restauratorin Silke Rohmer durch.
Unbekannte Werkstatt:Antikische Szene, Relief aus Alabaster im 8-eckigen Holzrahmen (Nadelholz mit Ebenholzauflage),um 1600
Restauratorische Aufgabe war die Reinigung des Objekts, besonders der empfindlichen Alabasteroberfläche, sowie eine Restaurierung des Rahmens. Die Reinigung erfolgte in zwei Stufen: Nach mechanischer Entfernung des lose aufliegenden Schmutzes wurde die Tiefenreinigung des Alabasters mit einem Gemisch aus zwei höheren Alkoholen vorgenommen. Am Rahmen wurde das sich ablösende Ebenholzfurnier neu verklebt, Fehlstellen wurden materialgerecht mit Ebenholz ergänzt und mit Schellack farblich angepasst. Die Maßnahmen wurden von Dipl. Restaurator Peter Schöne durchgeführt.
Lyonel Feininger: Ostseefahrzeuge, 1929, Aquarell
Dieses Aquarell war mehrere Jahrzehnte vollflächig auf eine Pappe aufkaschiert. Der Zeitpunkt der Klebung ist unbekannt. Wahrscheinlich wollte man mit dieser Restaurierungsmaßnahme einen im unteren Drittel des Blattes befindlichen Riss kaschieren bzw. „schließen“. In Ermangelung archivgerechter und säurefreier Materialien wurde das Blatt auf eine holzhaltige Graupappe, durchsetzt mit Kunststoffteilchen, Farbklumpen und anderen Partikeln, aufgezogen. Dieses ungeeignete Material hatte zur Folge, dass die in der Graupappe befindlichen säurehaltigen Partikel in das Aquarellpapier einwanderten und dort zu starken Abbauprozessen führten, die sich in der starken Verbräunung des Papieres zeigt. Um den Abbauprozess des Papieres zu unterbrechen, war es wichtig, die schädigende Pappe abzulösen.Dank dieser Maßnahme konnte grundlegend zum Erhalt des Aquarells von Lyonel Feininger beigetragen werden.Die restauratorischen Maßnahmen wurden von Dipl. Restauratorin Franziska Pucher durchgeführt.
Fotos: Moritzburg
Gut dass die Moritzburg die Pause sinnvoll genutzt hat
Ich freue mich auf 2139 wenn die Burg wieder für Besucher öffnet.