Auszeichnung für internationale Medienkunst aus Halle: 18. Hallescher Kunstpreis an Dagmar Varady verliehen
Am Freitagabend wurde im Literaturhaus Halle die hallesche Konzept- und Medienkünstlerin Dagmar Varady mit dem 18. Halleschen Kunstpreis geehrt. Die Auszeichnung, die seit 2008 jährlich für ein herausragendes künstlerisches Gesamtwerk verliehen wird, würdigt eine Persönlichkeit, deren Schaffen weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlt. Die feierliche Preisverleihung, gemeinsam getragen von der Stadt Halle (Saale) und dem Halleschen Kunstverein e.V., wurde durch Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt, Karola Waterstraat (Vorsitzende des Halleschen Kunstvereins) und Marko Göpel von der Stiftung der Saalesparkasse Halle vorgenommen. Die Stiftung stellt das Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro bereit. Neben der kalligraphisch gestalteten Urkunde von Barbara Dimanski erhielt die Preisträgerin die von Bernd Göbel geschaffene Kleinplastik – eine traditionsreiche Form der Ehrung, die die Verbundenheit der halleschen Kunstszene mit ihrem reichen bildhauerischen Erbe sichtbar macht.
„Kunst gehört zur DNA dieser Stadt“
In ihrer Begrüßung hob Karola Waterstraat hervor, dass der Hallesche Kunstpreis den Vergleich mit renommierten deutschen Kunstpreisen „keinesfalls scheuen“ müsse. Halle sei, so Waterstraat, „reich an künstlerischen Handschriften und kreativem Schaffen“. Kunst müsse gezeigt, gesehen und gewürdigt werden – sie gehöre „zur DNA dieser Stadt“. Auch Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt unterstrich die Bedeutung des Preises und die Qualität des Werkes von Dagmar Varady. Er sprach von einer „herausragenden künstlerischen Leistung“ und lobte den „einzigartigen Ansatz, neue Medien mit traditionellen handwerklichen Verfahren wie der Gobelinkunst zu verbinden“. Varadys Werk, so Vogt, habe Maßstäbe gesetzt und verfüge über internationale Strahlkraft.
Ein Werk zwischen Wissenschaft und Poesie
Seit mehr als drei Jahrzehnten prägt Dagmar Varady die Kunstszene in Sachsen-Anhalt und weit darüber hinaus. Ihr Schaffen vereint digitale Medien, Video, Sprache und Text mit klassischen handwerklichen Verfahren – insbesondere der Textilkunst und Zeichnung. Das Kuratorium des Halleschen Kunstpreises würdigte sie für ein umfangreiches, eigenständiges und interdisziplinäres Werk, das Brücken zwischen Kunst und Wissenschaft schlägt. Durch die Übertragung digitaler Bildtechniken in traditionelle Verfahren entstünden Werke von überraschender Tiefe und zeitloser Anmutung. Varadys künstlerische Sprache bewegt sich oft zwischen Realität und Mythos, zwischen präziser Analyse und poetischer Reflexion. Ihre Arbeiten untersuchen das Entstehen und die Wahrnehmung von Bildern, sie offenbaren ihre Codierungen und erweitern sie zugleich um eine emotionale, fast romantische Dimension.
Bekannte Arbeiten in Halle
Auch in Halle selbst ist Dagmar Varadys Werk präsent. Im Garten der Universitäts- und Landesbibliothek befindet sich die Installation Garten der Erinnerungen, eine Verbindung aus Spiegeln und Schrift, die Fragen nach Wissen, Erinnerung und Natur auf poetische Weise miteinander verknüpft. Im Foyer des Fraunhofer-Instituts verweist die wandfüllende Videoarbeit Der Hai und das Mädchen auf die ethische Verantwortung wissenschaftlichen Handelns – ein Werk, das Technik, Ethik und Mythos in einen eindrucksvollen Dialog bringt.
Laudatio: Die Anatomie der Bilder
Die Laudatio auf die Preisträgerin hielt Cornelia Blume, bis zu ihrem Ruhestand Kustodin am Kunstmuseum Moritzburg. Sie beschrieb den Versuch, Varadys Werk zu „überschauen und seiner Eigenart auf die Spur zu kommen“, als eine Annäherung an eine Kunst, die auf Reize und Momente aus verschiedenen Kontexten reagiere – aus gefundenen Bildern, dem Verhalten von Materialien, aus Sprache und Text. Blume würdigte die Fähigkeit der Künstlerin, Bilder nicht nur zu zeigen, sondern ihr Entstehen, ihre Struktur und ihre Wahrnehmung zu erforschen. Varadys Werk bewege sich in einem Spannungsfeld zwischen Abbild der Realität und Medium für das Mythische. Zum Abschluss ihrer Rede gratulierte sie der Stadt Halle zu ihrer Wahl: Mit der Auszeichnung für Dagmar Varady zolle sie der Kunst und der Künstlerin gleichermaßen Wertschätzung und gebe ihr einen festen Platz im öffentlichen Leben.
Ein Abend voller Resonanzen
Sichtlich bewegt nahm Dagmar Varady die Auszeichnung entgegen. Auf ihren Wunsch hin erklang zu Beginn und nach der Laudatio Musik von Johann Sebastian Bach – eine Wahl, die sie selbst mit den Worten kommentierte: „Die Musik von Bach hält die Welt im Gleichgewicht in diesen stürmischen Zeiten.“ Die feierliche Atmosphäre im Literaturhaus Halle spiegelte nicht nur die Anerkennung für das künstlerische Werk wider, sondern auch den Stolz einer Stadt, deren kulturelle Identität von starken künstlerischen Persönlichkeiten geprägt ist.
Internationale Anerkennung und künstlerische Stationen
Dagmar Varady studierte an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle sowie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB). Ihre Arbeiten sind in bedeutenden Sammlungen vertreten – darunter die Deutsche Nationalbibliothek Leipzig, das Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg, das Metropolitan Museum of Art New York, das British Museum London, das Istituto Svizzero di Roma und die Neue Sammlung München. Zahlreiche Stipendien und Preise unterstreichen ihre internationale Anerkennung. Sie war Stipendiatin an der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart, in der Villa Romana in Florenz sowie in New York und Charlottesville (Virginia). Zu ihren jüngsten Auszeichnungen gehören der International Photo Award 2024 und der International Creative Media Award 2025 in London für die künstlerische Edition PRISMA, die sich mit Goethes Farbenlehre auseinandersetzt.
Der Hallesche Kunstpreis: Ein Ehrenpreis für die Stadt
Seit seiner Einführung im Jahr 2008 ist der Hallesche Kunstpreis zu einer festen Größe im Kulturleben der Stadt geworden. Er wird jährlich für ein bedeutendes künstlerisches Werk verliehen und gilt als erster Ehrenpreis der Stadt Halle für bildende Kunst. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern zählen unter anderem Willi Sitte, Renée Reichenbach, Bernd Göbel, Beate Eismann, Sebastian Herzau, Gerhild Ebel, die Freiraumgalerie, Juraj Lipták, Thomas Rug und zuletzt Moritz Götze (2024). Das ehrenamtliche Kuratorium setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Stadt, des Halleschen Kunstvereins sowie aus Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft zusammen.
Ausblick und Begleitveranstaltungen
Zur diesjährigen Preisverleihung gehören zwei öffentliche Begleitveranstaltungen im Literaturhaus Halle:
– 16. November 2025, 11 Uhr – Midissage: Matinee zum Buch PRISMA, Gespräch mit der Künstlerin und Alexander Suckel, moderiert von Katrin Schumacher.
– 14. Dezember 2025, 15 Uhr – Finissage: Gespräch und Ausklang mit der Preisträgerin.
– Die Personalausstellung „Einunddreißig“ der Kunstpreisträgerin 2025 ist vom 8. November bis 14. Dezember im Literaturhaus zu sehen.
Ein Preis, der bleibt
Mit der Verleihung des 18. Halleschen Kunstpreises an Dagmar Varady wird nicht nur ein außergewöhnliches künstlerisches Lebenswerk geehrt. Es wird zugleich das fortwährende Engagement Halles für eine lebendige, diskursive und offene Kunstszene sichtbar. Varadys Arbeiten führen vor Augen, wie stark sich das Denken, Fühlen und Gestalten einer Stadt im Spiegel ihrer Kunst entfalten kann – und wie viel Mut, Neugier und Sensibilität es braucht, um in Bildern zu denken, die über die Gegenwart hinausweisen.











Glückwunsch!