Berlin, München, Bern, Wien: Archäologie-Institute aus Deutschland, Österreich und Schweiz protestieren gegen Kürzungen an der Uni Halle

Die Gemeinschaft aller Institute für die Archäologie des Vorderen Orients an deutschen, österreichischen und schweizerischen Universitäten protestiert mit einem Brief an Rektorat und Senat nachdrücklich gegen die geplante Schließung der Vorderorientalischen Archäologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Uni aus Berlin, Bern, Heidelberg, Frankfurt, Freiburg, Konstanz, Mainz, Marburg, München, Münster, Tübingen, Wien und Würzburg sind in dem Verbund.
Der Erhalt sei “für das gesamte Fach im deutschsprachigen Raum in mannigfaltiger Hinsicht von zentraler Bedeutung”, heißt es in dem Schreiben. “Seit über 70 Jahren an der MLU Halle vertreten, ist die Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte ein Pfeiler in der breiten Fächerlandschaft der Universität.” Eine Schließung “hätte verheerende Folgen für die archäologische Landschaft im deutschsprachigen Raum und im Speziellen für das Gebiet der neuen Bundesländer.” So sei zwar ein Institut schnell geschlossen, es später wieder aufzubauen sei fast unmöglich. “Ein funktionierendes, forschungsstarkes Institut mit einem deutschland- und europaweit einzigartigen Forschungsschwerpunkt zu schwächen, weil Sparzwänge zufällig mit der Pensionierung des Stelleninhabers zusammenfallen, ist dem Anspruch der MLU Halle nicht angemessen und schadet dem gesamten Standort.”
Hier der komplette Brief:
Sehr geehrter Herr Rektor der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
die Gemeinschaft aller Institute für die Archäologie des Vorderen Orients in Deutschland, Österreich und der Schweiz protestiert nachdrücklich gegen die Pläne zur Auflösung des Lehrstuhls für Vorderorientalische Archäologie an der MLU Halle!
Der Erhalt des Lehrstuhls – respektive des Seminars für Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte in seiner fachlichen Breite und seiner seltenen Kombination von vorderorientalischer, christlicher und byzantinischer Archäologie und Kunstgeschichte – ist für das gesamte Fach im deutschsprachigen Raum in mannigfaltiger Hinsicht von zentraler Bedeutung! Seit über 70 Jahren an der MLU Halle vertreten, ist die Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte ein Pfeiler in der breiten Fächerlandschaft der Universität. In dieser sehr international ausgerichteten und gut vernetzten Disziplin hat die aktive Präsenz des Standortes Halle/S. in der Forschung den Blick auch immer wieder auf diese Universität gerichtet. Nicht nur unter den hier unterzeichnenden Fachvertretern und Fachvertreterinnen aus dem deutschsprachigen Raum, sondern auch weltweit führt die angedrohte Schließung der Vorderorientalischen Archäologie in Halle deswegen zu großer Bestürzung. Wir appellieren auf das Dringlichste, den Beschluss zur Schließung des Seminars rückgängig zu machen. Berauben Sie sich nicht eines einzigartigen Pfeilers in der Vergangenheit und Zukunft Ihrer Universität!
Gerne möchten wir im Folgenden auf die besondere Stellung des Seminars für Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte hinweisen.
Forschung:
Das Institut ist sehr forschungsstark und hat einen einzigartigen Forschungsschwerpunkt, der sonst nirgendwo zu finden ist: die Kaukasusregion und Mittelasien, wo es bedeutende Forschungsprojekte durchführte und noch durchführt – zurzeit im spektakulären Fundort Nazarlebi. Dieser Schwerpunkt ist einzigartig im deutschsprachigen Raum und macht den Lehrstuhl zur wichtigen Schnittstelle zur Vor- und Frühgeschichte des östlichen Europas und Sibiriens. Die in Jahrzehnten zusammengetragene Bibliothek zu den genannten Regionen sucht in Deutschland und in Europa ihresgleichen. Sie ist die erste Anlaufstelle für Forscher aus dem ganzen deutschsprachigen Raum und aus aller Welt, die hier nicht nur Literatur, sondern auch kompetente Ansprechpartner für ihre Anliegen finden. Das Institut (ab 2006 Seminar) für Orientalische Archäologie hat sieben Jahre lang mit vier Projekten am DFG-Sonderforschungsbereich 586 „Differenz und Integration: Nomaden und Sesshafte“ teilgenommen (2001-2008), Schauplätze der Feldforschung waren Ägypten, Syrien und Usbekistan. Von 2004-2010 konnte in Syrien gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg die bedeutende spätbronzezeitliche Stadtanlage von Tall Munbāqa (antik Ekalte) untersucht werden. Ebenfalls bis 2010 war das Seminar in einem Verbundprojekt zusammen mit der Universität Tübingen und dem Vorderasiatischen Museum Berlin an Ausgrabungen in Tell Halaf (Syrien) beteiligt. 2016 wurde eine Kooperation mit der Ilia State University Tbilisi (ISU) (Georgien) geschlossen, in deren Rahmen die bronze- und eisenzeitlichen Fundorte Nazarlebi und Samreklo in der Region Kachetien untersucht werden. Nazarlebi hat sich als Heiligtum erwiesen, in dem spektakuläre Waffen- und Schmuckdepots gefunden wurden. Mit der ISU besteht außerdem seit zwei Jahren eine von der Alexander von Humboldt-Stiftung geförderte Institutspartnerschaft. Von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jahren 2002-2021 eingeworbene Projekte widmeten sich Aufarbeitungs- und Feldforschungsprojekten zu Syrien (Tell Tawila, Wadi Hamar, Tell Ḥalaf), der Türkei (Çavi Tarlası), der Autonomen Region Kurdistan im Irak (Survey und Grabungen in der Region Khalifan), Georgien (Samreklo; Untersuchungen an ostgeorgischen Bronzen) und Armenien (Bereich Sotk, Sevansee, Goldproduktion). Hier zeigen sich eine Forschungsstärke und Internationalität, die auch der MLU Halle eine exzellente Reputation verschafft hat und die auch die Grundlage für weitere, zukünftige Forschung bilden kann.
Integration im Fächerverbund Deutschlands:
Der einmalige archäologische Fächerverbund am Seminar für Orientalische Archäologie und Kunstgeschichte ist seit Jahrzehnten Aushängeschild für die MLU Halle und verfügt über eine exzellente, fachspezifische Ausstattung, die im deutschsprachigen Raum einzigartig ist. Der wissenschaftliche Schwerpunkt auf Mittelasien ist in alle angrenzenden Regionen und Zeit vernetzt und kann auf eine langjährige Forschungstradition zurückblicken. In der interdisziplinären und organisatorischen Verbindung der Vorderorientalischen Archäologie mit der Christlichen Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte, der Klassischen Archäologie sowie der Ur- und Frühgeschichte besitzt die Universität Halle-Wittenberg ein Alleinstellungsmerkmal, das weithin wahrgenommen wird. Das Fach ist in ein Netzwerk komplementärer Studiengänge im Mitteldeutschen Universitätsbund eingebunden: In Jena Kaukasiologie und Altorientalische Philologie, in Leipzig Altorientalische Philologie. Die Streichung der Archäologie in Halle würde folglich das gesamte Gebiet der Seite 3/5 Neuen Bundesländer schwer treffen, Studierende der Nachbardisziplinen, die die Archäologie des Vorderen Orients belegen wollen, müssten hierfür nach Berlin, Münster oder Frankfurt ausweichen.
Geschichte und Tradition des Faches in Halle:
Die Lehrstuhlinhaber waren stets Leuchttürme des Faches, die zum Renommee der gesamten Universität beigetragen und Studierende aus anderen Bundesländern wie auch aus dem Ausland angezogen haben. Seit seiner Gründung 1948 wurde das Institut unter der Leitung der weltweit angesehenen Forscher Heinz Mode und Burchard Brentjes zum Zentrum der Forschung in vorderorientalischen ehemaligen GUS-Ländern ausgebaut. Der derzeitige Stelleninhaber Felix Blocher gilt als einer der weltweit besten Experten altorientalischer Kunstgeschichte. Sein Amtsvorgänger Winfried Orthmann war und ist eine der internationalen Koryphäen des Faches, der Halle zum Magnet für Studierende aus der ganzen Welt machte. Die Vorderorientalische Archäologie sollte künftig zusammen mit den anderen archäologischen Disziplinen im Institut für Kunstgeschichte und Archäologien untergebracht sein, damit eine noch engere Zusammenarbeit ermöglicht wird. Die gerade mit Prof. Hubert Mara, der einen Forschungsschwerpunkt im Bereich der Vorderorientalischen Archäologie hat, besetzte Juniorprofessur für E-Humanities an der Nat. Fak. III bietet ideale Kooperationsmöglichkeiten und eröffnet den Studierenden die einzigartige Möglichkeit Archäologie mit Digital Humanities zu verbinden – ein Gebiet der Archäologie, dem die Zukunft gehört. Doch was wäre dieses Gebiet ohne den archäologischen Anwendungsraum?
Lehre:
Die Einbindung des Faches in Halle in den Studiengang Archäologie erlaubt es nicht, ein einzelnes grundlegendes Fach herauszulösen. Der Vordere Orient war von 10.000 bis 300 v. Chr. der Motor der kulturellen Entwicklung weltweit. Keine Volluniversität, die den Anspruch hat, Archäologie ganzheitlich und auf hohem Niveau anzubieten, darf sich erlauben, den Vorderen Orient, die „Wiege der Kultur“, außer Acht zu lassen. Archäologie in Halle lockt deswegen Studierende aus ganz Deutschland an, weil hier viele unterschiedliche archäologische Teildisziplinen Hand in Hand arbeiten und forschen – Synergie pur, die so nicht an vielen Universitäten im deutschsprachigen Raum zu finden ist! Im Fokus der Lehre stehen die Kulturen Anatoliens, Südkaukasiens, Mittelasiens, Syriens, Mesopotamiens und des Iran, deren reiches prähistorisches und historisches Erbe (Schriftzeugnisse ab 3000 v. Chr. in Mesopotamien und Südwest-Iran) den Studierenden in größtmöglicher kulturgeschichtlicher Breite, aber auch methodischer Tiefe zu vermitteln ist. Die Vorderorientalische Archäologie ist in den 2020 neu geschaffenen BA-Teilstudiengang „Archäologien (60/120 LP)“ integriert; er kann seit dem Wintersemester 2020/2021 studiert werden und ist auch in seinem zweiten Jahr gut angenommen worden. Das ehemalige BA-Programm „Archäologie und Kunstgeschichte des vorislamischen Orients (60/90 LP)“ hatte seit dem Wintersemester 2018/2019 einen Immatrikulationsstopp, was sich natürlich auf die Studierendenzahlen ausgewirkt hat. Der Master-Teilstudiengang „Archäologie und Kunstgeschichte des vorislamischen Orients (45/75 LP)“ ist in diesem Zusammenhang wie die anderen drei archäologischen MasterTeilstudiengänge im Sommersemester 2021 neu gefasst worden und befindet sich bereits in der Vorbereitung des Akkreditierungsverfahrens. Es soll 2022 durchgeführt werden. Die Hausaufgaben für eine zukunftsfähige Lehre sind gemacht worden!
Wissenschaftspolitische Relevanz:
Die gesellschaftliche und wissenschaftspolitische Bedeutung der vorderorientalischen Region, die in Halle schwerpunktmäßig erforscht wird, zeigt auch die Aufnahme in eine Reihe spezialisierter Förderprogramme, z.B. VW-Stiftung „Zwischen Europa und Orient – Mittelasien /Kaukasus im Fokus der Wissenschaft“ (seit 2019). Die Universität Halle-Wittenberg hat im Jahr 2019 selbst ein erstes Auslandsbüro in Almaty, Kasachstan, gegründet – eine Initiative, die von hoher Weitsicht zeugt, aber durch die Streichung ganzer Institute, welche die regional orientierte Forschung betreiben, konterkariert werden würde. Ähnlich steht es um eine weitere UniversitätsInitiative, die Mesrop-Arbeitsstelle für armenische Forschungen. Seit 2008 besteht ein Partnerschaftsvertrag der MLU mit der Universität Yerevan.
Eine Schließung dieses Instituts hätte verheerende Folgen für die archäologische Landschaft im deutschsprachigen Raum und im Speziellen für das Gebiet der neuen Bundesländer. Ein Institut zu schließen, ist rasch getan; es später wieder aufzubauen, ist fast unmöglich. Ein funktionierendes, forschungsstarkes Institut mit einem deutschland- und europaweit einzigartigen Forschungsschwerpunkt zu schwächen, weil Sparzwänge zufällig mit der Pensionierung des Stelleninhabers zusammenfallen, ist dem Anspruch der MLU Halle nicht angemessen und schadet dem gesamten Standort.
Eine Erhaltung der Professur für die Archäologie des Vorderen Orients und ihre Wiederbesetzung zum nächstmöglichen Zeitpunkt ist von fundamentaler Wichtigkeit und sollte nicht bezweifelt werden. Aus diesen Gründen protestieren die Unterzeichner auf das schärfste gegen die angekündigte Schließung.
Ein Ar…tritt für Tietje.
Da rollt er bis in die Börde.
Sägt den ab.
Wegen nachgewiesener Unfähigkeit.
Knochen von vor 5000 Jahren ausbuddeln… Braucht kein Mensch.
Wer’s braucht , braucht auch keiner.
Selber. Atme mir nicht meine Luft weg.
Wer die Vergangenheit nicht kennt, wird die Zukunft nicht beherrschen.
Hat auch was mit Kultur im weitesten Sinne zu tun…
Schön, wie immer wieder ein paar Leutchen hier öffentlich zeigen müssen, was für geistige Tiefflieger sie sind.
Deine Mutter.
Es können nicht genug protestieren
Lasst es euch nicht gefallen
Burchard Brentjes hat diesen Fachbereich geleitet. Wer ein bisschen Sachverstand hat, weiß, was dieser Mann für ein Experte war. Inernational höchst respektiert. Der dreht sich gerade im Grab um. Sein Lebenswerk wird gerade gekillt.
Es zeigt doch ganz deutlich, dass Magdeburg einfach eine unwürdige Hauptstadt ist.
Sie können einfach nicht ertragen, dass Halle die richtige Universität hat. Halle hat Fachbereiche und Traditionen zu bieten von denen man in Magdeburg nur träumt.
Was hier passiert ist ein Skandal.
Allerdings hat sich der Rektor der MLU auch als unfähig erwiesen.
Seine Aussagen entziehen ihm jegliches Vertrauern für die weiteren Verhandlungen und für diese Position. Er ist des Amtes unwürdig.
Bist DU des Amtes würdig? 😂