Ehrenamtskarten: bisher nur verhaltenes Interesse
Vor zweieinhalb Jahren hatte der hallesche Stadtrat eine Ehrenamtsrichtlinie beschlossen. Damit soll freiwilliges Engagement stärker gewürdigt werden. In diesem Jahr nun will die Stadtverwaltung erstmals eine Ehrenamtskarte vergeben.
Doch das Interesse hält sich in Grenzen. Bisher liegen erst 80 Bewerbungen von Interessierten vor. Vergeben werden sollen 500 derartige Karten. Diese berechtigt den Inhaber und eine Begleitperson zum kostenfreien Besuch einer Veranstaltung. Bis 15. Oktober kann man sich bei der Stadt noch bewerben.
Auf noch weniger Interesse stößt die Möglichkeit von Tätigkeitsnachweisen für Bürger. Wer im Jahr mindestens 80 Stunden ehrenamtlich tätig ist, kann von der Stadt ein solches Schreiben erhalten. Dies könnte beispielweise bei Bewerbungen um Jobs beigelegt werden. Bisher hat gerade einmal ein Bürger hiervor Gebrauch gemacht.
Das ist zum Brüllen.
Allein das Anschreiben trieft vor lauter Verwaltungsgeschwafel.
4h pro Woche müssen „nachgewiesen“ werden.
Dazu muß ein Verein die Personen „nominieren“, von selbst bewerben steht da nix!? Am Ende gibt es Freikarten für vorgegebene Veranstaltungen… nix freie Auswahl.
Diese bürokratische Lachnummer können sich nur Weltfremde oder Zyniker ausgedacht haben.
Wer sich das ausgedacht hat, ist ein Idiot.
Der Zweck erschließt sich nicht so richtig. Will ich meine ehrenamtliche Tätigkeit zu einer Bewerbung hinzufügen, dann gibt mir vielleicht die Stelle, wo ich das Ehrenamt ausübe einen Schriebs, vielleicht ja sogar ne Beurteilung.
Will ich für mein Ehrenamt eine Belohnung?
Schwierig.
Will ich den OB treffen für ein schönes Foto?
Auch schwierig.
Was war denn die originale Absicht des Stadtrats? Eine Ehrenamtskarte, wirklich? Oder eine Würdigung des Ehrenamtes?
Gäbe es nicht klassische Würdigungen in der Abstufung Urkunde, kleine Medaille, Ehrenbürger, Schulbennennung?
Was ist eigentlich aus letzterer geworden?
Nun könnte man ja denken „typisch Verwaltung, da gehts nur so umständlich“.
Aber weit gefehlt. Googelt man zum Thema findet man fix eine „Richtlinie für Ehrenamt“. Es gibt einen „Botschafter“ und einen „Beirat“.
In letzterem trifft da eine illustre Runde an Kennern der Marterie zusammen (danke Google).
Was DIE nun wieder zusammen trinken, um aus diesem „Weiterreichungsvorgang von Restkarten“ eine Anerkennung zu zaubern, bleibt offen. Hoffentlich tagen die ehrenamtlich NACH Feierabend…