„Ein Muss für Jeden“: Ausstellung „Klimagewalten“ im Landesmuseum eröffnet
„Wer hier nicht gewesen ist, hat umsonst gelebt“ – dieses Fazit zieht Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff zur neuen Sonderausstellung „Klimagewalten“ im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. Die wurde am Mittwochabend eröffnet.
Das Thema der Schau habe eine „höchste gesellschaftliche Relevanz.“ Dies merke man auch bei den derzeitigen Gesprächen zur Bildung einer Bundesregierung. Was in der Ausstellung erschlossen wurde, sei wichtig für die Priorisierung oder Relativierung bestimmter Themen. Haseloff hob den wissenschaftlichen Hintergrund der Schau hervor. „Eigentlich ist es ein Muss für jeden Bürger. Wer es nicht tut bringt sich um die Chance sein Leben zu verstehen.“
Museums-Direktor Harald Meller meinte, „Museen sollten nicht nur Ausstellungen über Dinge machen die nicht aktuell sind.“ Durch die Schau könne man naturgeschichtlich einordnen, „wie aus Makakken und Gibbons wir werden.“ Meller sagte, damals seien die Menschen „Snacks“ für die Raubkatzen gewesen. Die hätten die Schädeldecken aufgespalten und die Gehirne ausgeschlürft. Diese Situation habe sich dann mit Schwert und Feuer geändert. Bei Fernsehabenden mit Chips oder bei Grillabenden komme in uns noch immer der Urmensch raus – dies sei für uns heute das, was für Urmenschen das Lagerfeuer war.
Die Ausstellung legt ihren Ausgangspunkt an den Beginn des Känozoikums vor ca. 66 Millionen Jahren, als mit dem Einschlag eines großen Meteoriten das Zeitalter der Dinosaurier endete und der Aufstieg der Säugetiere begann. War das Klima zunächst noch sehr warm, wird es insbesondere in den letzten 2,6 Millionen Jahren zunehmend unbeständiger. Warm- und Kaltzeiten wechseln sich nunmehr ab. Flora und Fauna müssen sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einstellen.
Die beiden ersten Themenkomplexe der Ausstellung widmen sich den möglichen kosmischen und irdischen Ursachen natürlicher Klimaveränderungen und dem Phänomen der Eis- und Warmzeiten. Zwei weitere Themenkomplexe stellen die üppige Tier- und Pflanzenwelt des Känozoikums vor. Mit zahlreichen Exponaten sind etwa die Funde aus dem Geiseltal südlich von Halle vertreten, darunter die berühmten Urpferdchen, Krokodile, Schildkröten und vieles andere mehr.
Ein weiterer zentraler Themenbereich widmet sich der Primatenevolution von den frühen Lemuren über die Hominidenentwicklung bis zur Entstehung der Menschenarten, von denen letztlich nur Homo sapiens überlebte. Zum ersten Mal »reagierte« mit dem Menschen ein Lebewesen nicht mehr nur mit biologischer Anpassung auf klimatische Veränderungen, sondern mit der aktiven Gestaltung seiner Umwelt. Waren die früheren Primaten noch Beute von Raubtieren, so entwickelten sich die Menschen im Lauf der Zeit zu Jägern und ihre Umwelt immer mehr beherrschenden Lebewesen. Werkzeuggebrauch, Feuernutzung, Bekleidung, Behausungen, Jagdwaffen ermöglichten es zunehmend, auch unter unwirtlichen Bedingungen zu überleben. Beispielhaft steht hierfür das mehr als 600.000 Jahre alte Original eines Unterkiefers des Homo heidelbergensis, des ältesten Urmenschenfundes Deutschlands.
Darüber hinaus beginnt der Mensch, sich auch mit künstlerischen Mitteln mit seiner Lebenswelt auseinanderzusetzen. Ihre Premiere in einer Ausstellung erleben etwa die erst vor kurzem als solche identifizierten Fragmente einer sog. Venusstatuette von Breitenbach (Burgenlandkreis). Mit einem Alter von 34.000 Jahren stellen sie den ältesten Beleg einer paläolithischen Elfenbeinfigur außerhalb der Schwäbischen Alb dar. Plastiken und Ritzzeichnungen von Dolní Věstonice (Tschechien) oder La Marche (Frankreich) lassen zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte auch individuelle Züge der dargestellten Personen vermuten.
Rekonstruktionen, Dermoplastiken, Skelettmontagen und zahlreiche Lebensbilder zeugen von der damaligen Umwelt des Menschen mit Säbelzahnkatzen, Höhlenlöwen, Riesenhyänen oder Mammuten. Die spektakuläre Zentralinstallation zeigt den Kampf eines Mammutbullen und eines Jungtiers mit mehreren Höhlenlöwen.
Derzeit erwärmt sich das Erdklima in kürzester Zeit rapide. In längeren Zeiträumen ist jedoch durchaus auch eine bevorstehende Eiszeit denkbar. Mit diesen beiden möglichen Szenarien und ihren denkbaren Folgen entlässt die Ausstellung die Besucher.
Insgesamt werden auf ca. 1000 m² Ausstellungsfläche 800 Exponate und Exponatgruppen gezeigt. Neben zahlreichen Fundstücken aus Beständen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie stellen 16 Leihgeber aus 10 Ländern sowie 19 innerdeutsche Leihgeber Exponate zur Verfügung. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
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