Entscheidung zum Knastbau in Tornau vertagt: Land gesteht Kommunikationsdefizite ein
In Halle-Tornau will das Land eine neue Justizvollzugsanstalt (JVA) bauen. Sie soll die veralteten Anstalten „Roter Ochse“ und „Frohe Zukunft“ in Halle ersetzen. Stadträte kritisieren unter anderem, dass Kaltluftschneisen verbaut werden. Die Aufstellung des Bebauungsplans im Planungsausschuss wurde vertagt. Baudezernent René Rebenstorf sagte, er wolle Land ein schriftliches Konzept bezüglich der Kommunikation haben. Es könne nicht sein, dass die Stadt auch erst durch Bürger und Stadträte von Arbeiten vor Ort erfährt. Im nächsten Monat soll der Planungsausschuss die Vorlage erneut auf der Tagesordnung haben.
Rebenstorf sprach damit die seit einigen Wochen auf dem Areal stattfindenden Grabungen an, dabei handelt es sich um archäologische Untersuchungen. Anwohner waren zunächst ab erst einmal überrascht, was denn da passiert. Die vor Ort agierende Bürgerinitiative wurde vom Land nicht informiert. Thomas Pöge, Geschäftsführer der IPS Immobilien- und Projektmanagementgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH, gestand in der Sitzung ein, dass da einiges im Argen liegt. “Die Kritik ist berechtigt, das hätte besser laufen müssen.” Man habe die erhöhte Sensibilität der Anwohner nicht auf dem Schirm gehabt. “Wir hätten besser kommunizieren müssen.” Allerdings sei man im Land der Ansicht gewesen, für archäologische Untersuchungen gebe es kein öffentliches Interesse. Für den Standort habe man sich entschieden, weil die Stadt dort ein Gewerbegebiet ursprünglich geplant hat. Deshalb sei man bei der Standortanalyse auf diesen Standort gekommen und davon ausgegangen, dass sich die Stadt ja auch bezüglich der damit einhergehenden Flächenversiegelung Gedanken gemacht hat.
Wolfgang Aldag (Grüne) warf dem Land “völlige Intransparenz” vor. Sein Fraktionskollege sah das ähnlich. Er sei entsetzt, wie sich das Land einer solchen Aufgabe widmet. Zudem könne ja das Land jetzt schon am Standort in der Wilhelm-Busch-Straße bauen. Das will aber das Land nicht. So handele es sich um eine Bombenverdachtsfläche. Man müsste also jedes Mal evakuieren. Zudem wäre am Altstandort die Baumaßnahme im Bestand nötig. “Wer nicht im Bestand bauen kann, der kann es nicht”, meinte Martin Sehrndt (AfD). Novosibirsk sei ja auch ein guter Platz.
“Es ist Fakt: wir brauchen eine neue JVA”, meinte Ulrike Wünscher (CDU). Sie könne diese negative Diskussion nicht verstehen. Der Aufstellungsbeschluss sei der allererste Aufschlag. Man sehe mehr Chancen als Probleme. Auch die FDP positionierte sich für das Vorhaben. Es habe keine richtigen Kriterien gegen das Vorhaben gehört, meinte Klaus Hänsel. Die Kommunikation am Anfang sei zwar nicht toll gewesen. Doch davon könne man keine Entscheidung zum Aufstellungsbeschluss treffen.
Zu den Kosten kann das Land keine Aussagen machen. Der Haftbau auf dem rund 17 Hektar großen Gelände nahe der Autobahn 14 soll etwa 440 Haftplätze bieten. Der Baubeginn ist für 2026 geplant, die Inbetriebnahme für 2029. Bauherrin und Projektverantwortliche ist die IPS Immobilien- und Projektgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH. Der Bau ist notwendig, da ab 2025 die neuen Vorgaben der Europäischen Union greifen, nach denen jeder Gefangene Anspruch auf eine Einzelzelle mit mindestens 9 m² Grundfläche hat. Die bisherigen Anstalten entsprechen diesen Standards nicht, was den ursprünglichen Plan zum Umbau der JVA „Frohe Zukunft“ erforderlich machte. Dieser wurde jedoch 2021 gestoppt, da die Kosten auf über 353 Millionen Euro gestiegen waren.
„Man habe die erhöhte Sensibilität der Anwohner nicht auf dem Schirm gehabt. ““
Das sagt alles über die Landesregierung aus. Mit diesem Satz ist dann auch alles abgetan. Der Bürger ist nur zu Wahlen interessant, ansonsten stört er.
„und davon ausgegangen, dass sich die Stadt ja auch bezüglich der damit einhergehenden Flächenversiegelung Gedanken gemacht hat.“
Nachdenken und Stadtverwaltung passen einfach überhaupt nicht zusammen.
Also dominieren mal wieder wenige über viele. Das ist nicht schön. Genau diese Mimimi Anwohner wären ganz still, würde das Gebäude woanders gebaut. Heuchler!
Es muss sich die Gesellschaft also manchmal weniger über Bürokratie, als viel mehr über sich selbst aufregen. Dieser Klotz am Bein wiegt schwerer als jede Vorschrift. Siehe auch A143.
Ich kann die Argumentation von Herrn Pöge in keinster Weise nachvollziehen. Auf was bezieht sich das Land? Auf den Flächennutzungsplan von 1998, in dem Halle-Tornau als Gewerbeschwerpunkt vorgesehen ist, sich aber letztlich selbst widerspricht: („Die Erhaltung und Unterstützung einer stadtnahen Landwirtschaft, die sowohl ökonomischen wie ökologischen Anforderungen gerecht werden kann, bietet sich in Halle gerade zu an, weil bereits ein stadteigener, ökologisch orientierter Landwirtschaftsbetrieb (Ökohof Seeben e.V.) besteht, sich zu-
nehmend landwirtschaftliche Klein- und Mittelbetriebe neben bestehenden Agrargenossenschaften etablieren und Traditionen in Forschung und Lehre an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Uni-
versität Halle-Wittenberg bestehen. Insbesondere im Raum Reideburg, Dautzsch, Büschdorf, Seeben und Tornau, wo durch das hohe Bodenpotential der stadtnahe Gemüse- und Sonderkulturanbau traditionell eine große Rolle spielt, soll-
ten die Ausweitungen der Bauflächen auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Die zu
erhaltenden landwirtschaftlichen Nutzflächen werden im Flächennutzungsplan als Flächen für die
Landwirtschaft gesichert, um den Baudruck in diesen Bereichen zu minimieren und somit den Landwirten langfristige Perspektiven einer Bewirtschaftung und ihrer Existenz zu ermöglichen.“) oder dem ISEK von 2017 in dem man Gewerbeansiedlungen in Tornau favorisiert. Was nun? Das enstpricht bei Weitem nicht der Epistemologie, da bestimmte Erkenntnisse eben erst nach und nach erlangt werden. Schließlich geben wir auch keine Rauchzeichen mehr, also sollten auch wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Frischluftschneisen Berücksichtigung finden. Und, sorry, Herr Pöge, wer die Stadt und die Anwohner bei solchem Vorhaben „nicht auf dem Schirm hat“, dem fehlt ganz klar Sozialkompetenz!
Und die Bomben. Die BOMBEN. Glaubt dem Land eigentlich irgendjemand, dass die DDR nicht auch mal geschaut, was so in der Erde ist, bevor sie ein Gefängnis (!) drauf gebaut haben?
Komischerweise war das auch vor nun 8 Jahren (?), als das Land in der Frohen Zukunft einen Neubau plante, kein Thema.
Und die Bomben. Die BOMBEN. Glaubt dem Land eigentlich irgendjemand, dass die DDR nicht auch mal geschaut, was so in der Erde ist, bevor sie ein Gefängnis (!) drauf gebaut haben?
Haben sie offenbar nicht gemacht und in der Silberhöhe ein ganzes Wohngebiet auf Bomben gebaut
In der Silberhöhe gab es zwischen den Gebäuden Freiflächen. Wenn da nichts gebaut wird, ist sondieren überflüssig. Du meinst, die DDR hat sowas nicht gemacht? Warum sollte sie? Das war Stand der Technik.