Nach 16 Jahren fallen die Gerüste an den Skulpturen: Riesenhaus erlebt nach der Sanierung Renaissance als “Napoleon-Palais”

Anfang 2008 wurde das 1697 errichtete Barockportal mit den beiden riesigen Figuren (Atlanten aus der griechischen Sagenwelt) am Riesenhaus in der Großen Brauhausstraße eingerüstet. “Ein Gerüst für die Ewigkeit”, fragte zwischendurch eine Tageszeitung. Nicht ganz. Denn nach sechzehneinhalb Jahren sind nun die Gerüste gefallen. Die Baufirma Papenburg, ihr gehört das ganze Areal, hat das Gebäude umfassend saniert. 15 geräumige und moderne Wohnungen sind entstanden. Und unter Begleitung des Denkmalamtes sind auch die beiden Atlanten-Figuren am Eingang restauriert worden. Nördlich der Alpen sind diese eher selten anzutreffen, Halle spielt hier in einer Liga mit Wien und Prag.

Am Mittwoch wurde nun “Kronenfest” gefeiert. Und der Name hat auch etwas mit der Zeremonie zu tun. Nachdem Zeitkapseln unter anderem mit Fotos, Bauplänen und Münzen gefüllt wurden, wurden diese im Anschluss zusammen mit einer riesigen Krone auf dem Dachgiebel angebracht. Rechts und links werden dann noch zwei weitere kleinere Kronen installiert. 

Als “Napoleo-Palais” vermarktet Papenburg das Areal, in das elf Millionen Euro investiert wurden. Dieser Name hat auch etwas mit der Geschichte zu tun. Denn Kaiser Napoleon Bonaparte hat bei seinem Preußenfeldzug in dem Haus übernachtet. Die Anatomen-Dynastie Meckel wohnte hier, ebenso wie viele andere damals wichtige Zeitgenossen. Dichter Johann Wolfgang von Goethe war ebenfalls hier zu Besuch. Nach der Wende begann hier die hallesche Geschichte der Baufirma Papenburg.

Bürgermeister Egbert Geier erinnerte an die städtische Geschichte. Das Haus liegt am Großen Berlin, wenig weiter ist noch der Kleine Berlin. Beide Namen haben nichts mit der heutigen Bundeshauptstadt zu tun, sondern sind wohl slawischen Ursprungs und bedeuten so viel wie Wildgatter. Es erfolgte dann irgendwann eine Bebauung und eine Feuerkatastrophe. Der Wiederaufbau ging nur schleppend voran. Als die Stadt aber eine zehnjährige Grundsteuerbefreiung aussprach, entstanden wieder viele Häuser, viele Persönlichkeiten aus der Stadtgeschichte wohnten in den Straßen drumherum. Mit der nun erfolgten Investition helfe Papenburg dabei, städtebauliche Missstände zu beseitigen, so Geier. Nun gebe es ein für das Auge wohltuendes Ergebnis. 

“Das ist ein Tag für einen Denkmalpfleger: eine Krönungsmesse”, sagte Sabine Meinel vom Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege. Sie ging auch auf die bewegte Nutzung des Gebäudes ein. Denn nach 1900 wurden hier Tageszeitungen unter verschiedenen Regierungen gedruckt wie die Saale-Zeitung, Mitteldeutsche Nationalzeitung, Freiheit und Liberal-Demokratische Zeitung (LDZ). Nach der Wende stand der Bau lange leer.

Bauunternehmerin Angela Papenburg berichtete, dass ihre ganze Familie in dem Gebäude zwischenzeitlich lebte. Sie selbst nur für einige Monate während eines nötigen Praktikums während ihres Studiums, Vater und Bruder einige Jahre. Sie sei mit ihrem Mitarbeiter oft durch die Kanäle und Keller im gesamten Komplex gekrochen, sagte sie. Zu DDR-Zeiten waren hier sämtliche Gebäude miteinander verbunden worden, sowohl zu Fuß, als auch telegrafisch. Man konnte als in dem einen Gebäude loslaufen und kam dann irgendwann im anderen Gebäude an. Das erwies sich allerdings bei späteren Baumaßnahmen als Hürde. “Wir haben uns gewundert, wie die Leitungen verlegt waren, wie der Strom von einem Ort zum anderen kam. Jedes Mal, wenn wir etwas saniert haben, fehlte uns plötzlich irgendwo die Fernwärme.”

Doch auch wenn nun das Riesenhaus fertig ist, so gehen die Bauarbeiten im gesamten Komplex noch weiter. So sind als nächstes die Häuser im Waisenhausring dran – also die andere Hofseite des Riesenhauses.