„Halle zusammen“-Demo zog durch Halle

Am Donnerstagabend ist eine Demonstration unter dem Motto „Halle zusammen für gerechte Umverteilung und einen sozialen Weg aus der Krise“ durch Halle (Saale) gezogen. Unter den rund 200 Teilnehmern waren auch der Landtagsabgeordnete Hendrik Lange und die Bundestagsabgeordnete Petra Sitte. Die Demonstranten riefen unter anderem „Mieten runter, Löhne raus“ und „100 Milliarden für Bildung und Gesundheit“.

“Die Regierung fürchtet sich vor mächtigen Konzernen und will, dass wir die Fehler ausgleichen”, sagte eine Rednerin. “Wollt ihr uns eigentlich verarschen? Wir zahlen keinen Cent für eure Krise. Wir haben die Schnauze voll. Es reicht.” Angesichts der steigenden Energiekosten sagte sie: “ich frage mich, ob ich mich weniger duschen sollte.” Für die Menschen sei kein Geld da, aber es gebe Milliardenzahlungen an DAX-Konzerne. Selbst die harmlose Forderung  nach einer Übergewinnsteuer werde politisch bekämpft. Die Frage ei, “warum verdienen einige wenige soviel Geld, während wir alle zurückstecken müssen. Warum sollen wir uns freiwillig aufopfern um einen Kapitalismus zu retten, der uns absolut nichts zu bieten hat.”

Bei der Demo wurden unter anderem Entlastungsmaßnahmen gefordert, die auch wirklich den Menschen aus den unteren Einkommensklassen helfen. Die von der Ampel-Koalition geplanten Maßnahmen richten sich nach den Steuerabgaben und seien so gestaffelt das hohe Einkommen wesentlich mehr direkte und indirekte Entlastung in Form von Zahlungen und Steuererleichterungen erhalten, beklagen die Demo-Organisatoren. Dabei drohe besonders Menschen in den unteren Einkommensklassen eine weitere Verarmung!“ Armut sei besonders in Halle ein ernstes Problem, sagte Rednerin Mascha weiter. Ein Drittel der Kinder in Halle leben in ärmlichen Verhältnissen und schon im April schlugen AWO und Tafel Alarm, dass der Trend hin zur Armut zunehme und die Organisationen an die Grenzen der Belastbarkeit gerieten.

Zweite Forderung des Bündnisses ist die Wiedereinführung des im Ende August ausgelaufenen 9€-Tickets. „Das 9€-Ticket war eine wirklich hilfreiche Maßnahme gegen die Inflationskosten, es ermöglichte weitreichende Mobilität, auch für Menschen mit geringen Einkommen. Für viele Menschen war das Ticket ein guter Anreiz, um auf dem eigenen PKW zu verzichten und bedeutete für diese auch signifikante Einsparungen trotz gestiegener Spritkosten. Die positiven Auswirkungen auf Deutschlands CO2-Bilanz müsse hier auch bedacht werden.“- so Mascha. Die dauerhafte Finanzierung eines solchen Tickets hält „Halle Zusammen“ – trotz des niedrigen Preises – für realistisch, allein durch das Wegfallen von Verfolgung sogenannter „Schwarzfahr-Delikte“ könnte viel Geld eingespart werden.

Dritte und letzte zentrale Forderung der Demonstranten ist das Ende der umstrittenen Gasumlage. Mascha dazu: „Die Verluste von Energiekonzernen dürfen nicht durch staatlich aufgezwungen Abgaben an die Verbraucher weitergegeben werden. Sie tragen nicht die Verantwortung für das langjährige Versagen von Politik und Wirtschaft. Es hätte ein frühzeitiges Umdenken geben müssen, alle Warnsignale waren da und die Möglichkeiten gegeben. Stattdessen hat man auf Risiko gesetzt, um dicke Gewinne einzufahren. Wenn jetzt der Chef von Uniper sagt, man müsse jede gute Krise nutzen, wird nur eines klar, es findet erneut eine Umverteilung von unten nach oben statt. Wir fordern weg mit der Gasumlage und einen Ersatz durch eine Übergewinnsteuer, das Geld ist da. Außerdem muss ernsthaft über eine Verstaatlichung von Konzernen wie Uniper nachgedacht werden.“

Auf die Frage, warum es zwei Bündnisses mit ähnlichen Zielen in Halle gibt, antwortete Mascha: „Wir waren besorgt über den fehlenden sozialen Protest und haben deshalb gehandelt, wir müssen auch ehrlich sagen, dass wir als Bündnis aus Einzelpersonen einige Vorbehalte gegen die Partei Die Linke hatten, sie erscheint derzeit nicht im besten Licht, was schade ist. Denn wir brauchen jetzt Parteien mit wirklichen sozialen Visionen. Wir stehen aber mit dem anderen Bündnis in Kontakt und Kooperieren auch.“

Auf die anderen Oppositionsparteien verlasse man sich hier nicht. Die CDU trage laut dem Bündnis entscheidend Mitschuld an den derzeitigen Verhältnissen und die AfD käme nicht in Frage. „Wir grenzen uns klar ab zu faschistischem Gedankengut, Antisemitismus und Verschwörungserzählungen rund um Corona. Es kommt für uns auch nicht in Frage, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zu verharmlosen oder den Menschen dort die Solidarität zu entziehen. Viele von uns haben ukrainischen Flüchtlingen persönlich geholfen und kennen ihre Schicksale.“- stellt Mascha klar. Russland-Anhänger waren in der Nähe zugegen und äußerten ihre abfälligen Kommentare über die Demo. Ihre Aussprüche reichten von Kommentaren gegen die Grünen, aber auch zur Ukraine. „Das sind die Ukraine-Freunde“, meinte eine Frau, die immer bei der Bewegung Halle mitläuft. Mit so etwas wolle man nichts zu tun haben.

Wie es nun weiter geht sei noch unklar. Sicher sei, dass es weiteren Protest geben wird. Auch wolle man enger mit dem zweiten Bündnis „Genug ist Genug-Halle“ zusammenarbeiten. „Genug ist Genug-Halle“ hatte auf der Demonstration auch einen Redebeitrag und rief zur eigenen Demonstration am 17. September auf. „Wir werden weiter machen, nicht nur mit Protesten sondern auch mit anderen solidarischen Aktionen, die Menschen direkt unterstützen. Wir wollen eine Anlaufstelle für Menschen sein, die sich an diesen politischen Protest beteiligen wollen und heißen sie herzliche willkommen.“