Kameralistik statt Doppik? Hauptausschuss diskutiert über Haushaltsaufstellung

Seit Jahren ist der Haushalt der Stadt Halle (Saale) im Doppik-System aufgestellt. So sehen es Landesgesetze für die kommunalen Haushalte vor. Das Land Sachsen-Anhalt arbeitet weiterhin mit der Kameralistik. Und auch die Saalestadt sollte dahin zurückkehren, findet Bernhard Bönisch (CDU). Sein Antrag wurde im Hauptausschuss zwar abgelehnt (3 Ja, 5 Nein, 3 Enthaltungen). Doch diskutiert wurde über das Thema.
Er habe damals als Landtagsabgeordneter auch die Einführung der Doppik unterstützt, so Bönisch, “ich konnte die Wirkung nicht überschauen.” Er sei der Meinung, für die Stadträte sei die Lesbarkeit eines kameralistischen Haushalts besser. Zudem halte er es für nicht nachvollziehbar, wenn das Land die Kommunen zur Doppik zwingt, sie selbst aber nicht einführt.
Carsten Heym (AfD) äußerte rechtliche Bedenken. Das konnte Bürgermeister Egbert Geier bestätigen – denn die Doppik für die Kommunen ist Gesetz. So lange also der Landtag nichts anderes beschließt. gibt es keine Möglichkeit. Er halte es aber auch für inkonsequent vom Land, von der kommunalen Ebene die Doppik zu verlangen und sie selbst nicht zu nutzen. Der Haushaltsplan sei durch die Doppik schlechter lesbar. Zudem sei mit der Einführung der Doppik nicht das damalige Ziel erreicht worden. Beispielsweise stehen in der Doppik die Straßen der Stadt als Anlagevermögen in Höhe von 660 Millionen Euro drin. Doch die könne man gar nicht veräußern. Deshalb verstehe er nicht, weshalb bei der Betrachtung der Haushaltslage auch dieses Anlagevermögen betrachtet wird.
Zwei Millionen Euro hat die Stadt übrigens die Einführung der Doppik gekostet.
Herr Bönisch, damals zugestimmt und jetzt zur erneuten Profilierung auf einmal dagegen. Super Politiker. Kann er doch auf kurzem Wege direkt mit seinem Parteikollegen und Landesvater klären
Als ob der sich mit dem Underdog Bö abgibt…
Ach Emmi, sei doch froh, wenn ein Politiker lernfähig ist, Fehler einsieht und versucht sie rückgängig zu machen. Die Linke hat das in 32 Jahren nicht geschafft. In der Sache hat er recht und man sollte auf das Land einwirken, das Gesetz zu ändern.
Der Reformzug der EU die Buchhaltungsregeln europaweit zu harmonisieren (Stichwort EPSAS) lässt ja noch etwas auf sich warten. Es besteht also noch Hoffnung für das Land und die Kommunen einen weiteren Reformprozess zu ertragen.
Wenn der Haushalt schlecht lesbar ist, dann strukturiert man diesen eben besser lesbar. Die KomHVO erlaubt die notwendigen Spielräume.
Und natürlich steht das Anlagevermögen in der Bilanz. Es hat die Kommune im Interesse ihrer Steuerzahler errichten lassen. Das Geld ist häufig innerhalb von 1-2 Jahren ausgegeben. In der Kameralistik war es nun nach der Ausgabe vergessen – Ausnahme wenn es Kreditfinanziert ist, da dann ja Tilgung / Zinsen weiter laufen. Die Doppik zeigt neben den Schulden halt auch was gekauft wurde. Denn die Straße liegt dort und wird abgenutzt. Daher zeigt auch eher der Anlagenspiegel wie eine Kommune mit dem Vermögen umgeht. Abnutzungsgrade von 60-70% zeigen dann, das wohl bald erhebliche Mittel benötigt werden um das Anlagevermögen wieder auf Stand zu bringen. Denn wenn die Straße kaputt ist, muss sie irgendwann neu gemacht werden oder wird zu einer SUV-Erlebnisstrecke für die Bürger. Und natürlich mögen die Werte darin als „Nonsens“ betrachtet werden. Es geht aber darum, ob eine Kommune auf Substanz (=Innenfinanziert, das Anlagevermögen wird verzerrt) lebt oder die Dinge tut um alle Generationen fair und gleich zu belasten. Ist bei einer Firmenbilanz auch nicht anders. Dort stehen die Werte immer unter Annahme „Fortführung der Geschäftstätigkeit“. Denn im Insolvenzfalle wird kaum ein anderer Käufer den Wert aus den Büchern bezahlen, sondern nur einen Bruchteil. Es geht aber darum auch darzulegen, wo steckt das Geld inkl. Historie. Dieses beantwortet die Aktiva-Seite der Bilanz. Und die Passiva verrät halt aus welchen Quellen wurde es finanziert. Vielleicht sollte man also lieber mal über die anderen Bilanzpositionen kritisch blicken und die Politik mit Fragen beschäftigen. Denn dort stecken die Belastungen für zukünftige Generationen drin.
Als ob die Stadträte in Halle überhaupt noch wissen was sie tun