Kita-Malaktion auf dem Marktplatz von Halle (Saale) unter dem Motto: Der Ausweg aus dem Jammertal – wir malen uns mehr Personal!
Mit einer Malaktion auf dem Marktplatz machten am gestrigen Freitag, d. 20 September 2024, über 50 Kinder aus christlichen Kitas der Stadt auf die unzureichende Personalausstattung in ihren Einrichtungen aufmerksam.
Der Personalschlüssel der Kitas im Land Sachsen-Anhalt gehört zu den schlechtesten im Bundesdurchschnitt, dazu kommt ein durchschnittlicher Krankheitsstand von 34 Tagen im Jahr, der die Kitas mitunter an den Rand der Handlungsfähigkeit bringt. „Manchmal schreibe ich den Dienstplan täglich um und dann weiß ich aber immer noch nicht, wie ich den Spätdienst abdecken soll“- so der Kitaleiter Martin Zeidler aus der Kita Marktspatzen.
Die Bertelsmann-Stiftung beschreibt in einer im August diesen Jahres veröffentlichten Studie über den Krankenstand in Berufen der Kinderbetreuung das Personaldilemma: Zu wenig Personal arbeitet bis zur Arbeitsunfähigkeit, ihr Fehlen sorgt für eine erhöhte Arbeitsbelastung beim verbliebenen Personal, das irgendwann auf Grund der verschlechterten Arbeitsbedingungen auch erkrankt. So fehlt Kita-Personal im Jahr 10 Tage länger als Personal in allen anderen Berufsgruppen. Am Ende müssen die Öffnungszeiten von Einrichtungen reduziert werden, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten. Viele Kitas arbeiten inzwischen mit Personalampeln, um den betroffenen Eltern über die Personalsituation zu informieren und sie auf mögliche Reduzierungen der Öffnungszeiten vorzubereiten.
„Von der Bildung in der Bildungseinrichtung Kita bleibt manchmal wenig übrig“-schätzt Stephan Trautwein vom Zweckverband familienunterstützender Einrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Halle Saalkreis die pädagogische Situation in den Einrichtungen ein. „Im Moment überarbeitet das Land Sachsen-Anhalt das Bildungsprogramm für Kitas, doch die Rahmenbedingungen dafür werden nicht angepasst.“ Den Wunsch nach mehr Personal haben die Kinder heute mit vielen neuen Gesichtern auf dem Marktplatz gezeigt. Wenigstens aus Kreide.
Zum Hintergrund:
Am 20.09.2024 fand in Magdeburg auf dem Domplatz der Kita Aktionstag „Das Personal ist der Schlüssel“ zur Verbesserung der pädagogischen Rahmenbedingungen statt. Dazu aufgerufen hatten u.a. Kita-Träger aus Sachsen-Anhalt, Gewerkschaften, die LIGA der freien Wohlfahrtshilfe, die Landeselternvertretung und der Kita-Fachkräfteverband.
Foto Evangelischer Kirchenkreis
„„Manchmal schreibe ich den Dienstplan täglich um und dann weiß ich aber immer noch nicht, wie ich den Spätdienst abdecken soll“- so der Kitaleiter Martin Zeidler“
Das lässt sich recht einfach lösen: Mehr Personal einstellen und/ oder selbst mehr Nachwuchs ausbilden. Es ist nicht die Aufgabe der Landesregierung, Kita-Personal zu organisieren. Das müssen schon die Kitas selbst tun.
Ach deine Traumwelt.
In LSA hat ein Erzieher die meisten Kinder zu betreuen. Erzieher freuen sich auf Jobs woanders, wo sie ihrer Verantwortung auch ohne Herzrasen nachkommen können. Also setzt das Land schon die Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass das Personal fehlt bzw. abwandert.
Sind christliche Kindergärten nicht freie Träger? Die sind doch dann selbst für ihren Personalschlüssel und die dafür erforderlichen Gebühren zuständig, oder nicht? 🤔
21.09.2004 In der Vereinbarung zur Umsetzung des Bildungsauftrages des Landes Sachsen-Anhalts wird eine Qualifizierung des in der Kita arbeitenden Fachpersonals sowie Lehrer als wesentliche Grundvoraussetzung für Bildung angesehen.
21.09.2004 In der Vereinbarung zur Umsetzung des Bildungsauftrages des Landes Sachsen-Anhalts wird eine Qualifizierung des in der Kita arbeitenden Fachpersonals sowie Lehrer als wesentliche Grundvoraussetzung für Bildung angesehen.
2006 stellte die Bertelsmannstiftung fest, dass die Erzieher im Osten im Schnitt 45 Jahre alt seien. Und dass die Betreuung (3-6 jährigen) bei 1:12/14 gegenüber 1/8 bei Kindern im Westen zwischen läge.
2006 hat der StEB (Stadtelternbeirat) eine offizielle Tabelle zur Ermittlung des Personalbedarfs nach KiFÖG (Kinderförderungs-Gesetz) an alle Kitas verschickt und schon einen Mangel und somit einen Mehrbedarf festgestellt.
2008 hat der StEB versucht mit 3 „Runden Tisch“ (Eltern + Erzieher + Politik mit beiden Runden zuvor) ein Verständnis für die Lösung auf politischer Ebene zu erreichen. Trotz Einsicht bezüglich der abzusehenden Probleme, erfolgte nichts.
2008 wurde versucht Einzuklagen, dass in den Betreuungsschlüssel die Urlaubstage und die Krankheitstage mit einberechnet werden. Leider ohne Erfolg, wodurch ein Betreuungsschlüssel von 1:18 bis 1:20 in der Mittagszeit nicht unüblich sind.
2016 fand die Sendung „Fakt ist! Masse statt klasse – Streitpunkt Kinderbetreuung“ statt. Der sozialpolitische Sprecher der CDU, Herr Tobias Krull, merkte zu jedem Punkt bei der Betreuuung und der Qualität an, das ihm diese Informationen „NEU“ seien und er sich erst einmal informieren müsse. Dabei wurden in der Sendung von Ilse Wehrmann, Professorin für Frühkindliche Bildung, die auch die CDU beriet, schon klare konzeptionelle Änderungs- und Lösungsvorschläge unterbreitet.
Passiert ist seitdem nichts. Der Betreuungsschlüssel ist gleich geblieben. Wer sagt, er habe davon nichts gewusst und das Thema sei für ihn neu, glaubt auch daran, dass wir keine fehlenden Lehrer haben und die seit Jahren ausfallenden Stunden ja nur erfunden wurden. In der Schule fällt der Mangel allerdings mehr auf, da jeder in der Schule nun von seinem Kind die besten Noten will. Dabei fängt Bildung von Anfang an statt, sie ist elementar in der Entwicklung eines Menschen, da jeder Mensch von der Geburt ab sich sein Bild von der Umwelt macht.
Ich selbst durfte mit einer Praktikantin 3 Monate lang als Vertretung eine Krippen-Gruppe mit 14 Kindern leiten, obwohl selbst im Osten (Westen 1:3-4 – das nennt man überholen ohne einzuholen) hierbei der Betreuungsschlüssel bei 1:6 liegt. „Bildung“ oder „Förderung“ ist in dem Rahmen ausgeschlossen. Das ist nur Aufbewahrung, damit Eltern zum Bruttoinlandsprodukt beitragen können. Schade um die geliebten deutschen Kinder.
Die beiden erfahrenen Kolleginnen waren längerfristig ausgefallen und gehörten in die Kategorie der Bertelsmannstiftung von 2006. Das heißt, sie hatten einer dem Grundschullehrer gleichen Ausbildung, also deutlich kompetenter und höherwertiger als heute. Solche ausgebildeten Personen waren und sind in der Lage Betreuungsschlüssel mit Bildung und Förderung zu erfüllen und sind nun beinahe alle in Rente. Damals gehörten die Kitas und Horte auch dem Bildungsministerium an, im Gegensatz zu heute. Heute werden leider viele (nicht alle), die nicht die Leistung für eine Krankenschwester oder Mechatroniker erbringen, einfach ErzierIn, weil es ja (angeblich) einfach ist und jeder „Spielen“ kann. Was, wer mit wem am besten Spielen kann und welche individuellen Kompetenzen sich in einem offenen Angebot herausbilden, die man dann fördern kann und soll, gehört allerdings auch mit dazu, so wie eine korrekte Rechtschreibung, Grammatik und mathematisches Grundvermögen. Mit der jetziger Regelung, alles zum Erzieher zu machen, was nicht rechtzeitig auf den Bäumen ist, erreicht man leider keinen besseren „beruflichen Status“ in der Gesellschaft.
Lehrer sind so gesehen ein direkter beruflicher Konkurrent zum Erzieher. Dort verdient man aber deutlich mehr.
Solange Eltern sich nur über den Schulausfall beklagen, weil man als Elternteil ja keinen Lehrer ersetzen kann, aber Mutter oder Vater ja das gleiche kann wie eine Erzieherin, wird sich an der sich noch weiter dramatischen Verschlechterung nichts ändern.
Dabei sind/wären die Folgen bei einem Zusammenbruch für die Gesellschaft dramatisch. Frauen würden vermutlich die Hauptlast tragen müssen, weil sie statt zur Arbeit zu Hause sitzen (ohne Herdprämie), somit nichts für die Produktivität des guten Deutschen Vaterlandes beitragen könnten und später in der Rente blöde da stehen, weil kein Geld da ist.
Dabei sagt eine Studie aus, dass der beste Weg gegen den Facharbeitermangel wäre, wenn die Betreuung der Kinder gewährleistet wäre, damit Eltern ohne Bedenken auch für einen zweiten, dritten Nachwuchs sorgen könnten, während beide arbeiten gehen. Natürlich würde man die Früchte erst 20 Jahre später ernten.
Eine Falle ist die Forderung der AfD, den Krippenbereich ganz ab zu schaffen und die Frau hinter den Herd zu befördern, damit sie Kinder kriegen kann. Dabei wäre natürlich wünschenswert, dass überwiegend männliche Nachkommen entstehen, da ja nur sie arbeiten können, weil die Mädchen ja zu Hause Kinder kriegen müssen. Wie weit ist diese Kultur von jener entfernt, die sie selbst anprangert? Soziale Interaktion lernen die Kurzen wahrscheinlich in extra eigens dafür eingerichteten Schulungszentren, so wie einst.
Ich denke, dass ein 5vor12 schon lange vorbei ist und wir in die untergehende Nachmittagssonne reiten. Die Folgen der Kita-Politik der letzten Jahre werden wird noch in den nächsten 30-40 Jahren spüren, wenn Grundschullehrer immer mehr die Leistung der Kitas übernehmen müssen.
Ich hoffe daher, dass die jetzigen Eltern den Forderungen der Erzieher unterstützen, auch wenn das zu einigen Unbequemlichkeiten führt.
Ich hoffe auch auf die Unterstützung vor Ort und vielleicht schwenkt die ein oder andere Person um und wird zu einer professionellen Aufsicht- / Bildungsperson. Mit einer besseren Entlohnung wäre ein erster Schritt getan.
Das Geld dafür müsste auch durch Einbeziehung/Kooperation der produzierende Gewerbe erfolgen, da diese schließlich auch in 20 Jahren ihr Fachpersonal haben möchten.
Bildung geht alle an , betrifft jeden und ist kein reiner Kostenfaktor. Es ist eine Investition.
„Das Geld dafür müsste auch durch Einbeziehung/Kooperation der produzierende Gewerbe erfolgen, da diese schließlich auch in 20 Jahren ihr Fachpersonal haben möchten.“
Karl,
das „produzierende Gewerbe“ zahlt bereits in Form der Gewerbesteuer kräftig mit, die zu 100% an die Stadt bzw. Gemeinde geht. Wenn das nicht langt, dann müssen eben die Eltern mehr für ihre Kinder zahlen, denn die wollen ja schließlich auch, dass die Kinder gut betreut werden.
Und was den StEB angeht: Die Mitglieder dieser Besserwisserorganisation können ja auch selbst mal eine Kita gründen. Das ist jedenfalls besser als alles Gerede.
Tja, die Gewerbesteuern betrugen im ersten Halbjahr dieses Jahres 53,3 Mio. EURO. Die Einnahmen der Stadt Halle liegen für 2024 bei 967,6 Mio. EURO. Das bedeutet, die Gewerbesteuer macht 5,5% der Einnahmen aus. Woher kommt der Rest? Doch meist durch Umschichtungen von Land und Bund und dort fließen die Steuern der ganzen Bevölkerung mit ein, also auch der Eltern, die nach Ihrer Meinung also noch mehr zahlen sollen.
Dabei profitiert vor allen Dingen das produzierende Gewerbe von gut ausgebildeten Fachkräften, die lesen und schreiben können. Werden die Gebühren für Kita noch weiter erhöht werden sich Eltern sich zwei Mal überlegen, ob sie Kinder in die Welt setzen und damit werden die Fachkräfte noch mehr zur Mangelware.
Tja, für den jetzigen StEB kann ich nichts. Sollte er sich zu einem Verein der Profilierer entwickelt haben ist das sehr schade. Wie Sie denken können, dass der StEB von 2008 der gleiche sein soll wie 2024 erschließt sich mir nicht. Schließlich ist es kein Verein der alten Leute.
Außerdem wollte ich aufzeigen, was in der Vergangenheit schon unternommen wurde und das Thema alt ist und wir jetzt die Folgen spüren, weil die Probleme damals nicht angegangen wurde. Sicher ist jetzt sehr spät, aber immer noch früher, als wenn man es weiter hinaus zögern würde.
Du redest doch auch nur. Pack mal an.
Ach herrlich, solche Aussagen zeigen doch nur, dass Ihnen die Argumente fehlen. Tut mir leid für Sie :-).
Argumente sind im Artikel genug genannt.
Nur der Oberwissee der FDP lässt sie natürlich nicht gelten, weil sie seiner Ideologie nicht passen.
„wenn Angestellte Kinder für ihre Zwecke instrumentalisieren“
Interessanter Logik. Ist das „ihre Zwecke“ auf die Kinder oder Angestellte bezogen. Beides passt. Sorry ;-).
Natürlich wäre besser, wenn die Kinder selbst für eine Verbesserung der zustände in den Kitas auf die Straße gehen würden.
Noch besser wäre natürlich, wenn Eltern die 1-6 Jährigen bei ihrer Kundgebung begleiten, damit die Fürsorgepflicht erhalten bleibt und das Jugendamt ihnen kein Strick daraus dreht, dass sie ihre Kinder unbeaufsichtigt gelassen haben.
Am besten wäre natürlich wenn Kinder, Eltern, Onkel, Tante und Co. mit den Erziehern auf die Straße gehen und die Missstände anprangern. Schließlich ist der ZWECK, für die Kinder ein besseres Umfeld zu schaffen.
Damit ist Ihr vorgeworfener instrumentalisierter Zweck ein Zweck für die Kinder. Ein Erzieher wird durch etwas mehr Geld immer noch nicht reich und durch mehr Personal nur etwas mehr gesunder, was übrigens die Krankenkassenbeiträge niedriger halten würde.
Natürlich ist Ihre rhetorische Frage richtig. Ich denke schon, dass eine Forderung von Krankenschwestern und Pflegern (wie Sie schlecht bezahlte Erzieher mit einem der bestbezahlten Berufe vergleichen können ist polemisch sehr interessant) mehr Nachdruck erhalten würde, wenn blutverschmierte Patienten mit Atemnot und Infusion sie begleiten. Das können sie natürlich nicht, sonst wären sie ja nicht im Krankenhaus. Also hingt Ihre rhetorische Frage auch auf diesem Bein.
Eine coole Idee wäre solch eine Aktion schon, wenn Krankenschwestern und Pfleger auch hier von der „gehenden“ Bevölkerung unterstützt werden würden. Gesundheit und Bildung sind nun einmal Grundpfeiler der Gesellschaft.
Entweder zahlen Gutverdiener mehr als Geringverdiener oder Arbeitslose verlieren den Anspruch auf ein Kindergartenplatz.Die Kosten müssten bei erhöhtem Beiträgen natürlich steuerlich absetzbar sein.