Liegenddemo am Samstag auf dem Hallmarkt: Sichtbarkeit für Erkrankte, die selbst kaum gesehen werden

Am Samstag, den 10. Mai 2025, wird der Hallmarkt in Halle (Saale) zum Ort eines ungewöhnlichen, aber eindrucksvollen Protests: Zwischen 14 und 16 Uhr findet dort eine Liegenddemo anlässlich des internationalen ME/CFS-Awareness-Days statt. Organisiert wird die Aktion von den Patient*inneninitiativen #LiegendDemo Halle (Saale) und #NichtGenesen Sachsen-Anhalt, mit Unterstützung der Long Covid Selbsthilfegruppe Halle.
Die Liegenddemo ist Teil einer deutschlandweiten Aktionsreihe, die in mehreren Städten zeitgleich unter dem Motto „LiegendDemo 2025 – Wir klagen an: ME/CFS-erkrankte Menschen brauchen echte Lösungen! Pflege – Forschung – Engagement – Ein bisschen reicht nicht!“ durchgeführt wird. Mit dieser besonderen Protestform machen Betroffene und Unterstützer*innen auf die dramatische Unterversorgung von Menschen mit ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) aufmerksam – einer schweren neurologischen Multisystemerkrankung, die häufig nach Virusinfektionen wie COVID-19 oder Epstein-Barr auftritt.
Sichtbarkeit für Erkrankte, die selbst kaum gesehen werden
Der Protest findet im Liegen statt – denn viele Erkrankte sind bettlägerig, schwer erschöpft und kaum noch in der Lage, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. „Diese Demo ist eine stille, aber kraftvolle Form des Protests“, sagt eine Sprecherin der Long Covid Selbsthilfegruppe Halle. „Die meisten ME/CFS-Betroffenen haben nicht mehr die Kraft, für ihre Rechte zu kämpfen. Deshalb demonstrieren wir für sie – und zwar so, wie sie selbst leben: liegend.“
Bereits am Vormittag des 10. Mai informieren die Initiativen mit einem Infostand auf dem Marktplatz über das Krankheitsbild ME/CFS sowie verwandte postinfektiöse Erkrankungen wie Post-Covid, Post-Vac und POTS. Der Stand ist Teil des 17. Tags der Halleschen Begegnung und richtet sich an Betroffene, Angehörige, medizinisches Fachpersonal sowie die interessierte Öffentlichkeit.
Forderung nach Anerkennung, Forschung und Versorgung
Trotz wachsender Fallzahlen durch Long Covid ist ME/CFS in Sachsen-Anhalt weiterhin kaum im Gesundheitssystem verankert. Es fehlt an spezialisierten Ambulanzen, interdisziplinären Versorgungszentren und qualifizierten Anlaufstellen. Dabei hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Jahr 2023 eine verbindliche Richtlinie erlassen, die den Aufbau einer strukturierten Versorgung für postinfektiöse Erkrankungen vorgibt.
„Wir setzen uns für echte Lösungen ein – für die Anerkennung von ME/CFS als schwere Multiorgan-Erkrankung, für gezielte Forschung und eine angemessene, interdisziplinäre Versorgung“, erklärt Dr. Sabine Konradi, Vertreterin der Initiative #LiegendDemo und der Ländergruppe #NichtGenesen Sachsen-Anhalt. „Im Gegensatz zu anderen Bundesländern, etwa Baden-Württemberg mit seinem Kompetenznetz-Post-Covid, hat Sachsen-Anhalt bislang keine Fach-Ambulanz für ME/CFS. Das ist ein gesundheitspolitisches Versäumnis.“
Die Initiativen fordern von Politik und Gesundheitssystem ein klares Zeichen: mehr Engagement für Patient*innen, gezielte Forschungsvorhaben, umfassende ärztliche Fortbildungen und eine konsequente Umsetzung der G-BA-Richtlinie. Der Leidensdruck der Erkrankten ist hoch – viele sind dauerhaft arbeitsunfähig, auf Pflege angewiesen oder sozial isoliert. Angehörige übernehmen häufig die Rolle von Pflegenden, ohne selbst ausreichend unterstützt zu werden.
Schon beschämend, wie in unserem fortschrittlichen Land mit einer großen Zahl von Erkrankten umgegangen wird. Daher sind solche Aktionen umso wichtiger!