Mieterrat gegen “Gierflation”: Mietspiegel ist kein Dogma – Mietpreise bleiben verhandelbar

Der neue Mietspiegel in Halle (Saale) ist mit Jahresbeginn in Kraft getreten und schon gibt es erste kuriose Folgen feststellen. Manche Wohnungsanbieter wollen bei Neuvermietungen unter Hinweis auf den aktuellen Mietspiegel elegant abgreifen. Doch der Mietrrat rät, die besondere Marktsituation argumentativ zu nutzen und den Mietzins zu verhandeln, so wie das im gewerblichen Bereich eine Selbstverständlichkeit ist.
Denn rund 10.500 Wohnungen stehen leer, betont Peter Scharz, der Vorsitzender des Mieterrates. Damit sei Halle unter den deutschen Großstädten deutscher Vizemeister im Wohnungsleerstand. Unter Hinweis auf diese in der Tat in Deutschland sehr seltene Situation sollten Neumieter unbedingt in Verhandlungen über die Miethöhe gehen, rät Scharz. Denn ein Mietspiegel sei kein Dogma, sondern nur eine Orientierungshilfe. Der zu werbende Neumieter müsse nicht blind und dankbar vorgelegte Verträge unterschreiben. Er könne auch verhandeln, und zwar in Halle eben auch regelmäßig erfolgreich, so Peter Scharz.
Hier ein Beispiel aus der Beratungstätigkeit des Mieterrates: Als kürzlich ein Mietinteressent bei einer halleschen XXL – Wohnungsgesellschaft ein Angebot von 6,30 €/m² erhielt und damit nicht zufrieden war, erhielt er auf der Stelle ein Gegenangebot über 5,40 €/m², das also um 0,90 €/m² niedriger lag. Ein großer überregionaler Vermieter schrieb uns, seine Wohnungsmietpreise seien jederzeit verhandelbar, er habe quasi „Tagespreise“. Und es geht noch mehr. Mitunter offerieren Vermieter sogar lukrative Bonus-Angebote. Hier ein weiteres Beispiel: Bei Abschluß eines Mietvertrages für eine 4-Zimmer-Wohnung (73m² in einer sanierten Platte) in Halle übergibt der Vermieter dem neuen Mieter z. B. einen Gutschein über € 1.000 zweckgebunden zur individuellen Ausstattung seiner neuen Wohnung. Während also z.B. in München, Hamburg, Berlin der Mietinteressent dem Wohnungsmakler nicht selten sogar einen einen Briefumschlag mit Inhalt übergeben muß, geht es in Halle inzwischen auch anders herum.
In ähnlich guter Position seien auch Bestandsmieter, die unter Hinweis auf den Mietspiegel mit Mieterhöhungen konfrontiert werden. Hierbei werde häufig die innerhalb von drei Jahren gesetzlich zulässige Steigerung von bis zu 20% als Mieterhöhung verlangt, beklagt der Mieterrat. Ein solcher Sprung, der ausschließlich auf Ausnutzung des Referenzbetrages aus dem nun rechtsgültigen Mietspiegel basiert, erinnere an besondere Auswüchse von „Gierflation “, sagt Peter Scharz. Angesichts des enormen Wohnungsleerstandes in Halle seien aber solche Zuwächse völlig indiskutabel. Dem betroffenen Mieter seien vom Gesetzgeber vor dem Eintreten seiner Zustimmungspflicht zwei Monate Bedenkzeit an die Hand gegeben worden. Diese sollte er nutzen, mit dem Vermieter in Verhandlung zu treten. Moderate Erhöhungen würden von jedem einsichtigen Mieter sicherlich akzeptiert werden, aber eben nicht Sprungkosten um die 20%. Auf diese Zusammenhänge hätte die Stadtverwaltung im Zuge der Etablierung des Mietspiegels durchaus hinweisen müssen. Hat sie aber versäumt.
Der Mieterrat empfiehlt deshalb allen Alt- wie auch Neumietern, unter Hinweis auf ca. 10.500 in Halle leerstehende Wohnungen in Verhandlungen über die Miethöhe zu gehen. Alle Seiten sollten eben auch wissen, dass der Mietspiegel kein Dogma, sondern nur eine Orientierung ist, stellt Peter Scharz vom Mieterrat, fest.
Ja, es gibt Leerstand in Halle, aber der ist – wenig überraschend – vor allem da, wo keiner wohnen will. Und logischerweise kann man da auch Lockangebote raushandeln, aber wer will denn in einem unattraktiven Viertel/Bauwerk wohnen? In begehrten Wohnlagen brauchste gar nicht erst mit Verhandlungen anzukommen, da steht schon der nächste, der bereitwillig jeden Betrag zahlen würde.
Eben! Als Mieter hat man schon genug damit zu tun, dass die Miete nicht noch ÜBER dem neuen Mietspiegel liegt, denn behaupten können Vermieter immer viel.
Mietpreise bleiben verhandelbar – ja, aber in beide Richtungen. Mietsteigerungen unter Inflation klingt erstmal gut, führt aber langfristig zu Zerfall und DDR2.0. Das wollen auch (seriöse) Mieter nicht.
Wird auch mal geprüft, warum diese Wohnungen leer stehen? Wie ist der Zustand, die Lage, die Größen? Da will niemand wohnen, deswegen stehen sie ja leer.
Und jeder der eine Wohnung hat, mit der er zufrieden ist, will das mit Verhandlungen auch nicht riskieren. Der Bauverein Halle-Leuna hat alle alten Bestandsmieten erhöht. Gekappt auf den Maximalbetrag um 40€, da soll man noch dankbar sein.
Wer bei dem Mietspiegel zugelassen hat, dass alte Bestandsmieten älter als 6 Jahren, dort nicht mit reinspielen, gehört ins Gefängnis.
Das nur die Neuvermietungen der letzten 6 Jahre einbezogen werden war ein großer Erfolg der Vermieterlobby. Denn auf dem Markt sind ja auch alle Wohnungen die ältere Mietverträge haben, dort wird ja auch jeden Monat neu die Meite gezahlt ,… . Dazu kommt dass sich die Mieter nicht Rechtswirksam auf den Mietspiegel berufen können der Mieten höher sind u, ihre Miete an den Mietspiegel anzupassen. Das ist eine genauso schlimme Benachteiligung der Mieter. Vielen Dank für nichts
…nun wirklich niemand rechnen, verehrter Herr Scharz. Die „Überraschung“ dürfte sich somit in einem ganz minimalen Bereich bewegen 🙂 . Und um ein „Positivbeispiel“ zu nennen, hat ein Bekannter kürzlich Info zur Mieterhöhung mit dem „charmanten“ Hinweis erhalten, dass man ja pro qum. 1nen, in Worten: EINEN, Cent unter der Möglichkeit des Mietspiegels geblieben sei. Na, wenn das nichts ist und hoffentlich rückt ihm das Finanzamt nicht auf die Pelle 🙂 .
Ich leg einen 10 ins Glas …. Und wette das Herr Scharz nicht zur Miete wohnt.
Hauptsache heisse Luft aus dem Schädel lassen.
„Der Mieterrat empfiehlt deshalb allen Alt- wie auch Neumietern, unter Hinweis auf ca. 10.500 in Halle leerstehende Wohnungen in Verhandlungen über die Miethöhe zu gehen.“
Na dann viel Erfolg!
Ich kann mir schon so richtig bildlich vorstellen, wie ein Vermieter im Paulusviertel anfängt, über die Höhe der Miete zu verhandeln, wenn man ihn darauf hinweist, dass in „angesagten“ Stadtteilen wie Halle-Neustadt und der Silberhöhe viele Wohnungen leerstehen. 🙂
Ja aslo der Herr Scharz kennt sich ja wirklich toll aus wer den noch interviewt, jedes mal interessant. Halle ist eine Stadt die in besonderem Maße von Segregation betroffen ist – das ist eben einfach viertelabhängig. Kein Mieter und erst Recht kein Neumieter ist im Norden von Halle in irgendeiner Verhandlungsposition. Und der Tipp bei rechtlich leider nun einwandfreien Mieterhöhungen in den Widerstand zu gehen ist faglich denn nach den 2 Monaten kann der Vermieter wenn es keine Formfehler gibt durchaus kündigen und mit etwas Glück hat der bald die Preis für Neuvermietung …dann kann man natürlich in die tollen Bonuswohnungen (sanierte Platte yeahh) in die Silberhöhe, Südstadt, Neustadt oder Heide Nord ziehen…Glückwunsch
Herzlichen Glückwunsch zur Verabschiedung des Mieterhöhungsspiegels. Herr Schwarz, selten so eine weltfremde Argumentation erlebt.