Nach Missbilligung: Stadträte verklagen Stadtrat

Die beiden Stadträte der Freien Wähler, Johannes Menke und Gernot Nette, verklagen den Stadtrat. Anlass ist eine Missbilligung der beiden durch das Gremium. Diese hatte der Stadtrat am gestrigen Mittwoch in nichtöffentlicher Sitzung ausgesprochen. Während der Behandlung des Tagesordnungspunktes mussten die beiden Stadträte vor der Tür warten. Anlass für die Entscheidung ist die Video-Stadtratssitzung vom Januar. Menke und Nette hatten während der Sitzung über Tonprobleme geklagt und so den Abbruch letztendlich unumgänglich gemacht. Auch wurde eine fehlerhafte Einladung gerügt Die Sitzung musste in Präsenz im Februar wiederholt werden.

Die Begründung des Missbilligungsantrages sei “inhaltlich vollkommen substanzlos”, heißt es in der Klage. “Die technischen Ton- und Bildstörungen sind tatsächlich aufgetreten.” Auch sei “zu Beginn der Sitzung die rechtswidrige Einladung zur Sitzung gerügt und eine Vertagung beantragt und diesen Vertagungsantrag mit genau dieser Begründung auch bei den nachfolgenden Anträgen wiederholt” worden. “Dadurch fühlen sich Stadträte gestört obwohl es sich dabei um ein vollkommen rechtlich einwandfreies nicht zu beanstandendes Verhalten handelte.”

“Der Stadtrat hat inhaltlich nichts Konkretes, was den Klägern vorgeworfen werden kann. Die Kläger haben sich rechtlich vollkommen korrekt verhalten, so dass sie dafür nicht missbilligt werden dürfen”, führt die Klage vor dem Verwaltungsgericht aus. “Darüber hinaus ist hier gegen den Grundsatz verstoßen worden, dass bei Sanktionen jeder nach seinem eigenen Tatbeitrag und seinem Verschulden sanktioniert wird, der auch in dem hier vorliegenden Fall zu berücksichtigen ist. Die Missbilligung ist dem gegenüber quasi als Kollektivstrafe ausgesprochen worden. Hinzu kommt, dass es für eine Missbilligung im Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt überhaupt keine Rechtsgrundlage gibt, so dass auch deshalb die Missbilligung rechtswidrig ist.”

Zudem greife die Missbilligung “in das Recht der freien Mandatsausübung der Kläger ein, dass den Klägern als Stadtrat von Halle (Saale) zusteht. Wesentliches Element der freien Mandatsausübung ist es, zu jeder Gelegenheit mit rechtlich zulässigen Mitteln zu agieren und seine freie Meinung zu äußern. Die freie Mandatsausübung wird erschwert und damit eingeschränkt, wenn ein Ratsmitglied befürchten muss, für kritische Äußerungen oder ordnungsgemäß gestellt Geschäftsordnungsanträge oder Rügen in einer Weise hoheitlich „bestraft“ zu werden, über den gesetzlich vorgesehen Rahmen hinausgeht. Dies ist hier der Fall.”

Offensichtlich wolle eine Mehrheit im Stadtrat eine Minderheit dominieren will und wolle zudem verhindern, “dass legitime rechtliche Wege beschritten werden, indem man einfach diese legitimen Wege als „unzulässigsten aller Wege“ bezeichnet und meint, dass man nicht machen darf, was aber verwaltungsrechtlich geboten ist, nämlich fehlerhafte Einladungen zu rügen und Vertagungen zu beantragen.”

Die komplette Sitzung zum Nachverfolgen: