Neueröffnung – Auch in der Krise muss man etwas wagen: Handwerkliches Können und Entschleunigung im Kaffeehaus Wittekind

Vergangenen Donnerstag betraten wir seit langem wieder das ehemalige Café Schade in der Seebener Straße in Halle (Saale). Normalerweise bekommt man bei einem solchen Gespräch, zur Eröffnung eines neuen Gastronomiebetriebes, direkt das hippe Konzept und die tollen Produkte präsentiert. Nicht so bei unserem Besuch im Kaffeehaus Wittekind, welches an bekanntem Ort in der Nähe der Saale heute eröffnet. Paul Sonnenburg, Inhaber und Geschäftsführer, macht von Anfang an klar, dass es bei diesem Projekt für ihn um mehr geht, als das bloße Anbieten von Dienstleistung und Waren.
Aufgewachsen im Giebichenstein, war das Gebäude für Paul schon als Kind ein Inbegriff hallescher Tradition. Auf dem Emblem auf den Fenstern wird auf die über 110-jährige Geschichte des Kaffeehauses hingewiesen und damit beginnt Paul auch seine Erzählung. 2019 wollte er seiner Lebensgefährtin Anna das Gebäude zeigen, da beide etwas Neues anfangen wollten, nachdem es mit dem Pandileo in der Ludwig-Wucherer Straße gut lief. Eigentlich war geplant, in einer anderen Stadt etwas aufzubauen. „Als wir beide hier drin standen fanden wir es schade, die Räume ohne Identität, ohne die Geschichte zu belassen.“, so Paul zu seinem ersten Kontakt mit den Räumlichkeiten.

Es gab für die Räumlichkeiten mehrere Interessenten mit den unterschiedlichsten Konzepten, auch Franchisenehmer. Als Paul und Anna klar war, dass hier etwas völlig Fremdes, nicht aus Halle stammendes, in diese historischen Gemäuer einziehen sollte, gaben sie alles und konnten die Eigentümer schließlich überzeugen. Es sei ihnen beiden wichtig gewesen, den Charme und vor allem die Tradition, den die Familie Schade hier in ihrer 431-jährigen Geschichte hinterlassen hat, in irgendeiner Form weiterzuleben. „Wir haben beim Renovieren im Zigarren-Salon noch Tapetenreste vom kleinen Trompeter gefunden. Nach der Legende wurde er ja am Volkspark, quasi direkt um die Ecke, erschossen.“, so Paul. Auch die verschiedenen Baustile innerhalb des Hauses habe man bei der Planung der Umbauten bedacht.
Zum Thema Bau und Umbau erklärt Paul bei einem kleinen Rundgang, dass vor allem die gesamte Produktion aus dem Keller ins Erdgeschoss geholt wurde. Dies sei dem Punkt geschuldet, dass der Keller beim Hochwasser 2013 vollgelaufen und die damals dort befindliche Technik so zerstört worden sei. Im großen Saal fällt einem die Kassettenvertäfelung an den Wänden auf, es kommt fast sofort Kaffeehaus-Charme auf. Im hinteren Teil wird noch fleißig gewerkelt. Ein halbrunder Wintergarten mit Ausblick auf die neu gebaute Terrasse befindet sich hier.
Allein das Flair, obwohl noch menschenleer, entschleunigt, wenn man auf den Bänken an den Wänden Platz nimmt oder sich in einen der gemütlichen Sessel setzt, wie wir es nun machen. Nach einem kurzen Ausflug in Pauls Werdegang merkt man, dass er das Bedürfnis hat, mir zu erklären, dass er hier mehr (er)schaffen möchte, als ein bloßes Café.

„Ich möchte einen Laden für alle betreiben.“, sagt Paul. Jeder, egal wer zu ihm komme, solle sich keine Gedanken darüber machen: „Was drücke ich damit aus, wenn ich genau in diesen Laden gehe?“. Diese Entscheidung soll dem Kunden abgenommen werden. „Eine Entscheidung, die ich meinen Kunden jedoch nicht abnehmen kann, ist die, ob sie Qualität wollen oder nicht. Ich gebe ihnen Qualität und die kostet auch Geld.“, das ist ihm wichtig.
Durch die Lage in der Nähe der Saalepromenade möchte man auch die Bedürfnisse von Spaziergängern bedienen. Bedingt durch die momentane Situation geht es natürlich eh erst einmal mit Außerhausverkauf los, doch perspektivisch wird es sogar Picknickkörbe geben, die man sich individuell zusammenstellen kann. Eröffnet wird zunächst der Eissalon. Dort gibt es, neben Kaffee, Kuchen und Knabbereien, Manufaktureis aus Dresden, von Neumanns Eis. Von Montag bis Sonntag ist ab sofort von 11 Uhr bis 19 Uhr geöffnet.
Facebbok-Seite Kaffeehaus Wittekind
Für Gastronomen in dieser Zeit ein mutiger Schritt. Ich wünsche den Betreibern viel Erfolg. Wertet doch ihr Engagement das Viertel auch noch mal etwas auf.
Herzlichen Glückwunsch und meine Hochachtung, dass Sie die Tradition dieser Familie weiterleben lassen. Ich habe damit nicht mehr gerechnet und war unendlich traurig als ich sah, als alles zu sterben anfing. Sie haben den Mut, in dieser so schweren Zeit diesen Schritt zu wagen. Ich wünsche Ihnen ganz viele zufriedene Kunden, die sich genauso freuen wie ich. Sie sind die wahren Patrioten. Herzliches Dankeschön!
Meinen Glückwunsch zu dem schönen Kaffeehaus. Ich kenne dieses Haus noch als Stift aus meiner Kindheit. Da gab es noch Pferde in der Nachbarschaft und die Halloren haben Kuchen gekauft. Ich habe hier aus der Backstube Kuchenränder bekommen. Alles Gute und ich komme auf einen Kaffee vorbei.
Ganz viel Erfolg wünsche ich Ihnen!
Wenn ich die Sachertorte und Stachelbeer-Baiser-Torte sehe, läuft mir das Wasser im Mund zusammen!
Wir werden nächstes Wochenende vorbeikommen, also bitte Sacher vorrätig haben 😉
Meinen größen Respekt !!
Wir waren schon als Kinder in den 60er Jahren zum Wandertag hier eingekehrt.
Den Betreibern wünsche ich „Frieden und Gesundheit“ und möge die Sonne scheinen von Januar bis Dezember.
Mut zur Eröffnung ja, aber aus dem Kaffeehaus haben sie einen Wartesaal gemacht, grausam.
Na na… Nicht jeder steht auf Wiener Kaffeehauschic.
Viel Erfolg……
Eine(r) muss immer etwas zu meckern haben,Weiber.
Dann gehören Sie wohl nicht zur Zielgruppe und sind anscheinend entbehrlich.
Um das alte Konzept zu konservieren hätten Sie einfach nur schneller sein müssen als der neue Betreiber, zudem wahrscheinlich ziemlich viel Geld in die Hand nehmen und ein Unternehmen gründen müssen. Das Dann hätten Sie mal so richtig zeigen können, was Sie so drauf haben.
Oder Sie hätten gar nix gemacht, Pacht/Miete bezahlt und einsam in Ihrem Laden gehockt, auch gut. Aber leider waren Sie wohl zu träge oder feige und Paul eben nicht.
Wer auch nur minimal Ahnung von Gastronomie und Inneneinrichtung hat, kann auf den Fotos erkennen, dass hier nicht wie üblich geklettert wurde. Wer in diesen Zeiten das Risiko eines solchen Investments eingeht, hat ausschließlich meinen Respekt verdient.
Meine Hochachtung Paul, da hast du wieder über den Tellerrand von Mitteldeutschland hinaus geschaut, ich packe schon mal Geld zur Seite für ausgiebiges Schlemmen bei euch.
…gekleckert und nicht geklettert…natürlich.
Langfristig Geld sammeln, um ein Stück Kuchen zu bezahlen? Muss ja bitter sein in Böllberg.
Da mein letzter Halbsatz anscheinend zu komplex war, hier eine kleine Nachhilfe in Ambiguitätstoleranz:
1.“Langfristig“ kann ich aus meinem Kommentar nicht herauslesen, Bargeld zur Seite legen ist in Zeiten von NFC und Paypal sehr gewöhnlich, da es Menschen gibt, die vorzugsweise kontaktlos bezahlen.
2.Hat man Bargeld schon parat, wenn man es „zur Seite legt“. Mit „sammeln“ hab ich seit meiner Kindheit keine Erfahrung mehr, er scheint wohl diesbezüglich auf aktuelle Erfahrungswerte zurückzugreifen.
3.Hab ich „Schlemmen“ geschrieben und nicht Geizen, wenn er Schlemmen mit einem Stück Kuchen in Verbindung bringt, genießt er mein Mitgefühl.
4.Scheint er wohl selbst kein solches Café zu betreten, sonst wüsste er, daß an einem zünftigen Nachmittag auch schnell mal 20-30€ anfallen. Dafür muss der Durchschnitts-Leistungsuwe 2 Stunden schuften.
Sieht toll aus! Nicht mehr zu vergleichen mit Schades alter Muffbude.
@Maria45 meckern kann man immer und über Geschmack lässt sich nicht streiten. Was Sie als Wartesaal empfinden finden andere gerade schick. Allein dass es wieder zum Leben erweckt wurde, ist aller Ehren wert.
Stimmt, ich stehe auf Wiener Kaffehausschic , jetzt ist es etwas zum Abhängen für Schüler aus der TMS.
Und chic schreib man so.
Ich wünsche euch viel Erfolg!
Tolle Ausstattung, Gratulation zum Mut! Viel Erfolg wünsche ich!
Wir kommen auch vorbei…
Eine Kommentarspalte ganz ohne Hass und Hetze, voll Wohlwollen und Anerkennung. Das ist doch mal wirklich schön. Eine Rarität. Ich komme gern ins neue Cafehaus – sieht richtig schön aus.
Ich war heute erstmalig in Ihrem Kaffeehaus mit meiner neuen Liebe. Wir haben beste Torten (Schwarzwälder…und Sachertorte) mit Kaffee, Tee und hervorragenden frz. Wein getrunken….war bestens. Auch das Ambiente gefällt mir sehr gut. Da braucht man nicht mehr nach Wien zu fahren (fehlt nur noch ein dezent spielender Pianist). Werde wahrscheinlich sehr oft Ihr Kaffeehaus besuchen.
Andreas nicht vergessen! 😥