Offener Brief des Stadtrats Christian Feigl an die Mitteldeutsche Zeitung

Seit einigen Wochen bereits macht die Mitteldeutsche Zeitung Druck zu einer möglichen Ehrung des verstorbenen Ex-Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher. Der Stadtrat Christian Feigl (Grüne) hat nun einen offenen Brief an den Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung (MZ), Hartmut Augustin, geschrieben.
Wir geben den Brief hier im Wortlaut wieder:
Sehr geehrter Herr Augustin,
am 20.12. letzten Jahres hatte ich eine Erklärung zur Diskussion über eine mögliche Ehrung Hans-Dietrich Genschers auch an die Mitteldeutsche Zeitung mit der Bitte um Abdruck gesendet. Mit diesem Brief wollte ich zur Versachlichung beitragen und für mehr Gelassenheit in der so aufgewühlten Debatte werben, die maßgeblich durch Ihre Zeitung verursacht wurde. Nachdem seit Anfang November neunzehn Artikel, vier Kommentare und zahlreiche Leserbriefe, teils mit heftigen Vorwürfen gegen den Stadtrat und meine Person veröffentlicht wurden, finde ich es mehr als befremdlich, das Sie meinen Text nicht abgedruckt haben. Die Anfrage des Redakteurs D. Färber, meine Äußerungen in Form eines Interviews redaktionell zu verarbeiten, lehnte ich wegen fehlendem Vertrauens in seine journalistische Sorgfaltspflicht ab. Dies kann meines Erachtens aber keine Entschuldigung dafür sein, den Brief unter den Tisch zu kehren. Da sie weiterhin nicht müde werden, das Thema zu „reiten“ und glühenden Verehrern sowie Parteifreunden Genschers ein willkommenes Podium geben, empfinde ich Ihren Umgang mit meiner Äußerung als unfair und unverschämt.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich keinen Rechtsanspruch auf Veröffentlichung meiner Meinung in Ihrem Blatt habe. Eine unabhängige (wie im Untertitel der Mitteldeutschen Zeitung suggeriert wird) und ausgewogene Berichterstattung stelle ich mir jedoch anders vor. Ich würde mir eine offene und ehrliche Debatte über die Person Genscher wünschen. Eine Debatte, in der die großen Leistungen ebenso wie die kritischen Aspekte in seiner politischen Vita beleuchtet werden. Eine Debatte, an deren Ende der Mensch und nicht die Ikone steht. Und ich wünsche mir eine Debatte, die die Person Genscher in den Kanon wichtiger Hallenser einordnet, ihre Wirkung für diese Stadt herausstellt und bisherige Würdigungen berücksichtigt.
Ich bin nicht der Meinung, dass der Ehrenbürger, Ehrensenator der Universität sowie der Leopoldina und Ehrenschwager der Halloren Genscher in seiner Heimatstadt noch nicht die ihm gebührende Achtung erfahren hätte und ich bin offen für eine inhaltliche Auseinandersetzung, ob und wie eine weitere Würdigung aussehen könnte – in einer offenen, respektvollen und ehrlichen Debatte.
Christian Feigl
Stadtrat
Fraktion BÜNDNIS 90/die Grünen
Sehr gut geschrieben!
Wer ist denn schuld, an dem ganzem Debakel? Herr Feigl selbst hat diesen Stein ins Rollen gebracht.
Die MZ sollte sich wieder auf guten Journalismus besinnen; recherchieren und informieren. Bild-Leser werden sie mit Stimmungsmache nicht zurückholen.
Auch die Yuppies der FDP könnten sich wieder an Genscher, Lambsdorff und Baum zurückerinnern und an den Inhalten arbeiten, um ehemalig treue Stammwähler (wie ich) wieder zurück zu holen. In der Kommunalpolitik haben sie zu den Themen Finanzen, Wirtschaft oder Stadtentwicklung nichts zu sagen.
Ach Halle… H.D. Genscher ist bald ein Jahr tot. Die Uhren drehen sich heute schneller. Die Debatte um eine Würdigung kann man sich bald sparen. Zumal eine Debatte in verschlossenen Stadtratsausschüssen alles andere als eine offene Debatte mit der Stadtbevölkerung ist.
Viel schlimmer wiegt allerdings in meinen Augen, dass Stadtrat Feigl Zweifel an der Unabhängigkeit einer Zeitung oder der journalistischen Sorgfaltspflicht eines Redakteurs hegt, weil dieser kritisch über seine Arbeit berichtet? Diese Karte spielt gewöhnlich das politische Spektrum auf der anderen Seite aus. Aber nur zu. Umsichschlagen ist halt einfacher, als sich der Sache zu stellen.
Besagte Artikel der MZ sind übrigens Online noch zu finden. Soll sich Jeder selbst ein Bild davon machen, ob da voreingenommen geritten wurde.
Philipp Schramm, es geht um eine sachliche und ausgewogene Diskussion! Darüber seine Meinung zu äußern ist kein Debakel. Gut, dass er den Stein angestupst hat. Nur sollte die Berichterstattung nicht einseitig werden, indem man etwas unter den Tisch fallen lässt!
Ein Stadtrat schreibt an die MZ.
Diese bietet ein Interview an.
Das lehnt der Stadtrat wegen Zweifeln an der Berufsehre/ Arbeitsqualität der Redakteure ab.
Und dann erwartet er, dass die gleichen Redakteure ihm den Gefallen tun und seinen Brief dennoch abdrucken?
Hab ich was verpasst oder sehe ich da einen logischen und zu verstehenden Zusammenhang?
Die MZ stellt eine offene ehrliche und auch wichtige Diskussion als Posse der Räte dar und dies ist die eigentliche Unverschämtheit. Jedes Ratsmitglied darf, bzw. muss eigentlich auch, seine Meinung offen und ehrlich äußern können, ohne sich von einer schmierigen Boulevardpresse vorführen zu lassen. Nicht ein einziger im Stadtrat wollte eine würdige Ehrung verweigern. Es geisterten mehr als nur 2 bis 3 Ehrungsvarianten in den Gremien umher, da muss es doch wohl erlaubt sein, die Themen abzuwägen. Es kann auch nicht sein, dass nun ad hoc mehrere Umbennungen, Umschreibungen oder sonstige maßnahmen ergriffen werden, ohne deren Folgen und Wahrnehmungen zu erörtern.
Hätte jemand zum Beispiel das Krematorium auf einem Friedhof zur Umbenennung vorgeschlagen, wäre dann die MZ auch so ins Gericht gegangen? Dann heißt es gleich unwürdig und unverschämt, der Bürger ist entsetzt. Aber im Kern trifft es auch Schulen, Straßen und Plätze, es muss diskutiert und entschieden werden. Auch das Vorschlagsrecht der FDP innerhalb der CDU Fraktion ist gewhrt geblieben.
Es ist ja richtig, das es diskutiert werden soll und auch muss, aber das was der Herr Fegl gemacht hat, ist unter aller Kanone.
Sein Brief an die MZ ist eigentlich auch ein schlechter Witz. Erst lehnt er ein Interview ab und regt sich dann mittels Brief, die für ihn einseitige Berichterstattung seitens der MZ auf. Das soll einer verstehen. Was will dieser Mensch eigentlich? Das scheint ihn selbst nicht mal klar zu sein.
Feigl hat kein Interview abgelehnt, nur die Anfrage seinen nicht veröffentlichten Text als Interviewgrundlage zu verwenden.
Danke, Christian Feigl!
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13489785.html
„Aktenvermerke aus Bonn beweisen, wie ein Pressebetrieb in der Ex-DDR einem Freund von Hans-Dietrich Genscher zugeschoben wurde.“
Dann heißt es wieder „Lügenpresse“ ;-).
Christian Feigl trifft mit seinem Brief genau ins Schwarze. Die MZ macht massiv Stimmung in eine, ihr offenbar ganz wichtige, Richtung, ohne andere, durchaus gewichtige, Meinungen zu Wort kommen zu lassen.
Offensichtlich spricht er in seinem Brief nicht nur sein Unbehagen, sondern auch das vieler seiner StadtratskollegInnen an, die, obwohl durchaus ehrungswillig, sich nicht von der MZ vorführen lassen wollen!
Menschen auf dem Sockel haben meist auch dunkle Seiten, die nur stören. https://www.welt.de/politik/deutschland/article128745445/Warum-rettete-Genscher-deutsche-Studentin-nicht.html
@Uwe Arnold,
na Moment mal, den Tod dieses bolschewistischen Flintenweibes, einem H.-D. Genscher anlasten zu wollen, erfordert dann aber doch mein Widerwort.
Das ganze Szenario muss man erst einmal im Kontext der damaligen Zeit sehen, nämlich die Zeit der brutalen RAF-Anschläge, RAF-Entführungen und RAF-Morde. Punkt.
Weiterhin muss man wissen, daß die „ach so unschuldige“ Studentin Käsemann, Mitglied mehrerer kommunistischer und bewaffneter paramilitärischer Organisationen war und nach eigener Auffassung unbedingt die vermeintliche „Weltrevolution“ in Südamerika befeuern wollte.
Sie hatte mehrmals Gelegenheit, Argentinien zu verlassen und hat sich ganz bewußt und trotzig, mit folgenden Worten, dagegen entschieden:
„Die Arbeiterklasse geht nicht ins Exil!“
Und selbst als sie schon in Peru in Sicherheit war, entschied sie selber, wieder zurück nach Argentinien zu gehen….
Das mögen manche Leute Heldenmut nennen, ich nenne es Dämlichkeit.
Die Dame hat sich ganz bewußt und aus eigenem Antrieb heraus, für ihre vermeintlich richtige Sache ständig selber in Lebensgefahr begeben.
Auch war sie bereit, für ihre linksextremen politischen Überzeugungen, den bewaffneten Kampf aufzunehmen.
Die Dame hat den „bewaffneten Klassenkampf“ gesucht, geführt und ihn verloren.
Sie wollte sich nicht helfen lassen, vergiss das bitte nicht!
Sich heute hinzustellen und eine Elisabeth Käsemann als Opfer eines nicht rettend eingreifenden H.-D. Genscher darstellen zu wollen, ist daher einfach nur lächerlich und unfair..
„bolschewistischen Flintenweibes“, noch Fragen?
Auf diese Sprachebene sollten wir uns hier nicht einlassen.
Ja, @wolfgang, das konnten damals andere auch schon so… da gibt es keine Fragen. Frauen sollen halt in die Küche an den Kochtopf gehören…, oder sie sind eben diese “ „