Sachsen-Anhalts Umweltminister fordert vom Bund bessere Zukunftsperspektiven auch für Bioenergie
Wenn sich am kommenden Donnerstag und Freitag im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel die Energieministerinnen und -minister der Länder zu ihrer Herbstkonferenz treffen, wird es einmal mehr um die Frage gehen, wie der Energiebedarf der Bundesrepublik in den kommenden Jahren verlässlich, günstig und möglichst klimaneutral gedeckt werden kann. Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Dr. Armin Willingmann fordert den Bund auf, bessere Zukunftsperspektiven auch für Bioenergie zu schaffen.
„Mit der Deckelung der Vergütung von Bioenergie im Erneuerbare-Energien-Gesetz hat das Bundeswirtschaftsministerium eine energiepolitische Sackgasse geschaffen“, kritisierte Willingmann. „Bioenergie mag nicht in jedem Fall klimaneutral sein, ist aber dennoch umweltfreundlich und stellt eine sichere, regulierbare Energiequelle dar. Wir können mit Biogas Strom und Wärme erzeugen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Statt schleichend aus der Bioenergie auszusteigen, sollten wir sie wie moderne wasserstofffähige Gaskraftwerke zumindest als Brückentechnologie nutzen und weiter fördern.“
Sachsen-Anhalt zählt nicht nur bei Wind- und Solarenergie zu den Vorreitern in Deutschland. Mit landesweit 483 Anlagen und einer installierten Leistung von 518,5 Megawatt liegt Sachsen-Anhalt auch bei Bioenergie im bundesweiten Ranking mit Platz sechs sehr weit vorne. Allein in den kommenden fünf Jahren werden im Land jedoch 170 Anlagen nach zwanzigjähriger Betriebszeit aus der EEG-Förderung herausfallen. Ob die Anlagen einen erneuten Förderzuschlag über zehn Jahre erhalten, ist jedoch ungewiss. „Bleibt es bei der Bundesförderung mit angezogener Bremse, stehen bei uns im Land viele Anlagen bald still“, warnt Willingmann. „So etwas halte ich gerade im ländlichen Raum für kaum vermittelbar und auch nicht für zumutbar.“
Dem Bund zufolge soll die installierte Leistung im Bereich Bioenergie in Deutschland von aktuell rund 10.500 Megawatt auf 8.400 Megawatt im Jahr 2030 sinken. Dementsprechend schreibt der Bund im Rahmen der EEG-Förderung weniger Leistung aus. Das zeigt etwa die erste Biomasse-Ausschreibung in diesem Jahr: 788 Gebote im Umfang von 742 Megawatt gingen ein. Davon waren nur 263 Gebote erfolgreich, das Ausschreibungsvolumen war bei 240 Megawatt gedeckelt. Ein Grund für die Förder-Zurückhaltung des Bundes besteht darin, dass Strom aus Biomasse mit etwa 18 Cent pro Kilowattstunde teurer war als Windstrom mit acht Cent und Solarstrom mit etwa vier Cent pro Kilowattstunde.
Für Energieminister Willingmann wiegen die Vorteile von Biomasse jedoch schwerer. „Wir benötigen mehr regulierbare Energieträger. Die Bundesnetzagentur hat in ihrem Bericht zur Versorgungssicherheit schon im vergangenen Jahr erklärt, dass wir in Deutschland bis zum Jahr 2031 zusätzliche Kraftwerksleistung von bis zu 21 Gigawattstunden benötigen“ so Willingmann. „Der Bundeswirtschaftsminister agiert hier mit seiner Kraftwerksstrategie jedoch recht zögerlich. Erst 2025 wird überhaupt Kraftwerksleistung ausgeschrieben. Und bis 2028 sollen es lediglich 12 Gigawatt sein. Hier müssen wir entschlossener vorgehen und sollten die Biomasse als ergänzenden, sicheren und regelbaren Energieträger nicht außer Acht lassen.“
Willingmann bekräftigt Forderung nach Energiewendefonds
Bei der Energieministerkonferenz wird Willingmann deshalb einen entsprechenden Antrag der Länder Sachsen und Schleswig-Holstein unterstützen. Dieser sieht Biogas als Baustein für das klimaneutrale Energiesystem der Zukunft. Der Energieminister wird in Brunsbüttel zudem eigene Anträge vorlegen. So bekräftig Willingmann seine Forderung nach einer auskömmlichen Finanzierung notwendigen Investitionen in Energie- und Wärmenetze und schlägt die Einführung eines Energiewendefonds vor. Mit Hilfe des Fonds soll die Eigenkapitalquote kommunaler und privater Energieunternehmen gestärkt werden, damit sie Zugriff auf privates Fremdkapital erhalten und entsprechende Investitionen finanziell stemmen können. Experten gehen von einem bundesweiten Investitionsbedarf von 1,4 Billionen Euro bis 2045 aus.
Mit einem zweiten Antrag will der Energieminister den Hochlauf der klimaneutralen Wasserstoffwirtschaft weiter unterstützen. „Mit Blick auf den Ausbau der Infrastruktur haben wir die notwendigen Weichenstellungen bereits vorgenommen. Das Wasserstoffkernnetz wird jetzt nach und nach entstehen und Sachsen-Anhalt wird bestens erschlossen“, erklärte Willingmann. „Im Weiteren wird es aber nun darauf ankommen, Unternehmensinvestitionen für die Produktion und Nutzung von Wasserstoff weiter anzureizen.“ Der Energieminister hält eine konsequentere Förderung für die Umstellung industrieller Prozesse auf Wasserstoff durch den Bund für notwendig. Entwicklungshindernisse wie fehlende Zertifizierungssysteme für grünen Wasserstoff und Treibhausgas-Quotensysteme müssten zeitnah aus dem Weg geräumt werden, so Willingmann. Der Minister fordert darüber hinaus, dass Elektrolyseure über das Jahr 2029 hinaus von Stromnetzentgelten befreit bleiben sollten. „Gerade beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft geht es jetzt um Planungs- und Finanzierungssicherheit für Investoren, Anbieter und Abnehmer. Dies gilt auch für Investitionen in die Errichtung leistungsfähiger Elektrolyseure bei uns im Lande“, so Willingmann.
Länder beharren auf Handlungsspielräumen bei Akzeptanz- und Beteiligungsgesetzen
Thema der Energieministerkonferenz wird zudem die finanzielle Beteiligung von Kommunen am Ausbau erneuerbarer Energien. Im Sommer hatte das Bundeswirtschaftsministerium den Ländern signalisiert, mit einer Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) Vorgaben bei der finanziellen Beteiligung zu machen. Energieminister Willingmann hatte daraufhin im September zusammen mit mehreren Amtskolleginnen und -kollegen ein Schreiben an den Bundeswirtschaftsminister gerichtet, in dem die Länderminister eine Deckelung der Beteiligungen bei 0,3 Cent pro Kilowattstunde des erzeugten Stroms ablehnen. Die Forderung findet sich nunmehr auch in einer Beschlussvorlage wieder. „Die finanzielle Beteiligung von Kommunen am Ausbau der Erneuerbaren ist entscheidend, um langfristig hierfür die Akzeptanz zu sichern“, betonte Willingmann. „Der Bund ist hier gut beraten, Ländern und Kommunen entsprechende Handlungsspielräume zu lassen.“ Der Energieminister hatte im April dieses Jahres ein Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz für Sachsenn-Anhalt vorgelegt. Dies befindet sich nunmehr im parlamentarischen Verfahren.
Also noch einen „Sonderfonds“, abseits der Haushaltsplanung der öffentlichen Hand? Weiter am Irrweg „Wasserstoff“ festhalten, so wie z.B Bayern, während sich selbst die Industrie daraus zurückzieht? Und bei Biomasse-Kraftwerken bin ich auch gespaltener Meinung: Solange normal anfallende Reste verwertet werden, finde ich das super. Aber wenn man gezielt Mono-Industrie-Landwirtschaft auf großen Flächen betreibt, um „Biomasse“ zu erzeugen, geht das mMn deutlich am Ziel vorbei.
Tatsächlich hat das Bundeswirtschaftsministerium viele Sackgassen geschaffen. Je mehr das grüne Wirtschaftswunder mit seiner Umverteilung von unten nach grün und der Deindustrialisierung Deutschlands wirkt, desto weniger Geld wird man der traditionellen Wirtschaft wegnehmen und für dauerhaft erforderliche Subventionen der transformierten Wirtschaft verwenden können.