SPD-Ortsverband Mitte ist gegen Kulturhauptstadt-Bewerbung

Am Mittwoch hat Oberbürgermeister Bernd Wiegand in die Stadtratssitzung einen Antrag zur Bewerbung als Kulturhauptstadt eingebracht. Derzeit wird in den Ausschüssen darüber beraten. Aus Richtung der SPD kommt Widerstand gegen eine Bewerbung.
Der SPD-Ortsverein Mitte will auf dem SPD-Stadtparteitag die Stadtratsfraktion auffordern, die Bewerbung abzulehnen. Stattdessen soll Antrag zur nachhaltigen Erweiterung und Entwicklung der Kulturlandschaft in Halle in den Stadtrat eingebracht werden. Auf diesen Prozess, fordert der Ortsverein, soll die Stadt sich konzentrieren und dabei den eigenen Weg konsequent beschreiten.
Zu den Gründen äußerte sich der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Halle-Mitte Andreas Schmidt: „Halle ist die faktische Kulturhauptstadt des Landes. Um diesen Status zu erhalten und auszubauen, braucht es langen Atem und Konzentration auf die eigenen Stärken. Eine verspätete, konzeptionslose Bewerbung um den Titel Europäische Kulturhauptstadt löst kein Problem der halleschen Kulturlandschaft, bindet Kraft, die dringend gebraucht wird und schadet mit ihrem absehbaren Misserfolg dem Ansehen der halleschen Kultur. Insbesondere in einer Situation, in der die städtische Theater, Oper und Orchester GmbH von Insolvenz bedroht ist, ist der Vorschlag des Oberbürgermeisters zur Bewerbung um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“ für uns völlig unverständlich. Die auch in den lokalen Medien breit diskutierte Behauptung, ohne eine eigene Bewerbung in Konkurrenz zu Magdeburg drohe Halle seine Stellung als die Kulturstadt Sachsen-Anhalts einzubüßen,“ so Dr. Andreas Schmidt, „ist Ausdruck kleinlicher Provinzialität und würdigt die Leistungen der halleschen Kulturlandschaft geradezu herab. Halles Stellung unter den deutschen Kulturstädten definiert sich durch die Händel-Festspiele, die Franckeschen Stiftungen, den Stadtsingechor, durch Museen und Theater, die Hochschule Burg Giebichenstein, die Breite der Kunstausübung in Chören, Bands und freien Theatern. Sie definiert sich durch ein Publikum, das offen und kritisch mit den Künstlern diskutiert, wie jetzt in der Oper. Sie definiert sich durch vieles, aber nicht durch eine erfundene Konkurrenz zu Magdeburg. Andere Kommunen bereiten sich seit Jahren gezielt auf diesen Wettbewerb vor. Eine hallesche Bewerbung kommt Jahre zu spät. Entsprechend hat die Landesregierung von Sachsen-Anhalt zuletzt in dieser Woche wieder deutlich gemacht, dass sie die Bewerbung der Stadt nicht unterstützen wird. Das ist kein Wunder, denn Magdeburg hat sich als langjährig einzige Bewerberstadt Sachsen-Anhalts diese Unterstützung schon vor Jahren gesichert. Somit ist auch die von der EU zwingend eingeforderte, breite politische Unterstützung für Halle nicht gegeben. Während noch keine belastbaren Informationen zu den Gesamtkosten vorliegen, plant die Stadtverwaltung dennoch, dem Stadtmarketing für die Bewerbung 1,3 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Wir schlagen hingegen vor, dieses Geld lieber direkt in die Förderung der halleschen Kulturlandschaft zu investieren. Wir empfehlen der Stadtratsfraktion daher, die Vorlage der Stadtverwaltung zur Bewerbung abzulehnen. Stattdessen soll ein vertiefter Dialog zur Entwicklung des Kulturstandortes mit Kulturschaffenden sowie Bürgerinnen und Bürgern in die Wege geleitet werden. Es geht uns um ein positives, sachlich begründetes Signal für eine reale, strategische und nachhaltige Entwicklung der Kulturlandschaft in Halle. Denn mit kostspieligen Schnellschüssen ist niemandem geholfen.“
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