Festung Riebeckplatz: großes Polizeiaufgebot und Sperrungen wegen Demos zum Nahostkonflikt, Aufzug der Pro-Palästina-Demo blockiert

Der Riebeckplatz und der Hauptbahnhof in Halle (Saale) glichen am Donnerstag einer Festung. Grund waren gleich drei Kundgebungen zum Nahostkonflikt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort. Absperrgitter wurden aufgestellt. Unterstützung erhält die Landespolizei von Kräften aus Berlin und Sachsen. „Wir sind vorbereitet“, sagte ein Polizeisprecher.

Weil die Gitter an mehreren Stellen auch quer über die Gleise der Straßenbahn standen und zudem die Fahrleitung aus Sicherheitsgründen abgeschaltet wurde, war der Straßenbahnverkehr ab 15 Uhr bis 21.20 Uhr rund um den Riebeckplatz komplett eingestellt. Das betraf auch die Zufahrten dorthin ab Damaschkestraße, Franckeplatz, Steintor und Freiimfelder Straße, weshalb es zu großflächigen Umleitungen kam. Die HAVAG hat stellenweise Busse als Ersatz eingesetzt, sofern das aufgrund der Sperrungen möglich war.

„Es gibt kein schlechtes Wetter, um gegen Antisemitismus auf die Straße zu gehen“, sagte eine Rednerin vom Bündnis gegen Antisemitismus mit Blick Blick auf das Wetter. Es schüttete. Man stelle sich gegen die gezielte Geschichtsklitterung um die israelische Staatsgründung. Kritik kam an der UNRWA auf, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen, dem eine Nähe zur Hamas nachgesagt wird. Niemanden würden leidende Kinder kalt lassen. Die Frage sei aber, ob nicht die Palästinenser und ihre Unterstützer wie die UN maßgeblich Anteil an der Misere tragen. Die UNRWA betreibe etwa die Hälfte aller Schulen in Gaza. “Bevor Kinder die vier Grundrechenarten beherrschen, lernen sie listenweise Märtyrer aufzuzählen”, kritisierte eine Rednerin dieses Bildungssystem. Auf Landkarten in Schulbüchern fehle Israel, Terroristen werden verherrlicht. 

Bei der Pro-Palästina-Demo fungiert die ehemalige Linken-Stadträtin Stefanie Mackies als Ordnerin. Sie war nach der Kritik an ihrer letzten Demo-Teilnahme als Stadträtin zurückgetreten. „Israels Ziel ist es Palästina ethnische zu säubern“, sagte eine Rednerin aus dem Gruppierung „Students for Palestine. „Deutschland unterstützt mit unseren Steuern einen Genozid. Da können wir nicht länger wegschauen.“ Teilnehmer rufen unter anderem “Viva Palästina“, “From the river to the sea” oder “Free Palestine“.

Die Landtagsabgeordnete Henriette Quade (Linke) hatte eine Eilversammlung am Boulevard angemeldet. Dadurch war der Demoweg für die Pro-Palästina-Demo blockiert. Diese stand derweil am Rondell, skandierte unter anderem „Deutschland finanziert, Israel bombardiert“ und „Deutsche Zionisten, Mörder und Faschisten“. Die Polizei machte eine Durchsage, dass eine alternative Route gesucht wird. Gegen 19.40 Uhr wurde dann durch die Polizei mitgeteilt, dass der Aufmarsch in der geplanten Form nicht stattfinden kann und bat die Teilnehmer, den Platz in Richtung Hauptbahnhof zu verlassen. Dazu kam es aber nicht. Fahnenschwenkend wurde gegen diese Entscheidung protestiert. Kurz nach 20 Uhr rückte dann die Pro-Palästina-Demo aus dem Tunnel etwa 30 Meter in Richtung Platz vor in den Regen. Die Gegendemonstranten seien das Fußvolk des Imperialismus, sagte eine Rednerin. Zudem handele es sich um keinen Nahost-Konflikt, wie immer in den “bürgerlichen Medien” die Rede ist, sondern eine Belagerung durch Israel seit 76 Jahren, sagte eine Rednerin. „Israel begeht einen Genozid an unserem Volk.“ Das wehre sich mit primitivsten Waffen.

Aus der Gegendemo schallt es „Hamas-Schweine“, Israel-Flaggen wurden geschwenkt. Die Pro-Palästina-Demo nannte diese wiederum „menschenverachtende Zionisten“. Gegen 21 Uhe wurden schließlich beide Demos beendet. 

Am Rand gab es noch eine dritte Demonstration, die sich sowohl gegen die Hamas, als auch gegen die Regierung Israels richtete. “F*ck Hamas, F*ck Netanjahu. Free the hostages, Ceasefire now” stand auf einem Banner. “Wir sind zwei Einzelpersonen, die sich in den aktuellen Bündnissen in Halle – aber auch in der allgemeinen Debatte in Deutschland zum Nahostkonflikt unterrepräsentiert sehen”, sagte eine der Initiatorinnen zu Beginn. “Wir fordern Freiheit für die Menschen in Palästina und für die Geiseln, die von der Hamas verschleppt wurden“. Hier wird nicht nur für die Opfer in Gaza und gegen antimuslimischen Rassismus gekämpft, sondern auch „gegen jeden Antisemitismus“. Die Initiatorinnen – zu denen sich bald weitere Aktivist*innen und Neugierige gesellen, betonen: Sie wollen sich nicht für eine Seite entscheiden müssen, und die Einseitigkeit der Meinungen in den bestehenden Bündnissen hält sie davon ab, sich mit ihnen zu solidarisieren. Doch „untätig zuhause sitzen“, ist für sie keine Option. So hat sich im Zentrum des Platzes, zwischen den beiden großen Versammlungen, eine kleine Gruppe gebildet, eine Symbolik, die den Passanten nicht entgangen ist. „Finde ich super, ihr seid quasi die Mediator*innen hier! Das ist genau das, was man in der Gesellschaft gerade braucht“. 

Es gab zwar im Rahmen des gesamten Demo-Geschehens ein paar wenige Strafanzeigen, laut Polizei aber nur wegen kleinerer Sachverhalte. Allerdings dürfte eine Attacke von Berliner Polizisten auf die Landtagsabgeordnete Quade noch ein Nachspiel haben. Hallesche Beamte waren daraufhin eingeschritten.

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