Spiegel für mehr Demokratie: Debatte um Volksentscheide

Ein 2,60 m hoher und 4 Meter breiter Spiegel stand am Samstag vor der Ulrichskirche am halleschen Boulevard, versehen mit dem Spruch „… wer bestimmt im ganzen Land?“. Mit dieser Aktion hat der Verein „Mehr Demokratie“ für die Einführung bundesweiter Volksentscheide geworben, Passanten erhielten Informationen zum Thema und konnten auch ihre Unterschrift setzen.
Zudem waren die Bundestagskandidaten Karamba Diaby (SPD), Christoph Bernstiel (CD), Alexander Sorge (Linke) und Andreas Silbersack (FDP) vor Ort. Nicht eingeladen war dagegen die Kandidatin der AfD, was einen AfD-Anhänger zu einigen Unmutsbekundungen trieb. Er erklärte zunächst, dass er schon zur DDR-Zeiten mal im Gefängnis saß und sich das heutige Verhalten gegen die AfD an das damalige Vorgehen erinnerte. Christoph Bernstiel (CDU) wusste zu entgegnen, dass die Kandidatin ohnehin nicht erscheint. Er habe bereits mehrere Bundestagsforen hinter sich. Jedes Mal sei auch die AfD-Kandidatin eingeladen gewesen und kein einziges Mal erschienen.
Im Anschluss diskutierten die Kandidaten untereinander zum Thema Volksentscheide. Karamba Diaby wies darauf hin, dass die SPD bereits 2013 einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht habe, den schwarz-gelb abgelehnt habe. Auch aktuell stehe das Vorhaben wieder im Wahlprogramm. Diaby sprach sich zudem für ein kommunales Wahlrecht für Drittstaatler aus sowie eine Senkung des Wahlalters bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre. „Dann müssen sie die Staatsbürgerschaft annehmen“, kommentierte Bernstiel.
Andreas Silbersack sagte, Europa verändere sich und deshalb seien Bürgerentscheide bei europäischen Themen sinnvoll. Doch es gebe auch Themen, wo es keinen Sinn mache. Hätte es bei der Frage Bonn oder Berlin als Bundeshauptstadt einen Volksentscheid gegeben, „dann wäre es Berlin nie geworden.“
Bernstiel sprach sich für Volksentscheide auf kommunaler Ebene aus, bundesweit sei er skeptisch. Schließlich gehe es um den Schutz der Minderheiten und die Generationsgerechtigkeit. Mehrzahl könne nicht das einziges Argument sei. Beispielhaft nannte er die Energiewende. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit großen Kraftwerken und entsprechend vielen Beschäftigten in der Branche würden hier den Osten gnadenlos überstimmen. Eine Bürgerin sah es ähnlich. Es gehe bei Atomkraftwerken auch um Wissenschaft, da könne man nicht mit einem simplen ja oder nein antworten.
Diaby sagte, Bernstiels Argumente habe er oft als Totschlagsargument gehört. Doch es gebe auch das Grundgesetz. So werde es keinen Volksentscheid zur Abschaffung Religionsfreiheit geben. „Ein Volksentscheid muss immer Grundgesetzkonform sein.“ Damit wäre auch ein Entscheid zur Todesstrafe vom Tisch. Parallel wies Diaby noch darauf hin, dass es bereits das Petitionsrecht gebe, es ebenfalls mehr genutzt werden könnte.
Volksentscheide halte er für sinnvoll, meinte Alexander Sorge. Daneben sprach er sich dafür aus, bestehende Quoren zu senken und die Bürger mehr zu motivieren, das Instrument zu nutzen. Bei Bürgerbegehren habe die Verwaltung die Aufgabe, zu unterstützen, das werde aber kaum gemacht.
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