„Tomaten in verschiedenen Töpfen“: Landtag debattiert zum Hasi
Seit Monaten gibt es Streit um das Hausprojekt „Hasi“ in der Hafenstraße. Die Initative „Wir brauchen Platz“ hatte das Gebäude im Januar 2016 besetzt und später einen Nutzungsvertrag mit dem Eigentümer HWG bekommen, der aktuell bis Ende Januar verlängert wurde. Am Freitag nun hat sich auf Antrag der AfD der Landtag mit der „Hasi“ befasst. Dabei ist der Erwerb eines Grundstücks durch die Stadt gar nicht Angelegenheit des Landtags.
Der hallesche Landtagsabgeordnete Alexander Raue sprach dabei von „linskradikalen Sturmtruppen“, die das Haus besetzt hätten. Die HWG als städtisches Unternehmen mit dem links-grünen Stadtrat habe die Fähigkeit verloren, das ihr angetraute öffentliche Eigentum zu sichern und zu verteidigen. Es sei möglich gewesen, die Hausbesetzung durch die Polizei beenden zu lassen, „doch man war nicht Willens und kapitulierte vor der linskradikalen autonomen Szene“, so Raue. Er kritisierte auch, dass zum Gebäude wieder Strom und Wasser gelegt worden seien. Wäre dies nicht erfolgt, so hätte sich das Problem möglicherweise im Winter selbst erledigt. „Offenbar drohte man aber mit Terror und Radnale, so dass die Stadt sich gezwungen sah, hier einzuknicken.“ Für die Presse habe man das Projekt schön geredet. Raue sprach von nächtlichem Lärm und Gröhlereien, dem die Anwohner ausgesetzt seien, das Gelände sei vermüllt und Pyrotechnik werde abgebrannt, Anwohner würden eingeschüchtert. Stadt und HWG hätten nicht auf Anwohnerbriefe reagiert, so Raue. Zum Hasi-Projekt sagte er, „Anarchie ist keine Demokratie.“ Sie hebeln die gesellschaftliche Grundordnung auseinander, so Raue, bedrohen das soziale Miteinander, zerstören das Rechtsempfinden der Bürger. Raue kritisierte auch Pläne, dass die Stadt das Gebäude übernehmen soll. Dies wirke wie eine Belohnung für den Rechtsmissbrauch. Man sei strikt gegen einen Kauf, es würden auf die Stadt auch enorme Kosten für Sanierung und Instandhaltung zukommen. Schon jetzt würden viele Sport- und Kulturvereine um die wenigen Fördermittel konkurrieren. Das Projekt führe hin zu einem Förderschwerpunkt der Stadt zu linksradikalen Trägern. Die sei ein Skandal. Illegale Hausbesetzungen seien strafbare Handlungen. Mit der Reilstraße 78 und der Ludwigstraße 37 würden in Halle bereits zwei ähnliche Hausbesetzerprojekte existieren, beklagte Raue. Mit der Anerkennung des Hasi schaffe die Stadt neue rechtsfreie Räume und Rückzugsorte für die gewaltbereite linke Szene. Die Zivilgesellschaft solle klarstellen, „dass diese rote Front in unserem Land unwilkommen ist.“ Stadt und Land sollten dem „linksradikalen Terror“ Einhalt gebieten.
Auf Nachfrage des Grünen Landtagsabgeordneten Wolfgang Aldag, ob er überhaupt einmal vor Ort gewesen sei und mit den Akteuren gesprochen habe, meinte Raue, selbstverständlich. Sei sei schlimm genug, dass sich die Franckeschen Stiftungen für so ein Projekt hergeben. Die Anwohner seien entsetzt. Das Gelände habe er sich auch angeschaut, „Also Kultur wird da nicht gelebt.“ Das Gelände sei verdreckt. Auch den „Bürgergarten“ habe es sich angeschaut, ein altes Gewächshaus „mit ein paar Tomatenpflanzen in unterschiedlichen Töpfen.“ Alles sei ungepflegt. „Die Kultur, die dort gelebt wird, sollte man nicht weiterentwickeln.“
Innenminister Holger Stahlknecht ging auf Zahlen der Polizeidirektion zur Hafenstraße zwischen dem 1. Januar 2016 und 23. Oktober 2017 ein. Es habe 16 polizeiliche Einsätze wegen ruhestörendem Lärm gegeben, zudem 6 Strafanzeigen wegen Sachbeschädigung und Beleidigung. Stahlknecht zeigte sich nicht überrascht, dass linksradikale Gruppen wie das Offene Antifaplenum oder die Rote Hilfe das Hasi unterstützen, das linksradikale Gruppen seit Jahren für selbstbestimmte subkulturelle Strukturen einstehen. Die Kontakte zu diversen Gruppen sprechen laut Stahlknecht für eine linskextreme Beeinflussung des Hasi. Der Linksextremismus bringe den Rechtsextremismus hervor.
Dass sich der Landtag mit einem möglichen Hauskauf durch die Stadt befasse, sei Ausdruck eines mangelnden Respekts vor kommunaler Selbstverwaltung, sagte Andreas Schmidt (SPD) in Richtung AfD. „Diese Debatte gehört in den Stadtrat und nicht in den Landtag.“ Die AfD lege wieder das Mobiliar für Verschwörungstheorien aus.
„Hasi bleibt, lautet der in Halle bekannte Slogan“, sagte Henriette Quade (Linke). Die Hasi sei ein offenes selbstverwaltetes nichtkommerzielles Zentrum. Nichtgenutzte Räume werden zugänglich gemacht. Es gebe mittlerweile ein Lesecafé, Theater, Sport und vieles mehr. Und anders als die AfD behaupte, werde auch nicht in dem Haus gewohnt. Auch sei die Behauptung falsch, dass von Hasi Gewalt ausgehe. Stattdessen hätten dort Menschen am 1. Mai Unterschlupf gefunden, die von Neonazis angegriffen worden seien. Quade erklärte, entgegen der Medienberichterstattung habe es keine Beschwerden von Anwohnern gegeben. Viel mehr hätten sich Nachbarn positiv zum Projekt geäußert. Quade ging auch auf das Hausprojekt der rechten Identitären Bewegung ein. Den Angriff heiße sie nicht gut. Die IB sei aber keine neue Erscheinung, sondern lediglich „eine Nazikameradschaft, die auf modern macht.“ Sie sei eine Bedrohung für die Sicherheit von Menschen. Die Hasi dagegen sei ein wichtiger Teil des soziokulturellen Lebens in Halle geworden.
Links- und Rechtsextremismus hätten keinen Platz in der demokratischen Gesellschaft, meinte Bernhard Bönisch (CDU). „Unrecht gut gedeihet nicht“, zitierte Bönisch seine Großmutter und stellte damit die Legitimität von Hausbesetzungen in Frage. Er berichtete von einem Erlebnis an seinem damaligen Wohnhaus in der Mittelstraße. Im Zuge einer ATTAC-Veranstaltung sei seine Haustür aufgebrochen worden, um Strom anzuzapfen für ein Musikprojekt. Solches Verhalten sollte nicht toleriert werden. In Bayern gehe man wesentlich härter gegen Hausbesetzer vor. Oberbürgermeister Bernd Wiegand habe dem damaligen Geschäftsführer der HWG mit Nachdruck die Richtung gewiesen, da sei gar keine Erpressung von Seiten des Hasi nötig gewesen. Das Haus als Stadt Halle zu übernehmen sei extrem nachteilig und mit enormen Kosten verbunden, so Bönisch.
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