Unmut bei Freien Trägern in Sachsen-Anhalt: Land kündigt Rahmenvertrag Eingliederungshilfe (Behinderte / beeinträchtigte Menschen)

Das Sozialministerium des Landes Sachsen-Anhalt hat kurzfristig und überraschend bekannt gegeben, dass der im August 2019 unterschriebene Landesrahmenvertrag zur Regelung von Leistungen der Eingliederungshilfe zum 31. Dezember 2024 schriftlich gekündigt wird. Diese Kündigung erfolgt einseitig. Der Vertrag regelt die Leistungen und deren Vergütung, die von gemeinnützigen Wohlfahrtseinrichtungen und anderen Hilfeeinrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen erbracht werden. Mit diesen sozialen Dienstleistungen werden gesetzliche Ansprüche erfüllt.
Dazu Antje Ludwig, Vorstandsvorsitzende der LIGA der Wohlfahrtsverbände:
„Diese Vertragskündigung stellt die verbrieften Ziele der Landesregierung für bessere Chancen und mehr Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen infrage. Sie ist auch deshalb unverständlich, weil zuletzt zwischen den beteiligten Akteuren eine gute Gesprächsebene in den Verhandlungsgremien gefunden wurde.“
Diese Kündigung hätte weitreichende Auswirkungen auf die Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe der Menschen mit Beeinträchtigungen.
So erwarten die LIGA-Verbände große Verwerfungen bei den Hilfeleistungen in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe, da nunmehr offen bleibt, in welchem Rahmen sie ab dem 01.01.2025 ihre Arbeit erbringen müssten. Die Nachteile für die direkt Betroffenen, deren Angehörige und Betreuungspersonen sind kaum abzusehen. Betroffen sind u.a. integrative Kindertageseinrichtungen, ambulante Unterstützungsleistungen und Wohnangebote.
Welche Angebote werden zukünftig bereitgestellt? Welche Leistungen können und sollen überhaupt angeboten werden? Wie ist diese Entscheidung mit dem gesetzlich verankerten Ziel der besseren Teilhabe vereinbar?
„Es geht hier nicht nur um die Kündigung eines Vertrages, an dem mehr als sechs Jahre intensiv gearbeitet wurde. Es geht hier um ein staatliches und gemeinschaftliches Versprechen, das die Inklusion und die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen als Menschenrecht beschreibt.“, so Ludwig abschließend.
Geschlossen fordert der Vorstand der LIGA die Landesregierung auf, die Kündigung zurückzunehmen und sich zeitnah an den Verhandlungstisch zu begeben und die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes auf Landesebene im Sinne der Menschen mit Beeinträchtigungen weiter voranzubringen.
Hintergrund
Während Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 ratifiziert hat, sind Jahre vergangen, bis es auf Bundesebene 2016 zu einer Einigung für ein Gesetz zur Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gekommen ist – das Bundesteilhabegesetz (BTHG).
Die Umsetzung dieses BTHG sollte wiederum in vier Reformstufen erfolgen, wobei die dritte Reformstufe mit der Herauslösung der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe in das neunte Sozialgesetzbuch der wichtigste Schritt war. Alle Bundesländer standen mit diesen sozialgesetzlichen Änderungen vor großen Herausforderungen, einen neuen Landesrahmenvertrag zu verhandeln, der eine personenzentrierte Leistung in den Vordergrund rückt und das damalige Fürsorgesystem ablöst.
Das Land Sachsen-Anhalt hat es im August 2019 als eines der ersten Bundesländer geschafft, zusammen mit den Leistungserbringer-Verbänden einen gemeinsamen neuen Landesrahmenvertrag zu verhandeln, der den Menschen mit Beeinträchtigungen und dessen individuelle Bedürfnisse in den Vordergrund rückt und eine bedarfsgerechte Leistungserbringung ermöglichen soll. Allerdings sind bis zur tatsächlichen Umsetzung dieser neuen Regelungen noch weitere Hürden zu nehmen, die viel Zeit bedürfen, weshalb Menschen mit Beeinträchtigungen nach wie vor darauf warten, dass sie endlich eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erfahren.
Trotz aller Krisen war das Land Sachsen-Anhalt mit dem neuen Landesrahmenvertrag ein Vorreiter im Bundesvergleich und sollte diesen Anspruch nicht aufs Spiel setzen.
Unter dem Dach der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt e. V. sind alle gemeinnützigen Spitzenverbände sozialer Arbeit im Land organisiert: die AWO, die CARITAS, der PARITÄTISCHE, das DRK, die DIAKONIE und der Landesverband Jüdischer Gemeinden. Die Einrichtungen der Verbände unterstützen Kinder, Jugendliche und Familien, organisieren soziale Hilfen, Gesundheitshilfe und helfen Not leidenden und gefährdeten Menschen. Die Verbände repräsentieren ca. 30.000 ehrenamtliche sowie über 65.000 hauptamtliche Mitarbeitende in mehr als 3.600 sozialen Diensten und Einrichtungen.
Und nun? Hat das Land Alternativen angeboten? Ich fürchte, dass das nicht der Fall ist. Sollen Menschen mit Behinderung als Sozialhilfeempfänger abgestempelt werden? Geht es wieder um Sparmaßnahmen auf dem Rücken derer, die nicht so eine große Lobby haben? wer ist wie immer dabei? Die FDP…
Viel Erfolg den Verbänden!
„wer ist wie immer dabei? Die FDP…“
Nachfragen,
in diesen Zeiten muss mit den vorhandenen finanziellen Mitteln sorgsam gewirtschaftet werden. Das ist im Sinne des arbeitenden Steuerzahlers, deshalb engagiert sich die FDP auch entsprechend.
„Viel Erfolg den Verbänden!“
Es wird einen neuen Rahmenvertrag geben, allerdings mit finanziellen Anpassungen. Organisationen wie die Caritas, AWO usw. haben in den letzten Jahren sehr üppige Zahlungen erhalten, die im Jahr 2024 auf Grund der wirtschaftlichen Lage nicht mehr zeitgemäß sind.
Die meisten Kosten sind Personalkosten. Ist in der freien Hilfe normal. Guck z.B. mal in der stationären Jugendhilfe. Der größte Posten für einen Heimplatz nimmt der Punkt „personalkosten“ ein. Weiß man, wenn man sich etwas mit der Materie beschäftigt. Das ist auch gut so, schließlich muss gute Arbeit auch entsprechend entlohnt werden. Verzichtest du etwa auf dein Gehalt nur weil das Land klamm ist?
„Trotz aller Krisen war das Land Sachsen-Anhalt mit dem neuen Landesrahmenvertrag ein Vorreiter im Bundesvergleich und sollte diesen Anspruch nicht aufs Spiel setzen.“
Was sollte denn das für ein „Anspruch“ überhaupt sein? Das ist doch überhebliches Gerede ohne jeglichen Mehrwert.
„Geschlossen fordert der Vorstand der LIGA die Landesregierung auf, die Kündigung zurückzunehmen und sich zeitnah an den Verhandlungstisch zu begeben“
Eine solche Forderung ist einfach nur realitätsfern. Die Träger haben erst einmal gar nichts zu fordern. Es wird meines Wissens ab dem 01.01.2025 wieder einen neuen Rahmenvertrag geben, jedoch zu anderen Konditionen, was auch gut so ist. AWO, Caritas und Co machen sich mit dem bisherigen Rahmenvertrag ein schönes Leben auf Kosten des Steuerzahlers, was in Zukunft nicht mehr so möglich sein wird. Von daher ist die Kündigung durch die Landesregierung nur zu begrüßen.
…, dass sich die genannten Hilfsorganisationen „ein schönes Leben auf Kosten des Steuerzahlers“ organisieren. Geahnt haben wir es ja schon immer, aber gut das sie es gibt, die „Aufklärer“ mit FDP-Parteibuch.
Arroganter und dümmer geht es nicht mehr. Sei du doch einfach froh, dass du vom wahren Leben keine Ahnung hast. Was meinst du denn, was die MA der freien Träger leisten? Im Gegensatz zu dir arbeiten diese tagtäglich, betreuen Menschen, versorgen diese. Diese Leistung muss angemessen bezahlt werden. Und nein: ich rede jetzt nicht von Pflege oder Krankenversorgung. Wenn du tatsächlich Mitmenschen hättest, so wüsstest du dieses. So hast du nur deine FDP und kennst von dort keine Gesichter, da du nur am Stiefel lecken oder A*** kriechen bist.
Und das meinte ich mit „Menschen diffamieren“! Du behauptest einfach mal, die Menschen hinter der AWO, Caritas usw. machen sich ein schönes Leben ohne Leistung. Einfach nur dämlich.
Du hast leider keine Ahnung. Das ist sehr schade. Bevor du weiter kommentierst, beschäftige dich bitte dem Rahmenvertrag nach Paragraph 75 SGB IX und dem Inhalt. Weiterhin informierst du dich über die vergütungsrechtlichen Leistungen und was dafür zugrunde gelegt wird. Im besten Fall vergleichst du im Länderranking, wo Sachsen-Anhalt im Bereich des SGB IX steht und dann ist eine Diskussion auf Augenhöhe möglich. Vorher kommt doch nur Inhaltsfernes.
Dieses Aufzählen von Paragraphen soll doch nur dazu dienen, die völlig überzogenen Forderungen der freien Träger zu relativieren, damit auch zukünftig der Steuerzahler abgezockt werden kann. Zum Glück macht die jetzige Landesregierung das nicht mehr mit.
Na es geht doch um die Arbeit mit den Menschen mit Beeinträchtigung.Ein schönes Leben machen ist doch weit von der Realität entfernt. Eine abrupte Kündigung der Vereinbarung ist verantwortungslos
Man muss vielleicht zuerst mal feststellen, dass die zwei Ministerien, die das am ehesten mit zu verantworten haben, nämlich Sozial- und Finanzministerium, von Politikern der SPD und CDU geführt werden. Auch wenn die FDP mitregiert. Übrigens die SPD, die behauptet Inklusionspartei zu sein hat aktuell das Sozialministerium inne.
Mithin hat sich das Land verpflichtet die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung umzusetzen. Das kann nur mit den Verbänden passieren, die sich hier angeblich ein so schönes Leben machen. Menschen die Menschen unterstützen kosten Geld, nicht weil sie alle Porsche fahren wollen, sondern weil auch sie Miete zahlen müssen und betroffen sind von Inflation. Und weiterhin ist klar: Menschen, die im sozialen Bereich arbeiten verdienen in der Regel weniger, haben belastendere Arbeitsbedingungen (bspw. Schichtdienst, kurzfristige Übernahme von Diensten usw.). Dennoch arbeiten diese Menschen i.d.R 40 bzw. 39 Stunden die Woche (keine 35 wie in der Metallindustrie oder 37 wie in der textile Branche oder mit hoher Wahrscheinlichkeit demnächst viele bei der Deutschen Bahn mit 35 stunden). Ich gönne es jedem, aber Menschen, die im sozialen Bereich tätig sind, gönnt man meist nicht die Butter auf dem Brot. Und dann jammert man zeitgleich über den Fachkräfte und Arbeitskräftemangel in diesem Bereich.
Übrigens betrifft die Kündigung der Vertrages in erster Linie das Verhältnis von Land zu den Trägern, jedoch damit auch ganz unmittelbar die Menschen mit Beeinträchtigung, weil diese sich nun ebenfalls in einer ungewissen Situation befinden und nicht absehen können, welche Leistungen sie 2025 noch erhalten werden mit welchem Umfang. Aber alle die gegen die Verbände schießen können da beruhigt sein: Während also das Land für Unsicherheiten sorgt, weil es einseitig einen lange verhandelten Vertrag kündigt, werden die Verbände und Mitarbeiter/innen die Menschen mit Beeinträchtigung nicht alleine lassen, weil sie menschlich sind, weil sie Werte haben, die manch anderen vielleicht fehlen mag.
Ein langer Beitrag, der aber den Kern trifft. Und es ist einfach zum ko***, dass die Arbeit mit (behinderten) Menschen und die Entlohnung derart verteidigt werden muss. Ich könnte diese Arbeit nicht machen und ziehe den Hut davor. Bin darüber dankbar für das Engagement dieser Mitarbeiter, die sich trotz prekärer Bedingungen darauf einlassen.
Aussagen wie die von PaulusHallenser sprechen zwar eine andere Sprache und erinnern an eine üble Zeit in Deutschland, sind aber eine Minderheit.
„Mithin hat sich das Land verpflichtet die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung umzusetzen. Das kann nur mit den Verbänden passieren“
Mensch,
selbstverständlich geht so etwas auch ohne solche Verbände, denn die haben kein Monopol auf Unterstützung behinderter Menschen.
„Menschen die Menschen unterstützen kosten Geld“
Das ist richtig und wird auch von der Landesregierung nicht bestritten.
„nicht weil sie alle Porsche fahren wollen“
Wenn man sich mal die Gehälter der AWO-Geschäftsführer so anschaut, kommt das mit dem Porsche schon hin.
„Und weiterhin ist klar: Menschen, die im sozialen Bereich arbeiten verdienen in der Regel weniger“
Das ist eine unbewiesene Behauptung, die sich durch die Tarifverträge bei AWO, Caritas sofort widerlegen lässt.
„Dennoch arbeiten diese Menschen i.d.R 40 bzw. 39 Stunden die Woche (keine 35 wie in der Metallindustrie oder 37 wie in der textile Branche oder mit hoher Wahrscheinlichkeit demnächst viele bei der Deutschen Bahn mit 35 stunden).“
Keine Unwahrheiten bitte. Die Metallbranche hat im IG-Metall-Bezirk Sachsen-Anhalt eine 38-40-Stunden-Woche. Und wahrscheinlich demnächst bei der Bahn sein soll, ist ja wohl völlig substanzlos. Außerdem wird niemand gezwungen, 40 Stunden die Woche zu arbeiten, denn das macht jeder AN freiwillig.
Es wird auch in Zukunft einen Rahmenvertrag geben, denn die sachsen-anhaltische Landesregierung lässt Behinderte nicht im Stich. Nur muss halt in Zukunft auch Leistung für das Geld geliefert werden, das die Landesregierung an die freien Träger zahlt.
Es ist einfach nicht zu glauben, was du einerseits für Lügen verbreitest und anderseits für scheinheiliges Gewäsch von dir gibst. Irgendwo anders hast du behauptet, die „Gesellschaft“ habe sich um behinderte Menschen zu kümmern. macht das „die Gesellschaft“ in Form von freien Trägern (weil es keine staatlichen gibt), dann sprichst du denen die Arbeitsleistung ab und behauptest, die sollen erst mal für das Geld arbeiten. Was haben dir die behinderten Menschen getan? hat dich mal einer schief angeguckt? Hat mal einer nicht schnell genug Platz gemacht? Was haben dir die Mitarbeiter getan?Hat sich etwa mal einer mit Rollstuhl in dein geheiligtes Viertel gewagt?
„Selbstverständlich“ geht das ohne Verbände? wer macht die Behindertenhilfe? Wer leistet praktische Kinder- und Jugendhilfe? wer leistet praktische Sozialhilfe? Ich denke, du hättest studiert? Oder war das auch wieder nur eine Lüge?
Die tarifverträge von Caritas und Diakonie sind ein Schmarrn, Nicht umsonst läuft das, auch rechtlich, unter „dritter Weg“. Da ist noch so viel zu tun, um das mal in geregelte Bahnen ohne Sonderwege zu bringen.
Und seltsam, mein Kollege im Bau, kein GF bei AWO oder so, fuhr auch einen Posrsche, erspart. Geht also auch anders…
Klagt vor den Gerichten. Solange da was hängig ist wird der Ausgang offen sein. Und bitte , klagt viel. Sozialgerichte sind offenbar nicht ausgelastet, was man aber ändern kann…
Frodo,
Sie haben offenbar nicht verstanden, dass die Verträge mit den freien Trägern selbstverständlich Kündigungsklauseln enthalten. Davon macht die Landesregierung Gebrauch, daran ändern auch irgendwelche Sozialgerichte nichts.
Mich wundert das kaum. Das war keine große Überraschung. Ein bisschen Realismus kann nie schaden… .