Zirkus Klatschmohn am Rossplatz muss abbauen

Seit Jahren steht ein Zirkuszelt auf dem Roßplatz. Doch bis Montag muss es weg. Eine Verfügung der Stadtverwaltung fordert bis zum 18. Juni die Entfernung.
Für den Verein Zentrum für Zirkus und bewegtes Lernen und seinen Kinderzirkus Klatschmohn ist die Entscheidung überraschend, habe man doch Zusagen von der Stadtverwaltung erhalten. Doch der jetzige Schritt ist wohl insbesondere auf das hartnäckige Bohren von Werner Misch (CDU) zurückzuführen. Der hat auf die Landesbauordnung verwiesen, wonach es sich bei einem Zelt um einen „fliegenden Bau“ handele. Und dieser dürfe nur zeitweilig an einem Standort sein. Das war auch zumindest in den Jahren 2012 bis 2016 so, als das Zelt in den Wintermonaten abgebaut wurde. Doch seit dem steht das Zelt durchgängig da. Für Werner Misch eine „illegale Nutzung“.
Der Zirkus-Verein möchte gern dauerhaft am Standort bleiben. Eine entsprechende Anfrage musste aber negativ beschieden werden. Denn es handelt sich beim Roßplatz um kein Baugrundstück, weshalb momentan ein dauerhafter Bau nicht möglich ist. Zwar bereitet die Stadtverwaltung nach Angaben von Baudezernent Uwe Stäglin einen Bebauungsplan vor. Doch die Aufstellung wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, wohl mindestens ein dreiviertel Jahr.
Eine von Wolfgang Aldag (Grüne) im Ordnungsausschuss angeregte Aussetzung der Abbauverfügung bis zum Vorliegen des Bebauungsplans lehnt Oberbürgermeister Bernd Wiegand ab. Den jetzigen radikalen Schritt begründet die Stadtverwaltung mit versicherungsrechtlichen Fragen. Die eingereichten Unterlagen würden nicht ausreichen. Das sieht der Verein anders. Man vermutet dort im Vorgehen der Verwaltung eher einen Kniff, den Zirkus dauerhaft loszuwerden. Denn der verfügte Abbau trifft den Verein inmitten laufender Projekte. Aldag bemängelte eine Kurzfristigkeit. Dies sah Baudezernent Uwe Stäglin anders. Denn die Nutzungsuntersagung sei am 18. Mai erfolgt, der Verein habe also eine Frist von einem Monat bekommen. In dieser Zeit hätten ja noch fehlende Unterlagen eingereicht werden können, das sei aber nicht erfolgt. Und Werner Misch verteidigt das Vorgehen: „jeder Betreiber muss sich an Rechtsnormen halten“, sagte er. Einen Straßendieb lasse man ja auch nicht laufen, weil er das Geld raubt, um eine arme Rentnerin zu unterstützen.
Zwar wurde dem Verein durch die Stadt ein Übergangsdomizil auf der Peißnitz im Bereich des alten Planetariums angeboten. Doch für Zirkus-Chef Jürgen Wiehl ist das keine Alternative. Zum einen gebe es ja die Gerüchte um einen möglicherweise mit krebserregender Glaswolle kontaminierten Boden – was die Stadtverwaltung zurückgewiesen hatte. Zum anderen gebe es keine direkte Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das sei ungünstig, das auch viele Kinder ab vier Jahren die Angebote wahrnehmen würden. Im vergangenen Jahr habe man mit den Angeboten rund 700 Kinder erreicht.
Im Zirkus Klatschmohn trainieren Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren in regelmäßigen, wöchentlichen Kursen verschiedene Zirkusdisziplinen. Einmal im Jahr geht es dann als Wanderzirkus auf Tournee durch Sachsen-Anhalt, dort zeigen die jungen Zirkusleute ihr Können in einer selbstgestalteten Inszenierung. Unter anderem gibt es auch Shows zum Laternenfest.
Neueste Kommentare