325 Jahre Gründungsprivileg des Kurfürsten: Franckesche Stiftungen in Halle feiern am Dienstag Jubiläum als Ort der Transformation
Das »Chur-Fürstlich-Brandenburgische Privilegium« vom 19. September 1698 ist die Gründungsurkunde der Franckeschen Stiftungen. Darin erteilte Kurfürst Friedrich III. seinem Untertanen August Hermann Francke (1663–1727) die Erlaubnis, ein Waisenhaus zu bauen, Schulen zu betreiben, eine Apotheke, eine Verlagsbuchhandlung sowie eine Druckerei anzulegen und vieles mehr. Das Dokument schuf die rechtliche Grundlage für die Gestaltung der Stiftungen als weltweit wirkendes Reformwerk. Mit seinem »publiquen Werk« schuf Francke die erste öffentlich rechtliche Stiftung. Heute ist der zukunftsweisende Bildungskosmos Franckesche Stiftungen mit den über 40 kulturellen, wissenschaftlichen, sozialen und christlichen Partnereinrichtungen ein lebendiger Ort der Transformation. In einer Social Media- Kampagne #privileg325 laden die Franckeschen Stiftungen ein, mit Zitaten und Interviews den Blick auf unsere Privilegien heute und was jede/r damit bewirken kann, zu lenken. Kulturstaatsministerin Claudia Roth, der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff, und der Bürgermeister der Stadt Halle, Egbert Geier, haben sich bereits daran beteiligt:
325 Jahre Franckesche Stiftungen bedeuten 325 Jahre Einsatz für Gesellschaft und Gemeinwohl: Die vielschichtigen Aktivitäten der Stiftungen, die Kultur, Bildung, Soziales und Wissenschaft miteinander verbinden, beeindrucken bis heute. Ihr Engagement für Kultur, gesellschaftliche Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit hat an Aktualität nicht verloren und ist wichtiger denn je. Daher unterstützt mein Haus die bedeutende Arbeit der Franckeschen Stiftungen mit einer jährlichen institutionellen Förderung. Kulturstaatsministerin Claudia Roth MdB
Die Franckeschen Stiftungen sind für mich ein einzigartiger Ort, an dem Bildung, Kultur und gesellschaftliches Miteinander geschaffen und immer wieder neu belebt werden. Die über dreihundertjährige Geschichte veranschaulicht eindrücklich, dass aus nur »4 Talern und 16 Groschen« ein Ort voller Wissen, vielfältigem Kulturerlebnis und Engagement für unsere Kinder und Jugendlichen werden kann. Zugleich ist in Halle ein Ort entstanden, der internationale Strahlkraft hat – damals wie heute. Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt
August Hermann Franckes Idee der „Bildung für alle“ hat das abendländische Bildungsideal nachhaltig geprägt. Dank ihm hat sich von Halle aus eine unglaubliche gesellschaftliche Transformationskraft entfaltet.
Für mich liegt hierin die große Bedeutung, die die Franckeschen Stiftungen bis heute – und auch in Zukunft – haben: in ihrer Transformationskraft. Wir erleben eine Zeit, die von gewaltigen Herausforderungen und großen Umbrüchen geprägt ist. Unsere Gesellschaft ist im Wandel – und sie braucht Vorbilder und Orientierung, damit dieser Wandel gelingt. Die Stiftungen sind fraglos ein solches Vorbild; sie sind eine Institution, von der Transformation ausgegangen ist und die in den 325 Jahren seit ihrer Gründung selbst Transformation immer wieder erlebt bzw. durchlebt hat. Heute sind sie ein breit aufgestellter Bildungskosmos, der nach wie vor weit über Stadt- und Landesgrenzen hinaus ausstrahlt.
Sie wissen: Der Bund wird bis zum Jahr 2028 in der Stadt Halle (Saale) das „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ errichten. Das Zentrum wird ein Ort, an dem Zukunftsfragen diskutiert und erforscht werden sollen. Entstehen wird es am Riebeckplatz – also nur ein paar hundert Meter entfernt von der historischen Schulstadt. Für mich sind die Franckeschen Stiftungen Vorbild und der ideale Nachbar für das Zukunftszentrum. Egbert Geier, Bürgermeister der Stadt Halle
325 Jahre Franckesche Stiftungen – Ort der Tradition und Transformation
Der Hallesche Pietismus gilt als die wichtigste Reformbewegung nach der Reformation Martin Luthers. Franckes erklärtes Ziel war die Weltveränderung durch Bildung und Erziehung. Seine Waisen- und Bildungsanstalt, die heutigen Franckeschen Stiftungen, entwickelten sich innerhalb weniger Jahrzehnte zu einem der bedeutendsten protestantischen Bildungsstandorte Europas. Von hier erfolgte der Anstoß zu nachhaltigen gesellschaftlichen Transformationsprozessen weit über die Grenzen Europas hinaus: Erstmals eröffnete hier ein innovatives Schulsystem Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft bestmögliche Bildungschancen. Das Realschulwesen in Deutschland mit seinen praxisnahen Ausbildungskonzepten, die moderne Sozialfürsorge, die erste protestantische Mission sowie Millionen deutschsprachige Volksbibeln haben ihren Ausgangspunkt in den Franckeschen Stiftungen.
Die Franckeschen Stiftungen sind heute ein europaweit einzigartiger Bildungskosmos und mehr als ein Museum. Mit historischen Sammlungen in der einzigen, am authentischen Ort vollständig erhaltenen Kunst- und Naturalienkammer und der Historischen Bibliothek, mit Ausstellungen und einem hochkarätigen Kulturprogramm sowie pädagogischen und sozialen Projekten beteiligen sie sich an aktuellen gesellschaftlichen Debatten. Demokratische Bildung, gesellschaftliche Teilhabe und nachhaltiges Handeln werden in wechselnden Beteiligungsformaten mit allen gesellschaftlichen Akteur:innen verhandelt und befördern die aktuellen gesellschaftlichen Transformationsprozesse des beginnenden 21. Jahrhunderts.
Als weltweit einzigartiges Beispiel vormoderner Sozial- und Bildungsarchitektur zählen die Franckeschen Stiftungen heute zu den bedeutendsten Baudenkmälern aus der Zeit um 1700. In buchstäblich letzter Minute konnte das barocke Gesamtensemble nach 1990 gerettet und in einem drei Jahrzehnte währenden Transformationsprozess zu einem zukunftsweisenden kulturellen Bildungskosmos entwickelt werden. »Der erfolgreiche Wiederaufbau der Franckeschen Stiftungen ist ein gelungenes Beispiel für den Aufbau Ost und eine beispielhafte Leistung unserer demokratischen Gesellschaft. Er führt gleichzeitig die Kraftentfaltung aktueller Transformationsprozesse vor Augen«, unterstreicht Stiftungsdirektor Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke. Breite gesellschaftliche Kräfte haben sich über Jahrzehnte hinweg eingebracht. Neben öffentlichen Zuwendungen der EU, des Bundes, des Landes Sachsen-Anhalt und der Stadt Halle wurden über 20 Millionen Euro aus Privathand und von vielfältigen Organisationen wie der Kirche, anderen Stiftungen und vor allem dem Freundeskreis der Franckeschen Stiftungen eingesetzt. Der Wiederaufbau der Franckeschen Stiftungen »bleibt vor allem eine Bürgerbewegung« betonte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (Grußwort für die Francke-Feier 2021.)
#Privileg325
Bereits ab Mitte August ist das Gründungsjubiläum Thema auf den Social Media-Kanälen. Menschen aus den Franckeschen Stiftungen, wichtige Wegbegleiter:innen und Unterstützer:innen in Deutschland und weltweit erzählen, welche Privilegien sie heute für die Gemeinschaft einsetzen und was es für sie bedeutet, mit den Franckeschen Stiftungen verbunden zu sein oder mit den Franckeschen Stiftungen im Alltag zusammen zu arbeiten. Alle sind herzlich eingeladen, sich unter dem #privielg325 an der Aktion zu beteiligen.
Super. 🙂 Jetzt noch die Hochstraße weg und der UNESCO-Weltkulturerbe ist sicher.
Die Hochstraße ist eine wichtige hallesche Verkehrsader, die benötigt wird, auch wenn Ihnen das nicht gefällt. Dazu kommt, dass diese UNESCO-Weltkulturerbe ohnehin völlig überschätzt wird. Als Beispiel dient die Stadt Dresden, die wegen des Baues einer neuen Brücke über die Elbe den UNESCO-Weltkulturerbe-Status verlor, was auf die Stadt keinerlei praktische Auswirkungen hatte.
Die Stadt Dresden hatte nie Weltkulturerbestatus.
Es ist gut so, dass die Zeit der sogenannten Gründungsprivilegien vorbei ist und jeder das aufbauen kann, was er aufbauen will. Aber noch immer gibt es Institutionen wie den halleschen Stadtrat, der den Menschen das Leben vorschreiben will. Ich hoffe, das das wird sich eines Tages ändern, wenn echter Liberalismus existiert und jeder selbst entscheiden kann, was er tun und lassen will.
Beschreib bitte detailliert, wo und wie du dich in deinem Tun eingeschränkt fühlst.
Ein Beispiel sind die Auflagen des halleschen Stadtrates bei großen Bauprojekten, die Bauherren in ihrem Tun einschränken. In Polen und den USA kann ohne Zustimmung Dritter immer das bauen, was man haben will.
Die Frage war an DICH gerichtet.
Wo und wie fühlst DU dich in DEINEM Tun eingeschränkt?
Ein Bauherr eines großen Bauprojekts bist du ganz sicher nicht und wirst es aller Wahrscheinlichkeit nach auch nie sein.
In Polen und den USA kann man längst nicht alles ohne Zustimmung bauen, was man haben will. Allerdings liegt Halle auch nicht in Polen und den USA. Versuch mal, beim Thema zu bleiben. Sonst wird es schwierig.
Es ist nicht Liberalismus, wenn jeder tun und lassen kann, was er will. Das ist Anarchie. Nicht mal diesen kleinen Unterschied hat er drauf.
Es ist auch nicht Anarchie, wenn jeder tun und lassen kann, was er will. Das ist Anomie.
Okay, Danke.
@Paulushallenser:
Aber Du warst schon mal in den Franckeschen Stiftungen?
Ja, mehrfach zu verschiedenen Veranstaltungen. Überall schiefe und krumme Wände, also typische alte Fachwerkhäuser halt, die in der heutigen Zeit eigentlich ihre Daseinsberechtigung verloren haben. Meines Erachtens zeigen die Frankeschen Stiftungen das Dilemma der Stadt Halle auf. Man klammert sich krampfhaft an alte Zeiten, weil man in der Gegenwart nicht viel zu bieten hat. August Hermann Frankes Wirken hatte zu seiner Zeit sicherlich seine Daseinsberechtigung, allerdings halte ich den heutigen Götzenkult um seine Person für deutlich überzogen.
In den Stiftungen findet Gegenwart statt. Dass Du das nicht bemerkt hast!
Und Götzernkult um Francke?
natürlich sind geschmäcker verschieden, aber diese alten und wunderbar sanierten Häuser haben eine Ästhetik, eine Schlichtheit und Würde, die vielen bauten von heute einfach fehlt.
Das Schöne für mich an den Stiftungen: Sie sind offen für alle. Sie gehören irgdendiwe den den Hallenserinnen und Hallensern.
Wohnt im Paulusviertel und spricht abfällig über historische Bausubstanz. 🤦♀️ Das kannste dir echt nicht ausdenken.