9-Euro-Ticket und wie weiter: Linke, Grüne und SPD im Landtag von Sachsen-Anhalt für Billigticket, FDP dagegen

Das 9-Euro-Ticket ist zu Ende. Ein Nachfolgeticket ist zwar im Gespräch. Aber wie genau es aussehen wird, welche Kosten auf die Nutzer zukommen, das steht noch in den Sternen. In einer Landtagsdebatte haben sich Linke. Grüne und SPD für eine Nachfolgelösung ausgesprochen. Die FDP, die in Sachsen-Anhalt auch die Ministerin für das Verkehrsministerium stellt, ist dagegen.
Kathrin Tarricone, verkehrspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt hat sich skeptisch zu einem möglichen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket geäußert. In einer Aktuellen Debatte im Magdeburger Landtag sagte sie am Donnerstag: „Dass ich bei einem 9-Euro-Nachfolgeticket nach wie vor kritisch bin, liegt womöglich daran, dass es mir in meinem Dorf schwer fallen würde, überhaupt jemandem zu erklären, was er oder sie davon hätte. Ich lasse mich da aber von guten Konzepten überzeugen – insbesondere, wenn die auch das Angebot im ländlichen Raum verbessern.“ Weiter sagte sie: „Ja, das 9-Euro-Ticket war ein Erfolg. Weil es ausgesprochen günstig war und weil es die ganzen Unannehmlichkeiten und Absurditäten des ÖPNV-Tarifdschungels umging. Die Züge waren auch in Sachsen-Anhalt manchmal überlastet – meistens aber einfach besser ausgelastet. Familien konnten Ausflüge machen, auf die sie sonst verzichtet hätten. Viele Pendler haben viel Geld gespart. Und sogar der eine oder andere eingefleischte Autofahrer soll mal ausprobiert haben, ob Bus und Bahn nicht doch eine gute Variante sind. Es wurde wohl sogar die Inflation etwas gedämpft, was ja der eigentliche Zweck der Idee war.“ Sie unterstrich jedoch: „Vielen Menschen im ländlichen Raum garantierte das 9-Euro-Ticket überhaupt nichts. Eine ÖPNV-Verbindung, die für die eigenen Bedürfnisse unpraktisch ist, wird dadurch nicht besser, dass sie ausgesprochen billig ist. Und genau dieser Umstand wurde vielen Menschen im Land in den vergangenen drei Monaten immer wieder vor Augen geführt. Das Angebot muss stimmen, das hat das 9-Euro-Ticket noch einmal gezeigt. Da wo das Angebot halbwegs stimmt, spielt der Preis dann durchaus eine Rolle. Das machte eine Fortsetzung zwar nicht zwingend, aber überlegenswert.“
“Das 9€ Ticket hat gezeigt – es geht: Ein Ticket. Bundesweit. Preislich attraktiv, leicht zu erwerben, auch digital und zugleich einfach verständlich”, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Falko Grube. “Das hat gut funktioniert. Das ist unabhängig von der Preisgestaltung eines Nachfolgetickets auf jeden Fall eine dringende Hausaufgabe. Tarifdschungel Adé. Keine Diskussion mehr, welches Ticket wo gilt. Dafür muss es einen Fahrschein geben.“ Grube weiterhin: „Das 9-Euro-Ticket hat in der aktuellen Situation das geliefert, was es sollte: Inflation abgefedert, soziale Teilhabe ermöglicht und preiswerte Mobilität ermöglicht. Deshalb ist es gut, dass es eine Nachfolge für das 9-Euro-Ticket gibt. Weil wir in Zeiten leben, wo gerade Menschen, die weite Pendelwege haben, einen Umstieg ermöglichen und sie von den Kosten für den Arbeitsweg entlasten. Es muss sich auch in Zeiten hoher Energiepreise noch lohnen arbeiten zu gehen und nicht die ganze Kohle für den Arbeitsweg auszugeben. Sachsen-Anhalt ist ein Pendlerland und deshalb ist ein Nachfolgeticket im originären Interesse eines großen Teils der Menschen in Sachsen-Anhalt.“ Grube richtet den Blick allerdings auch auf einen weiteren Aspekt: „Für den Umstieg auf den ÖPNV reicht ein preiswertes Ticket nicht aus. Es braucht ein besseres Angebot. Überfüllte Züge bedeuten: es sind zu wenige oder zu kleine Züge. Für den ländlichen Raum geht das Problem noch weiter. Da geht es nicht um die Verbesserung eines bestehenden Systems, da geht es um den Wiederaufbau eines ÖPNV-Systems. Wir haben viele Menschen keinen Zugang zu einem alltagstauglichen System von Bus und Bahn. Das muss man dringend ändern. Und deshalb darf es bei dem Nachfolgeticket für das 9-Euro-Ticket nicht bleiben. Es darf nicht bei der Fahrpreissubvention bleiben, es braucht auch substantielle Investitionen in Bus und Bahn.“
In der Diskussion um die zukünftige Gestaltung eines günstigen ÖPNV-Tickets betont Kerstin Eisenreich, energiepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE: „Das 9-Euro-Ticket war ein durchschlagender Erfolg, auch wenn die Laufzeit von Juni bis August überwiegend in die Urlaubszeit fiel und damit der Ansatz, den Menschen im Alltag einen Anreiz zum Umstieg auf den ÖPNV zu geben, nur teilweise zum Tragen kam. An dieser Stelle gilt unser besonderer Dank den Fahrer*innen, Zugbegleiter*innen und Ticketverkäufer*innen, die trotz defizitärer Bedingungen, zu wenig Personal, maroder Infrastruktur, veralteten oder defekten Fahrzeuge usw. den Andrang gestemmt haben! Statt zahlloser Verkehrsverbünde mit einem Tarifdschungel, gab es ein Ticket bundesweit im Nahverkehr. So wurde belegt, dass natürlich der Preis von Tickets aber auch die einfache Handhabung entscheidende Gründe für die Nutzung des ÖPNV sind. Damit sorgte das 9-Euro-Ticket für echte Entlastung und leistet zugleich einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Es muss dringend das Mobilitätsangebot flächendeckend und für alle zugänglich und attraktiv ausgebaut werden. Hier besteht nach Jahren des Ausdünnens und auch Rückbaus des ÖPNV der größte Nachholbedarf. Neben der erforderlichen Infrastruktur muss auch in das erforderliche Personal investiert werden. Die Fraktion DIE LINKE hat gefordert, das 9-Euro-Ticket bis zum Jahresende weiterlaufen zu lassen. Ab dem 1. Januar 2023 soll eine bundesweite Anschlussregelung geschaffen werden. Da schlagen wir das 365-Euro-Jahresticket vor. Doch statt einer schnellen Anschlusslösung windet sich die Ampelkoalition, schiebt die Verantwortung auf die Bundesländer. Deutlich wird jedoch mit den Vorschlägen zwischen 49 Euro und 69 Euro eine spürbare Verteuerung. Das werden sich viele Menschen angesichts der aktuellen Preissteigerungen kaum leisten können.“
Die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert Infrastrukturministerin Lydia Hüskens auf, für die Fortführung eines bundesweit einheitlichen Mobilitätstickets zu sorgen. „Der Bund wird sich mit 1,5 Milliarden Euro an der Fortführung des 9-Euro-Tickets in Form eines bundesweit gültigen Nahverkehrstickets beteiligen. Wenn die Länder die gleiche Summe drauflegen, kann ein unter 50 Euro liegendes Ticket finanziert werden. Viele Landesverkehrsministerinnen und Verkehrsminister haben sich bereits für eine Nachfolge des 9-Euro-Tickets ausgesprochen. Ich erwarte von Infrastrukturministerin Hüskens, dass sie sich ebenfalls dafür positioniert und die Finanzierung dafür einplant“, sagte Cornelia Lüddemann, Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion in der heutigen Landtagssitzung.“Mehr öffentlichen Zuspruch und messbare positive Wirkungen habe ich für noch kein anderes politisches Projekt erlebt. Es ist sozialpolitisch, mobilitätspolitisch und klimapolitisch ein Erfolg. Aber es braucht mehr als günstige Tickets“, machte Lüddemann deutlich. „Der Ausbau des ÖPNV-Angebots in der Fläche ist das A und O für die Mobilitätswende. Hüskens muss sich gegenüber Bundesverkehrsminister Wissing für die verabredete Erhöhung der Bahnausbaumittel (Regionalisierungsmittel) endlich stark machen. Aber der Preis ist anscheinend eben auch ausschlaggebend. Jetzt gibt es die Chance, beides zu vereinen. Das weitere rumdoktern am landesweiten E-Ticketing könnte gespart werden, das Modellprojekt zum 365-Tage-Ticket wäre obsolet. Ein Folgeticket und mehr Geld des Bundes für den Ausbau von Bus und Bahn werden einen großen Fortschritt für Sachsen-Anhalt bringen.“
Ich bin für ein 9,99 Euro-Ticket.
Die FDP wieder dagegen. Wenn sie den Vorteil für ein Ticket ihrem Dorf nicht erklären kann, dann ist Politik nichts für sie. Außerdem muss man auch gönnen können und nicht nur Mitnahmeeffekte haben wollen. Es ist doch schon ein enormer Vorteil, eine Fahrkarte für alle Busse und Bahnen.
Die FDP ist zurecht dagegen. Der Betrag sollte zumindest annähernd die Kosten decken. Denn die Differenz zahlen die Steuerzahler, und dabei auch diejenigen, die davon gar nichts haben. Es profitiert nur die städtische Bevölkerung, Was etwas wert ist darf nicht nur sondern muss auch einen Preis haben. Aber eine einheitliche Gültigkeit im Bundesgebiet ist eine gute Sache – zu einem realistischen Preis Sonst endets wie im kuban. Nahverkehr ….
Mal eben nur schnelle aber unrealistische, nicht marktgerechte Vorteile sehen führt langfristig in die ökonom. Katastrophe.
Wenn der Betrag die Kosten deckeln sollte (und die Kosten werden angesichts des zwingenden Ausbaus des ÖPNV wohl stark ansteigen), so wären Fahrscheine unbezahlbar und somit wieder unattraktiv. Schon heute wird der ÖPNV zu einem Großteil über Subventionen finanziert, eben weil öffentliche Daseinsvorsorge nicht gewinnbringend sein kann und sollte. Selbstverständlich muss das Angebot auch so ausgebaut werden, dass Menschen auf dem Land von einem solchen Ticket profitieren würden, allerdings kann kurzfristig gesehen nicht jeder von jeder politischen Entscheidung profitieren.
Der Preis eines PKW-Parkplatzes muss nicht unbedingt den Preis eines Atombunkers https://www.merkur.de/bayern/ukraine-krieg-putin-oberbayer-luftschutzbunker-angebot-plaetze-14900-bayern-91744240.html erreichen, aber doch einen realistischen Wert. Dann wäre auch Geld für den Ausbau des ÖPNV vorhanden.
Das war und ist aber nicht der eigentliche Sinn des 9€-Tickets. Dies ist wieder mal ein Beispiel für induzierten Verkehr. Leute fahren einfach, weil es billig ist, nicht weil es notwendig oder sinnvoll ist.
Es wollen gerade im Sommer nicht alle wie du im Kämmerlein hocken und sich nur Bilder im Internet angucken.
Ich finde die Position der FDP richtig.
Wer mit dem ÖPNV fahren will, der muss auch dafür zahlen. Die ganzen Subventionen wie das 9-Euro-Ticket gehören abgeschafft und der Steuerzahler entlastet. Die Freibierpolitik in Deutschland verhindert wichtige Investitionen.
Wofür steht das Ö in ÖPNV deiner Meinung nach?
Wird der Steuerzahler durch das 9€-Ticket nicht entlastet?
Du bist auch so dämlich wie du aussiehst oder?
Der Strom kommt aus der Steckdose und das 9 Euro Ticket kommt vom Osterhasen!
Natürlich bezahlt der Steuerzahler das 9 Euro Ticket, wer denn sonst? Scholz? rofl
Kaum Autoverkehr eingespart, unter 5%, mehr Freizeitverkehr generiert! Folgt, dafür war das Ticket nicht gedacht.
Die Vereinfachung ist der eigentliche Segen, nicht der Preis. Der Preis brachte die Masse, die Vereinfachung machte es für Pendler zu den Arbeitstätten, Berufsschule, Stundenten attraktiv.
Die Massenausflüge der Rentner und Berufslosen wurde durch den Preis gepusht.
Wenn man ein preislich sinnvolle Lösung findet, welche bei Berufstätigen auch noch in der Steuer Berücksichtigung findet, bei Studenten im Semesterbeitrag und bei Berufsschülern durch die Lehrbetriebe gestützt werden können, dann funktioniert auch ein 59,- oder 69,- Euro Ticket.
Es macht keinen Sinn, Gelegenheitsfahrer zu erreichen, sondern jene, welche langfristig auf ein Auto verzichten würden, wenn es eine langfristige Lösung gibt.
Alle anderen sollen sich an ihren ÖPNV wenden, wenn diese mal eben billig durch die Stadt wollen. Dies sollte auch immer kommunale Aufgabe bleiben!
Ähnlich bei ALGII, wer nicht in ein Steuersystem einzahlt, kann nicht nur profitieren, sondern muss sich bemühen in dieses System wieder eintreten zu können, um z.B. diese Dienste des staates nutzen zu dürfen.
ALGII sollten im städtischen bzw. regionalen Verkehr unterstützt werden, aber nicht im überregionalen Verkehr.
Tolle Geschichte.
Hast du dir mal in letzter Zeit die Preise bei der Havag angeschaut? Ich glaub nicht! Ohne Abo und andere Vergünstigungen kostet die Monatskarte 72,10€ für Halle. Wenn die Havag die Monatskarte etwas günstiger machen würde wär das schon gut. Aber nein es wurden auch dieses Jahr wieder mal die Preise erhöht. Und die Havag wird damit nicht aufhören jedes Jahr teurer zu werden.
Du wirst es vlt nicht glauben wollen, aber auch die anderen Mitgliedsunternehmen im Mitteldeutschen Verkehrsverbund haben ihre Preise angehoben. In Leipzig beispielsweise kostet die Fahrkarte 3€. Jetzt bist du sicher maßlos erstaunt, wie andere es auch wagen können, jedes Jahr teurer zu werden…
Ansatt dagegen zu sein, sollte sich Kathrin Tarricone, verkehrspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt, mal dahingehend einbringen und vehement fordern, daß die ÖPNV-Anbindung der von ihr bemängelten Randorte verbessert wird. Da könnte sie echt was Bleibendes beitragen, an Stelle von verhinderungspolitik „das geht nicht“. Und nein, es fehlt nicht am Geld, solange auch Abgeordnete in MD und anderswo fürstlich für ihre Volksvertretertätigkeit bezahlt und pensioniert werden. Auch einige andere lukrative Direktorenposten und -pöstchen zählen noch dazu. Einsparungs- und Abschöpfungspotential gibt es in Menge. Die FDP sollte das dann mal in ihrer Klientel durchsetzen .