Ablehnung der Moria-Flüchtlings-Antrags: Karamba Diaby verteidigt die Entscheidung und nennt Antrag „Symbolpolitik“
Am Freitag hat der Bundestag Anträge von Linken und Grünen zur Aufnahmen der Flüchtlinge aus den griechischen Lagern in Deutschland abgelehnt. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby aus Halle hat die Anträge abgelehnt und verteidigt sein Abstimmungsverhalten.
„Unser Auftrag als Regierungsfraktion ist es nicht, symbolpolitischen Oppositionsanträgen zustimmen“, erklärt Diaby. Die Anträge würden effektiv gar nichts verbessern. Stattdessen wolle man konkrete Lösungen entwickeln.
Die komplette Erklärung:
Die Zustände auf Lesbos und den anderen griechischen Inseln sind bereits seit langem katastrophal und unerträglich. Durch die verheerenden Brände im Flüchtlingscamp Moria hat sich die Lage nochmals massiv verschlechtert. Rund 13.000 Menschen haben nun auch noch ihr letztes Dach über dem Kopf verloren. Vor diesem Hintergrund haben wir uns mit Erfolg dafür eingesetzt, dass unser Land einen eigenständigen Beitrag humanitärer Hilfe leistet und gleichzeitig die Solidarität der europäischen Gemeinschaft nicht aus der Pflicht entlässt. Wir nehmen nun weitere 150 Kinder und Jugendliche und 1.553 Menschen, hauptsächlich Kinder und ihre Familien, in einem eigenständigen Kontingent auf. Damit nimmt Deutschland nun insgesamt ca. 2.750 Personen aus Griechenland auf und leistet einen wichtigen Beitrag zur spürbaren Entlastung der griechischen Inseln. Dies alles ist auf unsere Initiative und gegen den erheblichen Widerstand des Koalitionspartners zustande gekommen.
Doch damit ist es aus unserer Sicht nicht getan. Wir sehen unsere europäischen Partner weiter mit uns in der Verantwortung. Deshalb werben wir weiter um Unterstützung für die gemeinsame Initiative aufnahmebereiter europäischer Partnerländer. Auf eine europäische Lösung darf man nicht warten, man muss für sie arbeiten. Das tun wir und wollen uns auch weiterhin entsprechend unserer Kraft und Größe beteiligen. Die Aufnahmebereitschaft vieler Bundesländer und Kommunen in Deutschland gilt es jetzt zu nutzen. Unser Ziel bleibt es, dass sich am Ende alle europäischen Mitgliedstaaten in diese Solidarität einbringen. Und wir brauchen eine dauerhafte Lösung und einen ständigen Hilfsmechanismus, sodass wir nicht bei jeder Notlage erst in schwerfällige Verhandlungen darüber treten müssen, wer wieviel Unterstützung leistet.
Für eine grundsätzliche Lösung brauchen wir eine Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik und des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir dazu vor der Sommerpause einen klaren Beschluss mit konkreten Umsetzungsvorschlägen verabschiedet. Wir müssen weg vom Prinzip der Zuständigkeit des Ersteinreisestaates und brauchen eine gerechte und solidarische Verteilung geflüchteter Menschen auf die einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Nur so schaffen wir dauerhaft eine Entlastung der Staaten an den EU-Außengrenzen und somit auch insbesondere Griechenlands. Daran arbeiten wir auf EU-Ebene mit Hochdruck. Die EU-Kommission muss endlich ihre Vorschläge präsentieren und diese fortgesetzte Schande an unseren Außengrenzen beenden. Ein erster Schritt könnte, wie bereits im Frühjahr von uns vorgeschlagen, die Entwicklung eines Pilotmodells für ein gemeinsam betriebenes Asylzentrum unter europäischer Flagge auf den griechischen Inseln sein. Wir lassen nicht nach, bis in Europa europäisches Recht und europäische Werte auch überall durchgesetzt werden. Wir müssen unsere europäische Ratspräsidentschaft nutzen, um die Idee einer solidarischen europäischen Asylpolitik endlich gemeinsam in die Praxis umzusetzen.
Warum ich den Anträgen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trotzdem nicht zustimme, obwohl ich doch für die Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland bin:
Auch mich beschämt und entsetzt das gemeinschaftliche Versagen in Europa. Bei der Abstimmung im Bundestag geht es aber nicht um Symbolpolitik, sondern vielmehr darum, die Aufnahme von Menschen aus Griechenland auch tatsächlich durchzusetzen. Es ist ein Irrglaube, dass die SPDBundestagsfraktion einfach nur den vorliegenden Anträgen zustimmen müsste und schon kämen die Menschen nach Deutschland. Das Gegenteil wäre der Fall: Damit wäre keinem einzigen geflüchteten Menschen in Griechenland geholfen, Deutschland hätte stattdessen zusätzlich eine handfeste Regierungskrise. Im Koalitionsvertrag haben sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf ein einheitliches Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag verständigt. Das ist Grundlage jeder
Koalition. Im Bundestag haben sich zwei Oppositionsparteien dazu entschlossen, über ihren Antrag jeweils namentlich abstimmen zu lassen. Dabei ist von vornherein klar, dass diese keine Mehrheit erhalten werden. Es gibt derzeit keine linke Mehrheit im Deutschen Bundestag. Im Übrigen ist die Kritik der Grünen nicht nachzuvollziehen.
Die Grünen werden ihren eigenen moralischen Maßstäben nicht gerecht, sobald sie selbst in Regierungsverantwortung sind: Im Bund fordern sie die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der durch eine Änderung im Aufenthaltsgesetz den Bundesländern die eigenständige Aufnahme von Geflüchteten auch innerhalb der EU ermöglicht. Im Bundesrat wird heute über einen solchen Gesetzentwurf abgestimmt. Doch wer jetzt denkt, alle Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung würden dem zustimmen, der irrt gewaltig. Hier sieht man einmal mehr die krasse Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Ich weiß, dies ist für die Mitbürgerinnen und Mitbürger nur sehr schwer nachvollziehbar, und auch uns Abgeordneten verlangt eine solche namentliche Abstimmung bei wichtigen Themen und vor allem auch bei humanitären Notlagen sehr viel ab. Zur Regierungsverantwortung in einer Demokratie gehört es aber eben auch, getroffene Vereinbarungen einzuhalten. Unser Auftrag als Regierungsfraktion ist es nicht, symbolpolitischen Oppositionsanträgen zustimmen – was effektiv gar nichts verbessert –, sondern die Möglichkeiten zu nutzen, die uns als an der Regierung beteiligte Fraktion offenstehen und konkrete Lösungen zu entwickeln. Und daran arbeiten wir.










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