Archäologie an der ICE-Trasse: neue Gleise auf alten Wegen

Der Bau der ICE-Strecke zwischen Halle und Erfurt war nicht nur für die Bahn ein Meilenstein, sondern auch für die Archäologen. Immerhin neun Jahre haben sie entlang der Strecke „gebuddelt“. Am Ende standen 400.000 FUndstücke, darunter 1.000 Gräber. Unter dem Titel „Neue Gleise auf alten Wegen“ ist nun ein Zweibänder erschienen. Auf 487 Seiten erfahren die Leser, was die Archäologen alles entdeckt haben. Der Sonderband ist für 29 Euro mit der ISBN 978-3-944507-47-7 erhältlich.
„Wir wussten nicht so recht was uns erwartet“, sagte Reiner Selig von der Deutschen Bahn, als er zu Beginn der Arbeiten von den anstehendenen archäologischen Untersuchungen hörte. „Das war für uns spannend zu sehen, was sich unter der Grasnarbe befindet.“ Selig musste aber auch gestehen, dass das behutsame Graben nicht so ganz ins „Ingenieur-Denken“ reingepasst hat.
Bis zum 150 Mitarbeiter seien im Einsatz gewesen, konnte Grabungsleiter Matthias Becker berichten. Selbst im Winter sei gegraben worden, um den engen Zeitplan nicht zu stören. Da habe man auf beheizte Zelte zurückgegriffen. Entdeckt worden sei beispielsweise ein 300 Meter langer Altweg bei Oechlitz im Saalekreis. Der Weg war in etwa 1.500 vor Christus in Benutzung und verläuft in gleicher Richtung wie die heutige ICE-Trasse. Die parallelen Rinnen zeigen eine Spurweite der damaligen Fuhrwerke von 1.10 bis 1.20m. In diesen Fahrrannen wurden beispielsweise Gewandnadeln, Pfriem und Blechhülsen gefunden, weshalb sich die Entstehungszeit datieren lässt. Teile des Altweges mit Räderspuren prähistorischer Fuhrwerke wurden im Block geborgen und werden im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle ausgestellt.
Ältester Fund sei ein Mammut gewesen, mehrere zehntausend Jahre alt. Sechs- bis siebentausend Jahre alte Wandkeramik wurde entdeckt, zudem Siedlungsreste, Grabstätten und Opferfunde. Ein Highlight ist für die Archäologen auch der spätbronzezeitliche Opferfund von Oberwünsch, einen Bronzehort mit verschiedenen Schmuckgegenständen. Direkt daneben fanden sich menschliche Körperteile eines Mannes, Kopf und Hand. Die Körperteile seien gewaltsam abgetrennt worden, vermutlich mit einem Messer.
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