Begehbare „Camera Obscura“ im Historischen Waisenhaus der Franckeschen Stiftungen nach historischen Quellen wiedereröffnet

Das am weitesten gereiste Objekt der neuen Jahresausstellung der Franckeschen Stiftungen »Total real. Die Entdeckung der Anschaulichkeit« kommt aus Tucson/ Arizona. Es ist eine mit modernsten Mitteln hergestellte Linse für den Nachbau der historischen Camera Obscura vor dem Aufgang zum Altan des Historischen Waisenhauses. Ein Eintrag in August Hermann Franckes (1663–1727) Tagebuch belegt, dass das begehbare Anschauungsobjekt, eine »dunkle Kammer«, im Herbst 1720 vermutlich genau an diesem Ort eingerichtet wurde.
Die Camera Obscura war ein Meilenstein auf dem Weg zur Erfindung der Fotografie. Sie kam als Anschauungsmittel im Schulunterricht zum Einsatz und stand auch den vielen Besuchenden offen. Friedrich Hesekiel erwähnt in seinem Wegweiser für Reisenden: Blicke auf Halle und seine Umgebung […], 1824 (S. 191 und S. 180) die Camera Obscura, die »den ganzen Waisenhof mit allen seinen Gebäuden« reflektiert, als einen der Höhepunkte eines Besuchs in den Franckeschen Stiftungen. Das wichtige optische Instrument, das schon Leonardo da Vinci (1452–1519), Johannes Kepler (1571–1630) oder später Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) für ihre wissenschaftlichen und künstlerischen Arbeiten verwendeten, war also bis in das 19. Jahrhundert hinein auch im Halleschen Waisenhaus eine touristische Attraktion.
Das Herzstück der Installation, deren Aussehen nicht genau überliefert ist, stellte die Kuratoren Tom Gärtig, Dr. Claus Veltmann und Prof. Dr. Holger Zaunstöck vor eine besondere Herausforderung. Auf der Suche nach einer Linse, die dem technischen Stand des 18. Jahrhunderts nahekommt, tauschten sie sich intensiv mit weltweit vernetzten Fachleuten und Enthusiasten für historische astronomische und optische Instrumente aus und lernten schließlich einen führenden Spezialisten in Tucson/Arizona kennen, der am Space Mirror Laboratory an der University of Arizona arbeitet. Dieser erklärte sich bereit, die gesuchte Linse zu schleifen.
Parallel zur Laufzeit der Jahresausstellung wird das begehbare Modell für Besuchende geöffnet sein. Beim Betreten der kleinen Kammer zeigt sich gestochen scharf der Lindenhof mit den Gebäuden und Bäumen auf dem Kopf an der gegenüberliegenden Wand. So konnten die Schüler des 18. Jahrhunderts u.a. »begreifen«, wie das menschliche Auge funktioniert.
Total real. Die Entdeckung der Anschaulichkeit: JAHRESAUSSTELLUNG der Franckeschen Stiftungen 2024, 23. März 2024– 2. Februar 2025, Di–So 10–17 Uhr, Eintritt 8 Euro, erm.5. Euro, bis 18 Jahre frei




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