150 Menschen demonstrieren in Halle gegen die Verschärfung des EU-Asylrechts

Rund 150 Menschen haben sich am Dienstag in Halle (Saale) unter dem Motto “Asyl statt Haft” an einer Demonstration gegen die Verschärfung des EU-Asylrechts beteiligt. Vom Marktplatz aus zogen die Teilnehmer durch die Kleine Ulrichstraße und Geiststraße zum August-Bebel-Platz. Anlass für die Demo ist die Anfang des Monats vom EU-Ministerrat beschlossene Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Diese sieht unter anderem vor, dass Geflüchtete einfacher in sogenannte „sichere Drittstaaten“ abgeschoben werden können. Außerdem soll sie ermöglichen, Geflüchtete an den EU-Außengrenzen in Haft zu nehmen.

Durch die Reform werde es zu noch mehr Abschiebungen Schutzbedürftiger und noch mehr Pushbacks kommen, kritisierte eine Rednerin zu Beginn. “Das Menschenrecht auf Asyl wird systematisch ausgehöhlt.” Asylsuchende würden von Hilfe und Beratung abgeschnitten und fernab jeglicher gesellschaftlicher Kontrolle in den sicheren Tod geschickt. Die EU sei eine Wertegemeinschaft und dürfe diese Werte nicht ausverkaufen. Doch mit der Asylreform grenze die EU ihre eigenen Werte aus. “Was wir aber ausgrenzen müssen, ist die Missachtung von Menschenrechten und nicht Menschen selbst.” Man wolle das Thema Asylpolitik nicht rechten Populisten überlassen. 

Europa weigere sich, eine Lösung zu finden, um Menschen in Not zu helfen, sagte eine Vertreterin der Seebrücke Halle. Im Grundgesetz sei verankert, dass politisch Verfolgte Asyl erhalten. Somit habe das Recht auf Asyl verfassungsrechtlichen Charakter. Zudem habe sich die EU durch das Genfer Abkommen im Jahr 1951 verpflichtet, politischen Flüchtlingen Asyl zu gewähren. Doch dieses Recht sei in den letzten Jahrzehnten schrittweise ausgehöhlt worden. “Eine rassistische Politik konnte immer mehr Raum einnehmen.” Diese rassistische Politik töte Menschen an den EU-Außengrenzen, ermorde sie gar. Durch GEAS sollen Erwachsene und auch Kinder eingesperrt werden, Geflüchtete kommen in Defacto-Haft und können an den EU-Außengrenzen ohne inhaltliche Prüfung abgelehnt werden. Geflüchtete werden in Massencamps eingesperrt, dort gebe es so gut wie keine rechtliche Unterstützung, traumatisierte Menschen seien haftartigen Zuständen ausgesetzt. 

Die Landtagsabgeordnete Henriette Quade (Die Linke) erinnerte zu Beginn an die rassistischen Gewaltexzesse vor 30 Jahren. Und auch heute gebe es wieder eine Zunahme von Angriffen auf Geflüchteten-Unterkünfte. Durch das neue EU-Asylgesetz werde das “Grundrecht auf Asyl und auf menschenwürdige Asylverfahren faktisch abgeschafft”, so Quade. Die Grenzverfahren würden zugleich Haftlager entlang der EU-Außengrenzen bedeuten. “Sie bedeuten Inhaftierung ohne Straftat, Einschränkung von Rechtsschutz und Beratungsmöglichkeiten.” Menschenunwürdige Zustände würden zum neuen Standard der Abschreckung durch die EU. Erst vor zwei Wochen seien hunderte Menschen im Mittelmeer bei ihrer Flucht ertrunken, „[…]weil FRONTEX ihnen über Stunden die Hilfe verweigert hat.” Es gebe Berichte von Überlebenden, dass die griechische Küstenwache das Boot zum Kentern gebracht habe. “Der Tod dieser Menschen ist die unmittelbare Folge der Pushbacks, die mit GEAS nicht verhindert, sondern legalisiert und Kern der Grenzsicherung werden.“ Sie habe sich nicht vorstellen können, dass eine SPD-Innenministerin und eine grüne Außenministerin das realisieren, wovon CSU-Hardliner Söder nur geträumt habe. “Schämt euch.” Die angeblichen Bauchschmerzen dieser Minister würden keinem einzigen Menschen helfen. “Und hört auf, so zu tun, als würde es noch grundlegende Änderungen geben.”

Ein Redner übte Kritik an den Ausländerbehörden. Oft müsse man ewig warten, bis die Anträge bearbeitet werden. Deshalb habe man keine gültigen Papiere, sei gezwungen Schulden zu machen, sei nicht krankenversichert und verliere den Job. “Eine gelungene Integrationspolitik sieht anders aus.” Man erhebe die Stimme gegen die Willkür der Ausländerbehörden und wolle mit Gerechtigkeit und Würde Teil der Gesellschaft werden. Die Ausländerbehörde sei dazu da, Migranten das Leben zur Hölle zu machen. “Ihre Dienstleistungen sind Nötigung, Repression, Angst und Abschiebung.” Die Asylbehörden in Europa seien egoistisch, ignorant und menschenverachtend.