Fragen an die Direktkandidierenden zur #ltwlsa21: die Antworten von Andreas Dose, SPD


- Stellen Sie sich bitte in drei Sätzen kurz vor.
Seit 32 Jahren lebe ich der schönen Saalestadt und setze mich seit meiner Erzieherausbildung für Kinder und Jugendliche aus finanziell schwachen Haushalten ein. Ich bin glücklich verheiratet, gemeinsam haben wir eine 16-jährige Tochter. Als ehrenamtlicher Vorsitzender vom Deutschen Gewerkschaftsbund Stadtverband Halle-Saalekreis kämpfe ich jeden Tag für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
- Nennen Sie bitte jeweils drei Ihrer Stärken und Schwächen.
Stärken:
– Mein Gerechtigkeitssinn
– Meine Hilfsbereitschaft
– Meine Zuverlässigkeit
Schwächen:
– Der Entenbraten meiner Frau
– Manchmal bin ich zu direkt und ehrlich
- Warum soll man Sie wählen?
Mein Wahlkreis liegt mir besonders am Herzen. Für mich ist es wichtig, dass man für die hier lebenden Menschen ein offenes Ohr hat. Ich werde ein Abgeordneter sein, an den jeder herantreten kann, egal ob es Menschen in sozialer Not sind oder Kleinstunternehmer, die um ihre Existenz kämpfen. Auch durch meine tägliche Arbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Lebenssituationen kann ich auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Meine Sicht auf die Dinge, die wichtig sind in unserem Land und in meinem Wahlkreis, ist vollkommen unverklärt. Durch meine Arbeit als Werkstattpädagoge und Gewerkschafter habe ich täglich mit Menschen aus unserer Stadt zu tun, denen der goldene Löffel nicht in die Wiege gelegt wurde. Ich kenne ihre Probleme und Wünsche. Die Bürgerinnen und Bürger sollten mich wählen, wenn sie einen Politiker mit Lebenserfahrung suchen, einen der weiß, wo der Schuh drückt und der gern anpacken will.
- Verkehr
a. Wie muss sich der ÖPNV in Halle und dem Umland entwickeln? (Weiterer Ausbau, Taktverdichtung, ÖPNV kostenlos / 365€-Ticket, bessere Anbindung ländlicher Gebiete)
Wir brauchen bessere Angebote im öffentlichen Verkehr, z. B. das 365-Euro-Ticket mit dem einige Länder schon gute Erfahrungen gemacht haben. Nur wenn Menschen unabhängig von ihrem Einkommen und ihrem Wohnort in großer Zahl auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, kann der Wechsel zum klimafreundlichen Verkehr gelingen. Wichtig ist dafür aber auch eine flächendeckende ÖPNV-Anbindung überall im Land. Keine Region in unserem ländlich geprägten Bundesland darf abgehängt werden.
b. Wie stehen Sie zum Konzept einer autoarmen Altstadt?
Grundsätzlich bin ich für weniger Autos in der halleschen Altstadt, aber so einfach ist es nicht: Händler, Handwerkerinnen und andere Gewerbetreibende dürfen nicht in ihren Geschäften gehindert werden. Eine autoarme Altstadt, die zum Verweilen einlädt, bietet dabei gleichzeitig viele Chancen für den Einzelhandel. Es muss Aufgabe der Stadt sein, an dieser Stelle unermüdlich in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu treten. Auch die Abgeordneten können zum Dialog beitragen.
Hilfreich wären auch deutliche Verschiebungen zugunsten des Radverkehrs. Die Hälfte der Strecken, die mit dem Auto zurückgelegt werden, sind weniger als fünf Kilometer lang. Dafür ist das Fahrrad für viele eine gesunde, umweltfreundliche Alternative.
- Wirtschaft
a. Wie stehen Sie zu einer stärkeren Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle und der damit einhergehenden Zunahme von Flugbewegungen?
Der Flughafen ist als internationales Logistikdrehkreuz wichtig, das hat gerade das letzte Jahr gezeigt. Der Flughafen entwickelt sich immer stärker zu einem bedeutenderen Standortfaktor für die Region. Aber bei einer Zunahme der Flugbewegungen muss auch der Schutz der Bevölkerung beachtet werden. Bei allen Plänen zu einer Erweiterung des Flughafens muss gelten: Der Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger hat Vorrang. Ohne Maßnahmen zum Lärmschutz und Lärmobergrenzen sollte es keine Erweiterung geben. Mit Lärmobergrenzen hat man auch in Frankfurt am Main gute Erfahrungen gemacht, diese Erfahrungen sollten wir auch bei uns in der Region nutzen.
b. Die Erweiterung des Star-Park ist beschlossen. Wie soll sich Halle, in Bezug auf weitere Gewerbeansiedlungen, entwickeln?
Sachsen-Anhalt hat sich in den vergangenen Jahren zu einem attraktiven Standort für Investitionen in Fabriken und Unternehmen entwickelt. Auch in Halle braucht es Ansiedlungen von großen Industrieunternehmen, die Arbeitsplätze schaffen. Halle hat nicht unendlich Platz für solche Ansiedlungen. Dennoch gibt es in der Stadt und insbesondere im Süden Flächen, die genutzt werden können. Diese Brachflächen müssen in einem ersten Schritt wieder ertüchtigt werden. An dieser Stelle hat Sachsen-Anhalt bereits Instrumente zur Verfügung stehen, sie müssen in Halle nur stärker genutzt werden. Die Sanierung von Brachflächen ist aus umwelt- und wirtschaftspolitischer Sicht ein sehr guter Ansatz. Denn mit jeder sanierten Fläche, spart man sich die Versiegelung von neuen Flächen.
- Bildung
a. Die Klassenstärken und Raumkapazitäten kommen vielerorts an die Grenze. Was muss sich hier verbessern und wie kann dies finanziert werden?
Zuallererst brauchen wir eines sehr dringend: Mehr Lehrerinnen und Lehrer. Das schaffen wir durch neue Studienplätze für das Lehramt und die Universitäten müssen mehr Geld in die Hand bekommen, um Personal für die Lehrkräfte-Ausbildung
einzustellen. Gleichzeitig brauchen wir mehr Referendariatsplätze in Sachsen-Anhalt. Und ganz wichtig: Wir müssen verhindern, dass unsere fertig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer von anderen Bundesländern abgeworben werden. Dafür brauchen wir ein sofortiges und professionelles Einstellungsmanagement und mehr Personal beim Landesschulamt. Allen Lehrkräften, die sich im Referendariat befinden, muss ein Einstellungsangebot gemacht werden.
b. Die Corona-Pandemie hat es schonungslos gezeigt: Für die allermeisten Schulen und den Großteil der Lehrenden ist das Internet noch Neuland. Was muss sich hier ändern und wie kann hier eine Verbesserung schnell herbeigeführt werden?
Wir müssen bei der Digitalisierung an den Schulen einen Zahn zulegen. Viele neue junge Lehrerinnen und Lehrer, für die digitales Lernen kein Fremdwort ist, sind eine Voraussetzung. Außerdem braucht es Laptops, Tablets & Co. für die Schulen und Schülerinnen und Schüler. Die Bereitstellung von Lernmitteln, unabhängig vom Einkommen der Eltern, ist ein notwendiger Schritt für die Chancengleichheit. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung braucht es zusätzlich noch Digitalmentoren, die die Schülerinnen und Schüler betreuen.
c. Wie stehen Sie zur Gemeinschaftsschule als Schulform: Soll diese gestärkt werden und weitere dieser Schulen errichtet werden?
Ja, denn Gemeinschaftsschulen sind ein Erfolgsmodell. Kindern und Jugendlichen sollen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die bestmöglichen Bildungschancen gewährleistet werden. Dafür eignen sich Gemeinschaftsschulen ganz besonders: Sie haben sich als sozial gerechte und leistungsstarke Schulform bewiesen. Um erfolgreich längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen, brauchen wir mehr Gemeinschaftsschulen, die insbesondere im ländlichen Raum auch alle Schulabschlüsse bis zum Abitur möglich machen.
d. Immer mehr Kita-Plätze werden benötigt. Wie kann der Ausbau hier vorangetrieben werden und wie stehen sie zur Idee von kostenlosen Kita-Plätzen?
Sachsen-Anhalt ist bundesweit an der Spitze bei der Kita-Betreuungsquote und das soll auch so bleiben. Mit dem Kinderförderungsgesetz haben wir schon viele Eltern entlastet und mehr Fachkräfte in die Kitas gebracht. Im nächsten Schritt wollen wir die Kita komplett beitragsfrei machen. Bildung im frühen Kindesalter muss genauso kostenlos zugänglich sein, wie die Schulbildung. Andere Bundesländer haben damit schon gute Erfahrungen gemacht. Viele Eltern werden dadurch mehr Geld im Portemonnaie haben und Kommunen sowie Träger von Kitas sparen viel Verwaltungsaufwand.
- Klimaschutz
a. Das Land Sachsen-Anhalt erhält in nicht unerheblichem Maße Fördergelder durch dem Kohleausstieg, auch Halle will hiervon profitieren. In welcher Form kann dies geschehen?
Die Stadt Halle hat sich in den vergangenen Jahren einen guten Ruf als Wissenschaftsstandort erarbeitet und ist eine Kulturstadt mit einem großen Angebot an kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen. Die Stadt kann dabei vielfältig von den Geldern des Kohleausstiegs profitieren. So können über die Sanierung von Brachflächen oder Industrie-Immobilien neue Standorte für Gewerbe und Wohnen geschaffen werden. Ebenso sollten die Gelder in die Kofinanzierung von Investitionen in Infrastruktur oder dem Sozialbereich, bspw. dem Breitbandausbau oder der Förderung von Jugendarbeit, genutzt werden. Es gibt viele Ansätze. Wichtig ist, dass die Gelder in Projekte mit einer konkreten Umsetzung fließen und nicht in belanglose Netzwerk- und Kommunikationsprojekte, die keinen nachhaltigen Mehrwert schaffen.
b. Welche Optionen sehen Sie für unser Bundesland, beim Thema Klimaschutz seinen Beitrag zu leisten? Was konkret muss in den nächsten 10 Jahren geschehen?
Sachsen-Anhalt liegt bundesweit an der Spitze bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien: 2019 lag dessen Anteil schon bei knapp 60%. Diesen Weg wollen wir weitergehen, indem wir weiterhin neue Flächen für Windräder ausweisen – ausgenommen sind Wälder oder touristische Gebiete. Öffentliche Gebäude des Landes sollen in Zukunft ausschließlich mit grünem Strom versorgt werden. Außerdem wollen wir den öffentlichen Verkehr massiv ausbauen und für alle bezahlbar machen, damit Bürgerinnen und Bürger guten Gewissens ihr Auto stehen lassen können. Das Ziel muss sein: Mit Bus und Bahn in jedes Dorf. Um die Industrieunternehmen in Sachsen-Anhalt weiterhin sicher mit Energie zu versorgen, brauchen wir nachhaltige Alternativen zur klimaschädlichen Braunkohle.
- Finanzen
a. Mehr als 30 Jahre nach der Deutschen Einheit gibt es in vielen Bereichen immer noch, teils gravierende, Unterschiede. Wie kann zum Beispiel das Lohngefälle endlich ausgeräumt werden?
Sachsen-Anhalt hatte seinen Ruf als Billiglohnland lange genug. Zwar kann die Politik keine Löhne und Gehälter diktieren, aber sie kann mit gutem Beispiel vorangehen. Deswegen ist eines unserer großen Vorhaben ein Tariftreuegesetz. Öffentliche Aufträge des Landes gehen damit nur noch an Unternehmen, die ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlen. Wo es noch keine Tarifverträge gibt, soll ein Mindestlohn von 13 Euro greifen. Gleichzeitig braucht es eine Stärkung der Tarifbindung, um endlich die Angleichung der Löhne und Gehälter an das West-Niveau durchsetzen zu können und eine Landeskampagne zur Gründung von Betriebsräten.
b. Auch in Ballungsgebieten in unserem Land steigen die Mieten kontinuierlich. Was kann hiergegen unternommen werden?
Gerade in größeren Städten brauchen wir wieder sozialen Wohnungsbau, auch gefördert durch das Land. Bei Neubauprojekten sollte eine feste Quote für sozialen Wohnraum festgeschrieben werden. Wichtige Partner gegen überteuerte Mieten sind und bleiben die kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften. Diese
müssen durch die Landespolitik unterstützt werden, kontinuierlich ihren Bestand an Wohnungen und Immobilien zu vergrößern. Keine Kommune sollte ihre Wohnungsunternehmen verkaufen müssen, um ihren Haushalt zu sanieren: Das wollen wir verbieten.
- Asyl / Migration
a. Durch die räumlich konzentrierte Unterbringung von Schutzsuchenden und Migranten entstehen über Jahrzehnte oft Parallelgesellschaften. Wie kann dies in Halle (Saale) / Sachsen-Anhalt verhindert werden?
Erfolgreiche Integration braucht vielfältige Formen der Begegnung und des Kennenlernens und endet nicht mit dem Abschluss eines Sprachkurses. Deswegen wollen wir es vermeiden, Zuwanderungsgruppen in bestimmten Stadtteilen zu konzentrieren. Stattdessen braucht es ein verstärktes Quartiersmanagement, eine Verteilung auf möglichst viele Stadtviertel und natürlich auch günstige Mieten in allen Stadtteilen
b. Wo setzen Sie die Priorität: Integration von Schutzsuchenden in die Gesellschaft oder die Rückführung in die Heimatländer wo diese möglich und zumutbar ist?
Sachsen-Anhalts Bevölkerung schrumpft seit Jahren, die Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte und Auszubildende. Das Land braucht deshalb mehr Zuwanderung, um wirtschaftlich leistungsfähig und kulturell attraktiv zu bleiben. Mit einer Strategie für Zuwanderung und internationale Zusammenarbeit wollen wir dazu beitragen, den Bevölkerungsrückgang abzuschwächen und lebenswerte Dörfer und Städte zu erhalten. Wir stehen zum Recht auf Asyl und zur humanitären Aufnahme in Deutschland. Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, wollen wir offen begegnen und ihnen frühestmöglich Angebote zur Integration in das gesellschaftliche Leben, aber auch in Bildung, Ausbildung und Arbeit geben. Für Straftäter muss Abschiebehaft weiterhin möglich sein.
- Corona-Pandemie
Wir leben in einer Gesellschaft, die von Solidarität geprägt ist. Das bedeutet auf der einen Seite die Rücksicht auf die Menschen, die besonders gefährdet sind bzw. waren. Auf der anderen Seite bedeutet das aber auch, diejenigen ab jetzt besonders zu unterstützen, die die Krise besonders hart getroffen hat. Dazu zählen Geringverdienende, Kinder in sozial benachteiligten Familien und allgemein auch die Jugend. Es ist untragbar und völlig unangemessen, wenn ein Bildungsminister behauptet, dass Schülerinnen und Schüler aus dem halleschen Süden kognitiv nicht in der Lage seien, digitalen Videoformaten zu folgen. Alle Bürgerinnen und Bürger dürfen zurecht erwarten, dass politisch nicht auf sie herabgeschaut wird, sondern, dass Politik ihnen hilft.
- Ihr persönliches Statement: Was ist Ihnen besonders wichtig, welches Thema möchten Sie noch ansprechen?
Kindeswohl steht bei mir an erster Stelle und ganz besonders die Beseitigung der Gründe für Kinder- und Jugendarmut. Hierbei gilt es die kommunale Sozialarbeit weiter zu stärken und auszubauen. Genauso wichtig für meine Arbeit im Landtag wird es sein, darauf zu achten, dass nicht die Armen und Geringverdienenden in unserer Gesellschaft zu den Verlierern der Pandemie gemacht werden. Eine weitere Sparpolitik ist daher die falsche Entscheidung. Investitionen in die Infrastruktur, die Bildung und öffentliche Bereiche sind daher zwingend erforderlich, wenn wir in Zukunft eine solidarische Gesellschaft haben wollen. Das wird nur mit einer starken SPD möglich sein, unabhängig von Koalitionen.
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