Franckesche Stiftungen: 300 Jahre alte Handschriften restauriert
Missionare haben vor rund 300 Jahren von Halle aus die Welt bereist. Ihre Erlebnisse haben sich handschriftlich in Büchern festgehalten. Und sieben dieser Handschriften aus dem Archiv der Franckeschen Stiftungen konnten jetzt dank einer Förderung durch die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) restauriert und erstmals wieder öffentlich zugänglich gemacht werden. Rund 10.000 Euro hat die aufwändige Wiederherstellung gekostet.
Das Papier war stark geschädigt. Teilweise war Feuchtigkeit eingedrungen, die Seiten waren verblockt. Auch Schimmel und Tintenfraß machten den Archivaren zu schaffen. Letztlich wurde nun durch ein Leipziger Restaurationsunternehmen jede einzelne Seite mit einem speziellen Behandlungsverfahren wieder lesbar gemacht. Zunächst folgte eine Trockenreinigung, anschließend wurden die Seiten durch Papierspaltung stabilisiert. Risse wurden geschlossen, Fehlstellen ergänzt. Nun sind die Schriften für Forscher wieder nutzbar, Interessierte können in der digitalisierten Variante unter digital.francke-halle.de blättern. Die Dokumente stammen aus dem Erbe der Dänisch-Halleschen Mission, die ab 1706 von halleschen Missionaren als erste nachhaltige lutherische Mission im südindischen Tranquebar eingerichtet worden war. Der Erhaltungszustand der wertvollen Handschriften hatte bisher eine Nutzung unmöglich gemacht.
„Erste Wahl“ nannte sich die Ausschreibung der Koordinierungsstelle (KEK) und erste Wahl waren auch die vom Studienzentrums August Hermann Francke vorgeschlagenen Handschriften. Alle sieben Dokumente sind der Dänisch-Halleschen Mission im südindischen Tranquebar zuzuordnen. Die frühen religions-, sprach- und naturwissenschaftlichen Studien sind in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts von halleschen Missionaren im heutigen Bundesstaat Tamil Nadu angefertigt und nach Halle gesendet worden. Sie spiegeln in einzigartiger Weise die Vorreiterrolle der halleschen Missionare bei der Erforschung von Alltag, Traditionen, Sprache und Natur in Südindien zu Beginn des 18. Jahrhunderts wider.
Die früheste Handschrift stammt aus dem Jahr 1713. Der hallesche Missionar Bartholomäus Ziegenbalg (1682–1719) beschrieb in der „Genealogie der malabarischen Götter“ die hinduistischen Haupt- und Nebengötter, Propheten, Feste sowie Opferzeremonien. Das bahnbrechende religions- und kulturgeschichtliche Werk hat bis heute nichts von seiner Aktualität verloren. Neben dem Manuskript in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen und einer späteren Abschrift im Archiv des Evangelisch-Lutherischen Missionswerks Leipzig sind die Textfragmente in Halle die einzige noch existierende Originalhandschrift dieser bedeutsamen Untersuchung. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes stand es bisher der Forschung nicht zur Verfügung.
Das Manuskript war 2005 in Halle wiedergefundenen worden. Unsachgemäße Lagerung und ein Wasserschaden hatte die ca. 170 losen Seiten so beeinträchtigt, dass sie im selben Jahr noch am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der Fachhochschule Köln eingehend untersucht wurden. Die ersten sechs Doppelblätter wurden damals für eine Proberestaurierung ausgewählt. Trotz vielfältiger Bemühungen machte erst mehr als zehn Jahre später die Förderung durch die KEK die Rettung dieses einzigartigen Dokuments möglich.
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