Franckesche Stiftungen digitalisieren Salzkothen
Der Ursprung der Realschule liegt in Halle (Saale). Kein geringerer als August Hermann Francke legte den Grundstein. Der hatte die Idee, Kindern Anschauungsunterricht zu bieten und sie auch berufsnah auszubilden. Das Vermächtnis Franckes ist nun digital.
Die Franckeschen Stiftungen haben zwei Modelle der Salzkothen digitalisiert. Die Original-Modelle kamen im Schulunterricht zum Einsatz. Dort wurden die Schüler in der Salzgewinnung unterrichtet, erfuhren aber gleichzeitig etwas über den Aufbau von Fachwerk. 300 Jahre später können die heutigen Schüler und auch alle anderen Interessierten diese Modelle digital erkunden. “Wir wollen, dass sich niemand den Kopf an der Vitrine stößt”, sagt Tom Gärtig, Mitarbeiter im Ausstellungsbüro und Leiter des Digitalisierungsprojekts.
»Der Realienunterricht ist ein bahnbrechendes Charakteristikum der erfolgreichen pädagogischen Konzepte August Hermann Franckes«, unterstreicht Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke, Direktor der Franckeschen Stiftungen und Wiederentdecker der Wunderkammer. Zusammen mit der Historischen Bibliothek, Lehrgärten und den astronomischen Beobachtungen auf dem Altan war sie ein zentraler Baustein der Lehrsammlungen des ehrgeizigen Bildungsprogramms Franckes, das Jungen und Mädchen aus allen sozialen Schichten umfasste. Aus Anlass des 25. Jubiläums der Wiedereröffnung der Kunst- und Naturalienkammer initiierte der Stiftungsdirektor am 13. Oktober 2020 gemeinsam mit dem Teylers Museum in Haarlem (Niederlande) und dem Museum für Anthropologie und Ethnographie – Kunstkamera in St. Petersburg (Russland) die Gründung einer Alliance of Early Universal Museums. Eines der Ziele ist der Austausch über die zeitgemäße Präsentation der für BesucherInnen des 21. Jahrhunderts oft ungewöhnlichen Sammlungen.
Mit der Digitalisierung der beiden Salzkothen-Modelle haben sich die Franckeschen Stiftungen in einem kontrovers diskutierten Feld der Museumspraxis positioniert und die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Objekt in den Mittelpunkt der Strategie gerückt. Die Modelle wurden zu Beginn des 18. Jahrhunderts für den Anschauungsunterricht gefertigt und dienten in den Stiftungsschulen zur Erläuterung des Siedehandwerks. Angesichts der Geschichte der Stadt Halle, die seit ihrer Gründung eng mit der Salzgewinnung verbunden ist, verwundert die Auswahl nicht. In den in Fachwerk ausgeführte Salzsiedehütten, die sich in der Zeit um 1700 auf der alten Thalsaline am heutigen Hallmarkt noch zahlreich um die vier Solebrunnen drängten, gewannen die Salzsieder – Halloren genannt – mühsam das begehrte »weiße Gold«.
Ihre detailgenaue Digitalisierung bot die Chance, den ursprünglichen Sinn und Zweck der Lehrmodelle in zeitgemäßer Form wieder aufgreifen und sie zur Veranschaulichung historischer Siedetechniken virtuell zugänglich machen zu können. Beim dabei eingesetzten 3D-Scan-Verfahren, der Photogrammetrie, wurden die Modelle von allen Seiten unzählige Male fotografiert, um virtuelle Abbilder errechnen zu können, die anschließend aufwendig bearbeitet werden mussten. »Die virtuellen Modelle ersetzen die Originale nicht, sondern sie erweitern die Rezeptionsmöglichkeit.«, fasst Dr. Claus Veltmann, Kustos des Waisenhauses, zusammen. Dafür hat sie der Projektleiter Tom Gärtig auf der Webseite der Franckeschen Stiftungen in eine Digital Story eingebunden.
Die neue Online-Ausstellung »Die Thalsaline – Halle und das Salz um 1700« bettet die 3D-Modelle – bereichert durch Exponate unter anderem aus dem Salinemuseum, dem Stadtarchiv und dem Kunstmuseum Moritzburg – in den kultur- und stadtgeschichtlichen Kontext der Salzgewinnung in der Zeit um 1700 ein. Damals sah sich die Thalsaline mannigfaltigen Umbrüchen und neuer Konkurrenz ausgesetzt, die schließlich ihr langsames Ende einläuteten. Vier kurzweilige Kapitel erzählen von der eigentümlichen Arbeitswelt und den vielen dort tätigen Menschen, aber auch von den neuen brandenburgischen Landesherren, den technischen Errungenschaften und dem Salzverkauf.
Das Digitalisierungsprojekt ist ein bleibender Beitrag der Franckeschen Stiftungen zum stadtweiten Themenjahr 2021 »Halexa, siede Salz! Herkunft trifft Zukunft« und wurde von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Programms »Neustart Kultur« großzügig gefördert.
Doch wie sieht es aus, sind irgendwann einmal alle 3.000 Objekte der Kunst- und Naturalienkammer digital? Durch die haptische Form der Ausstellung sei nicht alles durch Digitalisate zu ersetzen, betont Müller-Bahlke. Zudem sei die Digitalisierung aufwändig. Allein für die beiden Salzkothen hat es ein halbes Jahr gedauert.
https://www.francke-halle.de/de/ausstellungen-online/thalsaline
Ja geil, die bemerken die Ironie gar nicht mal, dass sie Realschule zu einer digitalen Sesselfurzerschule machen, damit „sich niemand den Kopf an der Vitrine stößt“. Am besten, alle bleiben nur noch zu Hause und betrachten die reale Welt durch eine VR-Brille, wie im Film „Surrogates“. Schöne neue Welt. 🤦♀️