Halle verliert Prozess um Rauswurf von Feuerwehrmännern

Zähneknirschen bei Feuerwehr und Stadtverwaltung in Halle (Saale): Das Verwaltungsgericht der Stadt hat einem 24 Jahre alten Feuerwehrmann Recht gegeben, der mit einer Klage vor der 5. Kammer gegen die vom Leiter der Berufsfeuerwehr Halle, Robert Pulz, ausgesprochene Entbindung von Einsatz- und Ausbildungsdienst und gegen ein vom Leiter seiner Ortsfeuerwehr Halle-Passendorf ausgesprochenen Hausverbot vorgegangen war. In beiden Fällen entschied das Gericht, dass die gefällten Anordnungen aus verschiedenen Gründen rechtswidrig sind. Der Feuerwehrmann darf trotz des gegen ihn eingeleiteten Ausschlussverfahrens aus der Feuerwehr Halle weiterhin das Gerätehaus in Neustadt betreten und noch dazu am Dienst teilnehmen. Doch Stadt und Feuerwehr geben sich einmal mehr als schlechte Verlierer: An diesen Gerichtsbeschluss will man sich offenbar nicht halten.
Dem 24-Jährigen wurde am Freitagabend kurzerhand vom Ortswehrleiter schroff mitgeteilt, dass er nicht am für diesen Tag angesetzten Ausbildungsdienst teilnehmen dürfe und das Gelände zu verlassen habe. Der klagende Feuerwehrmann war zu diesem Termin erschienen, um das weitere Vorgehen zur Wiedereingliederung in die Wehr zu besprechen. „Die Stadt ignoriert die Gerichtsentscheidung. Es wird vom Wehrleiter faktisch ein erneutes Hausverbot trotz der Niederlage vor Gericht ausgesprochen. Dagegen werden wir erneut vorgehen“, teilte Rechtsanwalt David Dvořák von der auf Verwaltungsverfahren spezialisierten Kanzlei Kühlborn und Möller aus Halle am Samstag mit. „Trotz einer vom Gericht bestätigten Mitgliedschaft unseres Mandanten in der Freiwilligen Feuerwehr Halle-Passendorf darf dort offenbar der ehrenamtliche Dienst nur von gut gelittenen Leuten versehen werden“, so der Jurist weiter, der dem Passendorfer Wehrleiter und seinem Stellvertreter Führung nach Gutsherrenart vorwirft.
Noch dazu musste sich ein weiterers Mitglied der gleichen Feuerwehr gegen eine Disziplinarmaßnahme der Leitung gegen ihn juristisch zur Wehr setzen. Und auch dabei hat die Stadt Halle (Saale) zurückrudern müssen. Die Wehrleitung hatte den Feuerwehrmann, einer ausgebildeten Führungskraft, vom Dienst suspendiert, ihm kurzer Hand Alarmpieper und Schlüssel abgenommen. Die Einsatzkraft schaltete ebenfalls die Anwaltskanzlei Kühlborn und Möller ein, deren Verwaltungsjuristen in den vergangenen Wochen häufig wegen Unstimmigkeiten in der Freiwillige Feuerwehr Halle-Passendorf aktiv werden mussten. In allen Fällen, die von Hausverboten bis zu durch die Wehrleitung ohne Absprache einbehaltenen Aufwandsentschädigungen für Feuerwehrleute mit Leitungsfunktionen reichen, waren die Anwälte gegen die Stadt erfolgreich. So auch jetzt: Die Stadt zog, nachdem der freiwillige Feuerwehrmann Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht hatte, die Suspendierung zurück und versetzte die Einsatzkraft wieder in den Dienst. Die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe konnten nicht aufrecht gehalten werden. Auch bei dem 24-Jährigen, der nun ebenfalls wieder am Dienst teilnehmen darf, sahen die Richter keine Anhaltspunkte, die derartige Disziplinarmaßnahmen rechtfertigen würden.
Dennoch durfte er seiner Dienstpflicht nicht nachkommen. Zudem bekam die inzwischen ebenfalls erfolgreiche Führungskraft den Schlüssel zum Gerätehaus nicht wieder. Er muss nun bei einem Alarm warten, bis man ihm die Tore aufschließt – ein Vorgang, der erneut für Kopfschütteln sorgt.
Das inzwischen seit Wochen anhaltende juristische Tauziehen rund um die Vorgänge in der Freiwilligen Feuerwehr Halle-Passendorf ist aber noch immer nicht beendet. Das Verwaltungsgericht in Halle muss noch endgültig über die Klage des 24-jährigen Feuerwehrmannes gegen sein Ausschlussverfahren entscheiden. Der Hallenser hatte bereits in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht den Bestand seiner Mitgliedschaft einklagen müssen und fuhr dabei einen von Beobachtern kaum erwarteten Sieg ein. Der Mann war zunächst aus seiner Wehr ausgetreten, hatte dann aber doch einen Rückzieher vom Rückzug gemacht. Die Berufsfeuerwehr um Leiter Robert Pulz als oberster Feuerwehrmann in Halle war jedoch der Meinung, dass die Kündigung sofort bindend war. Das Verwaltungsgericht hatte diese Meinung der Stadt Halle für nichtig erklärt. Doch die Reaktion ähnelte der auf den jüngsten Richterspruch: Noch im Gerichtssaal wurde Feuerwehrmann vom Rechtsamt der Stadt das nun laufende Ausschlussverfahren angedroht, über das erneut Richter entscheiden müssen. Sollte der Feuerwehrmann erneut Erfolg haben, müsste die Stadt auch in diesem Fall für alle entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten aufkommen – wie auch in allen Verfahren in den vergangenen Wochen.
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