Hallescher Stadtrat debattiert über Idee eines Genscher-Denkmals auf dem Marktplatz – kann man sich Denkmäler kaufen?

Ein Denkmal auf dem Marktplatz in Halle (Saale), das an Hans-Dietrich Genscher erinnern soll, beschäftigt derzeit den Stadtrat. Der Antrag der Fraktion FDP / Freie Wähler sieht eine Skulptur des ehemaligen Bundesaußenministers vor – nicht in monumentaler Größe, sondern als Figur auf einer Bank, finanziert aus privaten Spenden. Während die Idee bei vielen Zustimmung findet, wird auch Kritik an Standort, Finanzierung und Auswahl der geehrten Person laut. Eine abschließende Entscheidung steht noch aus – die Debatte geht in den Ausschüssen weiter. Doch zur Einbringung am Mittwoch wurde schon heftig diskutiert.
Ein Denkmal für den „Sohn der Stadt“ – Würdigung aus der Mitte der Gesellschaft
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Andreas Silbersack stellte den Antrag im Stadtrat mit Nachdruck vor. Ziel sei es, dem gebürtigen Hallenser Hans-Dietrich Genscher ein dauerhaftes und sichtbares Zeichen der Anerkennung zu setzen. Genscher sei nicht nur Ehrenbürger von Halle, sondern habe sich mit seinen „unsterblichen Verdiensten um die Deutsche Einheit“ einen festen Platz in der Geschichte gesichert. Die Initiative für ein Denkmal komme laut Silbersack aus der Mitte der Stadtgesellschaft. Es sei an der Zeit, diesem herausragenden Politiker eine angemessene Ehre zu erweisen.
„Deshalb sollten wir als Stadtrat auch ein starkes Zeichen geben“, betonte Silbersack. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass es sich nicht um ein Denkmal in der Größenordnung des Händel-Denkmals handeln solle. Vorgesehen sei eine Bank, auf der die Figur Genschers sitzt – ein Ort, der zur Begegnung und zum Innehalten einlädt. Dieses Format solle auch ein wichtiges Zeichen in die Stadtgesellschaft senden. Die Witwe Genschers, Barbara Genscher, stehe hinter dem Projekt, was Silbersack als wichtigen Aspekt für die Ernsthaftigkeit und Würde des Vorhabens hervorhob.
Diskutiert wurde auch der Standort: Während der FDP-Antrag den Marktplatz in Halle vorsieht, brachte die SPD-Fraktion einen alternativen Vorschlag ein. Man könne sich vorstellen, das Denkmal in der Nähe des geplanten Zukunftszentrums zu errichten. Dieser Ort sei besonders symbolträchtig, da hier Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stadt zusammenkämen, argumentierte Christine Fuhrmann (SPD). Ein Denkmal für Genscher sei für die SPD „ein Zeichen des Respekts und bleibende Erinnerung an seine Verdienste um die Deutsche Einheit und die europäische Verständigung“.
Fuhrmann schlug außerdem vor, einen künstlerischen Wettbewerb zur Gestaltung des Denkmals auszuschreiben. „Ein Wettbewerb, der Genschers Vielschichtigkeit und Wirkung in der Vergangenheit und Gegenwart gerecht wird und zugleich auch an seine Verdienste für die Heimatstadt erinnert“, erklärte sie. Auch wenn Silbersack die Idee eines anderen Standorts „überdenkenswert“ fand, hielt er dagegen: Das Denkmal solle möglichst zeitnah umgesetzt werden – „nicht erst in fünf Jahren“.
Kritik an Person und Finanzierung – Debatte über Erinnerungskultur
Skeptische Stimmen wurden insbesondere von Detlef Wend laut. Er stellte in Frage, ob Hans-Dietrich Genscher tatsächlich die richtige Person für ein Denkmal sei. „Ich glaube, es gibt andere Personen, die mit großem persönlichen Risiko dazu beigetragen haben, dass es eine Wende gegeben hat“, so Wend. Genscher sei hingegen ein Politiker der alten Bundesrepublik gewesen – jemand, der auch „mal schnell die Seiten gewechselt hat, um an der Macht zu bleiben“. In diesem Zusammenhang stellte er provokativ die Frage, ob nicht vielmehr Michail Gorbatschow ein Denkmal verdient hätte, da dieser maßgeblich zur politischen Wende beigetragen habe. Auch den vorgeschlagenen Standort auf dem Marktplatz kritisierte Wend. Genscher sei in Reideburg geboren worden, das erst 1950 ein Stadtteil von Halle wurde. „Da kann man auch in Reideburg ein Denkmal aufstellen“, schlug er vor.
Katja Müller (Die Linke) reagierte deutlich auf Wends Äußerungen. Sie warf ihm vor, mit seiner Wortmeldung bereits vor den Ausschusssitzungen die Person Genschers beschädigt zu haben. Zwar stehe auch Die Linke einem Denkmal grundsätzlich skeptisch gegenüber, jedoch wolle man die Leistungen Genschers nicht pauschal in Frage stellen. Ihre Kritik richtete sich vor allem gegen die geplante Spendenfinanzierung des Projekts. Diese berge die Gefahr, dass sich künftig einzelne Akteure Denkmäler „kaufen“ könnten, während andere ehrenswerte Persönlichkeiten ohne öffentliche Unterstützung blieben. „Dann haben wir auch ein Problem. Weil dann können sich Akteure ihre Denkmäler kaufen“, warnte Müller.
Oberbürgermeister Alexander Vogt stellte sich hinter die Initiative. Die Bereitschaft der Hallenserinnen und Hallenser, ein solches Projekt mit Spenden zu unterstützen, dürfe man nicht abblocken, nur weil für andere Vorhaben kein Geld vorhanden sei. Zudem erinnerte er daran, dass Genscher seit 1991 Ehrenbürger der Stadt sei. Als Hauptverwaltungsbeamter habe er daher auch eine Pflicht, einem solchen Stadtratsvorschlag zuzustimmen. Zur Diskussion um den Standort beim Zukunftszentrum erklärte Vogt, man solle „nicht noch sechs Jahre abwarten“. Er zeigte sich zuversichtlich, dass in den Ausschüssen ein tragfähiger Kompromiss gefunden werde. „Man begrüße ausdrücklich, dass wir hier eine Bank zur Würdigung eines großen Sohns der Stadt, der maßgeblich zur Wiedervereinigung beigetragen hat, auch entsprechend würdigen“, sagte Vogt.
Auch Olaf Schöder (AfD) sprach sich für das Denkmal aus. Er wies den Vorwurf zurück, dass durch die private Finanzierung ein Denkmalkauf stattfinden würde. Diese Einschätzung sei unangebracht und überzogen.
Wer ein Denkmal für Genscher haben will, soll sich privat eines kaufen und Inden Vorgarten stellen.
Bei simplen Namenbennungen sind umfangreiche Anforderungen und Untersuchungen erforderlich. Insbesondere auf die lokale Wirkung wird abgestellt. Welche genau hatte denn Genscher auf Halle? Das er in Prag auf dem Botschaftsbalkon stand, war ja nicht mal sein Verdienst, sondern der des Kanzleramtes und Kohls….
Blödsinn. In Holleben z.B. gibt es eine Ernst-Thälmann-Str. welche Wirkung hatte Thälmann auf Holleben? Welche Wirkung hatte er überhaupt? Abgesehen von der Glorifizierung durch die Kommunisten.
Ja. Rudolf Seiters, um genau zu sein.
Ich finde, Politikern sollte grundsätzlich keine Ehre in Form von Denkmälern oder Namensgebungen im öffentlichen Raum erwiesen werden. Der öffentliche Raum muss möglichst neutral bleiben.
Für mich muss der öffentliche Raum nicht neutral sein. Er darf sogar laut Stellung nehmen. Außerdem geht es in diesem Fall um die Leistungen einer Person für alle Personen.
Ich glaube, er hätte ein Denkmal verdient. Er war einer der letzten wirklich großen FDP Leute, die ich heute vermisse. Er war wirklich ein guter. Beweis: Die beiden Möchtegern Liberalen, die erst seit Guido 18 dabei sind, schweigen, wo sie doch sonst jeden Kleinkram der FDP glorifizieren.
Aber genau die angeblichen „Leistungen einer Person für alle Personen“ sind ja gar nicht so eindeutig und hängen von politischen Präferenzen ab. Und dann noch die Frage, was genau die Leistungen gewesen sein sollen. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, ist keine Leistung. Diese Verklärung irgendwelcher Personen muss aufhören.
Herr Vogt, sie haben die Pflicht, bei Ehrenbürgern Stadtratsanträgen zuzustimmen? Dann mal los! Viel Spaß mit Bismarck. Was für eine dumme Aussage.