Hausarzt und Pflege in Sachsen-Anhalt besser digital vernetzen

Der Austausch zwischen Ärzten und Pflegeeinrichtungen ist oftmals sehr umständlich. Das ist vor allem dann schwierig, wenn Pflegebedürftige krank werden und schnell eine Diagnose nötig ist. Eine digitale Vernetzung könnte das lösen, dafür fehlen allerdings einheitliche Standards. Das Projekt Comm4Care soll das ändern: Arzt und Pflege sollen mit einer standardisierten Plattform digital vernetzt werden, sich so einfacher austauschen und die Versorgung von Pflegebedürftigen verbessern. Für das vom Innovationsfonds der Bundesregierung mit 10 Millionen Euro geförderte Projekt werden jetzt Teilnehmer aus dem Süden Sachsen-Anhalts gesucht.
Wird ein pflegebedürftiger Mensch krank, stellt das Hausarzt und Pflegeeinrichtung vor Herausforderungen. Der Hausarzt benötigt für eine Diagnose Vitalwerte wie Blutdruck, Puls und andere Informationen zum Gesundheitszustand. Doch Hausbesuche sind sehr zeitintensiv, und den Pflegebedürftigen in die Praxis zu bringen ist häufig nicht möglich.
Die wichtigsten Daten schnell per Computer aufzeichnen und dem Hausarzt direkt zusenden? Fehlanzeige. Meist sind noch Brief, Telefon, Fax und viele Gespräche zwischen Arzt und Pflegefachkraft nötig, bis alle Informationen vorliegen.
Das zeigt auch eine Umfrage der Projektpartner von Comm4Care (übersetzt: Kommunikation für die Pflege): „Als regionale Krankenkasse möchten wir in Sachsen-Anhalt die richtigen Bedingungen schaffen, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Wir wollten deshalb wissen, wo die Probleme liegen“, sagt Dr. Silke Nagel, Projektleiterin bei der AOK Sachsen-Anhalt. „In einer Befragung bestätigten uns Hausärzte und Pflegeeinrichtungen: Sie arbeiten mit verschiedenen Systemen, die nicht kompatibel sind, was einen schnellen, elektronischen Austausch umständlich oder unmöglich macht. So vergeht oft viel Zeit, was im Extremfall dazu führt, dass Patienten sicherheitshalber ins Krankenhaus eingewiesen werden, obwohl das eigentlich nicht nötig ist.“
Insbesondere im „Pflegeland Sachsen-Anhalt“ ist das ein Problem. Mit 5.000
Pflegebedürftigen je 100.000 Einwohner liegt das Bundesland heute schon 21 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt – ein Spitzenwert, Tendenz steigend.
In Minuten das schaffen, was früher Stunden gedauert hat
Comm4Care soll deshalb die Kommunikation standardisieren und strukturieren. Im Zentrum steht eine „TelehealthPlattform“ (THP) – ein digitales Portal, auf dem sowohl Hausarzt als auch Pflegefachkraft relevante Daten eintragen und abrufen können, wie zum Beispiel zur Behandlung und Medikation.
„Über ein Tablet kommuniziert die Pflegefachkraft direkt mit dem Hausarzt“, sagt Dr. Jörg Böhme, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, die ebenfalls Projektpartner ist. „Wenn dieser es für geraten hält, können mittels Sensoren aus einem Telemed-Koffer zudem Vitaldaten erfasst und über die THP übermittelt werden. Auch eine assistierte Videosprechstunde mit dem Patienten im Beisein einer Pflegefachkraft ist möglich. Damit kann man in wenigen Minuten das schaffen, was bislang mitunter Stunden dauert.“
Hausärzte und Pflegefachkräfte können so schnell reagieren und über die weitere Behandlung entscheiden. Ungeplante und für Pflegebedürftige meist aufwändige Praxisbesuche sind nicht mehr nötig, was auch dem Hausarzt wertvolle Zeit spart. Das Besondere: Weder Hausarzt noch Pflegeeinrichtung oder Pflegedienst müssen auf ein neues System umstellen. Die Technik wird durch den Projektpartner vitaphone GmbH bereitgestellt und kann ohne großen Aufwand mit der bereits vorhandenen Technik genutzt werden.
Unnötige Krankenhausaufenthalte vermeiden
Einen entscheidenden Vorteil bietet Comm4Care auch bei Pflegebedürftigen mit chronischen Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Parkinson. Mitunter müssen deren Vitalwerte über einen längeren Zeitraum überwacht werden – früher kam dafür nur ein Krankenhausaufenthalt in Frage.
„Ein Krankenhausaufenthalt ist für unsere Bewohner mit enormem Stress verbunden, der sich häufig auch zusätzlich negativ auf die Gesundheit auswirkt“, sagt Angelika Mickley, Leiterin des Altenpflegeheims Riebeckpark in Halle (Saale), das als eines der ersten an Comm4Care teilnehmen wird. „Mit Comm4Care können wir im Pflegeheim ein sogenanntes ‚intensiviertes Monitoring‘ machen und dem Hausarzt regelmäßig Vitaldaten wie Blutzucker, Gewicht oder auch die Reaktion des Patienten auf eine veränderte Medikamentengabe übermitteln. Sogar ein EKG kann die Pflege im Auftrag des Hausarztes schreiben. Alles schnell und direkt via Datenübertragung statt umständlicher Faxe und ohne Krankenhausaufenthalt. Eine enorme Erleichterung für unsere Bewohner und auch für uns.“
Laufzeit von zwei Jahren, Teilnehmer im Süden Sachsen-Anhalts gesucht
Die Projektpartner AOK Sachsen-Anhalt, IKK gesund plus, Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt, vitaphone GmbH, aQua-Institut und das Institut für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wollen in einer Pilotphase bis 30. September 2023 erproben, wie Comm4Care die Versorgung verbessern kann.
Ab sofort suchen sie deshalb Mitstreiter – Hausärzte, vollstationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste in Halle und Dessau-Roßlau sowie den Landkreisen Wittenberg, Saalekreis, Burgenlandkreis, Mansfeld-Südharz und Anhalt-Bitterfeld. „Insgesamt können 8.000 Pflegebedürftige der AOK Sachsen-Anhalt oder der IKK gesund plus, 350 Hausärzte und 350 Pflegeeinrichtungen teilnehmen, die mit uns die Digitalisierung für die Praxis nutzen wollen“, so Projektleiterin Nagel.
Mehr Informationen und Anmeldung unter www.comm4care.de.
Ja die Forderung ist schon sehr gut aber bei dem Internettempo können einen alle Beteiligten schon jetzt leid tun
Die Digitalisierung dürfte kaum einen praktischen Nutzen bringen.
Ärzte machen kaum Hausbesuche in Heimen , da die Honorierung geringer ist , als allein die Anfahrt , die ein Handwerker berechnet. Da hilft auch eine IT Kommunikation für lau nicht weiter. Die Vergütung für die ärztliche Betreuung von Heimbewohnern wird absichtlich so unattraktiv wie möglich gemacht . Außerdem fehlt dort regelmäßig ein kompetenter Ansprechpartner im Heim , da zu wenig u. zu gering qualifiziertes Personal dort seit Jahren am Limit arbeiten. Die Politik schaut seit Jahrzehnten uninteressiert weg u. betreibt lediglich Lobbyarbeit für die IT – Branche. Schon jetzt muß das Pflegepersonal oft mehr dokumentieren als es betreuen kann. Mehr IT wird diese untragbaren Zustände eher noch weiter verschlechtern.
Ein in vielen Jahrzehnten hochgradig verfilztes u. dekadentes System kann auch durch die höchstpopuläre quasi rituelle Geldverbrennung von Fördermitteln im IT Bereich nicht vom Kopf auf die Füsse gestellt werden. Sonntagsreden werden viel
gehalten , wie es in der Praxis aussieht interessiert keinen übergeordnet Zuständigen wirklich .