Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) erbt wertvolle Kunstsammlung von Dr. Hans und Eva Geigenmüller aus der Schweiz

Im Jahr 1960 nahm der junge Psychiater und Psychotherapeut Dr. med. Hans Geigenmüller (1926–2021) eine Stelle als Arzt in einer Privatklinik für Psychiatrie im schweizerischen Littenheid (Kanton Thurgau) an und übersiedelte aus der DDR in die Schweiz. Über drei Jahrzehnte wirkte er dort bis zu seiner Pensionierung 1991 als Chefarzt für Psychiatrie. In Halle (Saale) geboren, hat er zeitlebens die Verbindung zu seiner Heimatstadt bewahrt und mit Interesse ihre Entwicklung verfolgt. Dies manifestierte sich in besonderer Weise, als er und seine Frau Eva Geigenmüller-Haferkorn (1929–2018) 1998 per Erbvertrag ihre private Kunstsammlung dem Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) versprachen, die nach dem Tod des Sammlerehepaares in ihre Heimat überführt werden sollte. Aufgrund des hohen Alters und des Gesundheitszustands von Hans Geigenmüller übersiedelte er nach dem Tod seiner Frau in ein Pflegeheim. Damit die dem Museum vertraglich zugesprochenen Werke der Kunstsammlung nicht auf Dauer in dem verwaisten Wohnhaus verbleiben, wurden diese im November 2020 zusammen mit der zur Sammlung gehörenden Handbibliothek und archivalischen Dokumenten nach Halle (Saale) überführt. Nachdem am 1. Dezember 2021 Dr. Hans Geigenmüller 95-jährig verstorben ist, wird die von ihm und seiner Frau aufgebaute Kunstsammlung als Legat Teil des Bestands des Landeskunstmuseums Sachsen-Anhalt.
Neben Gemälden von Ulrich Erben (Jg. 1940), Roman Opalka (1931– 2011), Otto Piene (1928–2014) oder Jef Verheyen (1932–1984) befinden sich eine Nagel-Skulptur sowie zwei Nagel-Bilder Günther Ueckers (Jg. 1930) in der Sammlung sowie zahlreiche Grafiken, Mappenwerke und Editionen der Erker–Presse, St. Gallen. Abgerundet wird die Kollektion durch Plastiken u. a. von Rudolf Belling (1886–1972), Otto Wesendonck (Jg. 1939), Fritz Wotruba (1907–1975) sowie Klangsteine des Bildhauers Elmar Daucher (1932–1989). Insgesamt besteht die Sammlung aus 15 Gemälden, 23 Skulpturen, knapp 500 Fotografien, Arbeiten auf Papier und bibliophilen Büchern sowie der Handbibliothek zur Sammlung und Archivalien
Die Leidenschaft Dr. Hans Geigenmüllers für die Kunst wurde schon Ende der 1930er Jahre in Halle (Saale) entfacht. Hier besuchte er das Kunstmuseum in der Moritzburg, das ihn für die Malerei und den künstlerischen Gestaltungswillen empfänglich machte. Darüber hinaus knüpfte er in den 1950er Jahren Freundschaft mit dem in Halle (Saale) lebenden Maler und Grafiker Hannes H. Wagner (1922–2010). Diese Impulse führten dazu, dass er nach seiner Übersiedlung in die Schweiz ab den 1960er Jahren das Sammeln zeitgenössischer Kunst begann und den intensiven Austausch mit den Künstlern suchte. Der Kontakt zu ihnen kam vor allem über die Erker-Galerie in St. Gallen zustande, die 1958 von Franz Larese (1927–2000) und Jürg Janett (1927–2016) gegründet worden war. Über Jahrzehnte war sie ein Gravitationszentrum für die Kunst der Nachkriegsmoderne in der Schweiz. Künstler von internationalem Rang, wie Hans Arp (1887–1966), Max Bill (1908–1994), Eduardo Chillida (1924–2002), Günther Förg (1952–2013), Hans Hartung (1904–1994), Asger Jorn (1914–1973), Robert Motherwell (1915–1991), Serge Poliakoff (1900–1969), Antoni Tàpies (1923–2012) oder Günther Uecker, wurden hier gezeigt und sind in der Sammlung Geigenmüller vertreten. Über das Ausstellen hinaus war den Gründern der Galerie die Vermittlung der zeitgenössischen Kunst ein Anliegen. Ein intensiver Gedankenaustausch zwischen Künstlern, Kunstfreunden und Literaten wurden in den Erker-Treffen ermöglicht. Nicht nur bei diesen Gelegenheiten haben Hans und Eva Geigenmüller zu einigen Künstlern eine besondere und tiefe Freundschaft entwickelt, so etwa zu Piero Dorazio (1927–2005), vor allem aber zu Günther Uecker.
Das Sammler-Ehepaar lebte über Jahrzehnte eng mit der erworbenen Kunst. Die Architektur des Hauses, die Ausstattung mit Möbeln der 1960er und 1970er Jahre, die heute zu Designklassikern gehören, die qualitätvollen Gemälde, bildhauerischen Arbeiten und Grafiken, die alle Räume ausfüllten – all das bildete eine ästhetische Einheit, in der gelebt wurde. Für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) stellt diese Sammlung eine Bereicherung der Bestände sondergleichen dar, ergänzt sie doch die Werke vorwiegend ostdeutscher Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts um eine erlesene Sammlung westdeutscher und internationaler Positionen derselben Zeit. Nach Abschluss der Erfassung und Aufarbeitung der Sammlung soll eine Auswahl der bedeutendsten Arbeiten in einer künftigen Sonderausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Verdient haben sie es nicht bei den eintrittspreisen
Hättest DU besser in der Schule aufgepasst und einen ordentlichen Beruf gelernt, dann könnteste DIR auch mal einen Museumsbesuch leisten.
Das ist eine großartige Nachricht. Mit Uecker und Belling sind echte Stars dabei. Ich freue mich schon!
Ich habe noch meine Zeichenmappe aus der Grundschule. Freust du dich?
Klar. Lass mal sehen.
Gut so, wenn Kunstsammlungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.