Moritzburg widmet sich in einer neuen Ausstellung den Schenkungen durch Bürger
Das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) präsentiert bis zum 8. Januar 2023 in der Nordbox die Ausstellung Wege zur Burg der Moderne. 1911: Die Museumsgesellschaft.
Stifter und Schenker waren und sind für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) seit dessen Gründung im Jahr 1885 von großer Bedeutung. Rund 900 Einzelpersonen und Institutionen schenkten dem Museum in den vergangenen 130 Jahren zahlreiche Exponate verschiedenster Art und unterschiedlichsten Umfangs. “In manchen Jahren haben Schenkungen mehr als die Hälfte der Neuerwerbungen ausgemacht”, sagte Moritzburg-Kustos Ulf Dräger. Durch die neue Schau hoffe man natürlich, dass die Hallenser sehen, wie sich die damaligen Bürger für ihr Museum eingesetzt haben. Einige ausgewählte Stücke sind nun zu sehen, darunter Porzellan aus Meißen, wertvolles venezianisches Glas, Büsten, Bilder …
Vor 111 Jahren hatte sich die Museumsgesellschaft gegründet. Bankiers und Unternehmer, das who is who der damaligen Stadtgesellschaft war Mitglied, zum Beispiel auch Riebecks und Lehmanns. Der damalige Mitgliedsbeitrag betrug 100 Mark, das entspricht heute ungefähr 580 Euro, wusste Annette Dolger vom Freundeskreis zu berichten. Das ist quasi ein Nachfolger der damaligen Museumsgesellschaft. Mit 60 Euro Mitgliedsbeitrag ist dieser also vergleichsweise günstig.
Seit 2011 erforschen junge Kunsthistoriker im Auftrag der Freunde und Förderer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) e.V. diesen außerordentlich wichtigen Aspekt der Museumsgeschichte.In einer mehrteiligen Ausstellungs- und Publikationsreihe werden seit 2017 die bedeutendsten Schenkungen und ihre Stifter vorgestellt. Im dritten Teil der Reihe werden die Schenkungen des Museumsvereins und der Museumsgesellschaft präsentiert – zweier Vorgänger der heutigen Freunde und Förderer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) e. V.
Unter seinem ehrenamtlichen Leiter, dem Rentier und Stadtverordneten Franz Otto, entwickelte sich die Sammlung des 1885 gegründeten Städtischen Museums für Kunst und Kunstgewerbe sehr schnell durch Schenkungen aus der Bürgerschaft der Saalestadt. Von anfänglich etwa 40 Kunstgegenständen war sie 1897 auf mehr als 1.800 Objekte angewachsen. 1899 wurde ein Museumsverein ins Leben gerufen, über den Otto 5 Gemälde, darunter 2 Arbeiten von Max Liebermann, ein Renaissance-Relief und eine Prunkschale als Schenkungen verzeichnen konnte. Nach Ottos Tod im Jahr 1901 erfolgte 1905 nur noch eine weitere Gemälde-Schenkung und stellte der Verein seine Tätigkeit ein. 1911 wurde er abgelöst von der Museumsgesellschaft.
Auf Initiative und Betreiben des jungen Museumsdirektors Max Sauerlandt hin gründete sich im Dezember 1911 in Halle (Saale) die Museumsgesellschaft. Ihr Zweck war gemäß ihrer Satzung die Förderung des damals städtischen Museums, der privaten Sammeltätigkeit und des Kunstinteresses im Allgemeinen. Vor allem jedoch sollten aus den jährlichen Mitgliedsbeiträgen Ankäufe zugunsten des Museums getätigt werden. Für einen Betrag von 5.000 Mark (ca. 29.000 Euro) erwarb man eine lebenslange Mitgliedschaft. Bereits zu Beginn des Jahres 1912 verzeichnete die Gesellschaft 50 Mitglieder, darunter so bedeutende Personen der halleschen Stadtgesellschaft wie der Kunsthistoriker Prof. Dr. Adolph Goldschmidt, die Unternehmer Carl Haenert, Friedrich Kuhnt und Felix Weiße, der Verleger Karl Knapp oder Mitglieder der Bankiersfamilien Steckner und Lehmann. Bis zur Liquidierung der Gesellschaft im Jahr 1929 umfasste das Mitgliederverzeichnis mehr als 100 Personen. Sie vermachten dem Museum 100 Objekte in einem Gesamtwert von fast 17.000 Mark (ca. 95.200 Euro). 61 von ihnen werden in der aktuellen Ausstellung präsentiert.
Museumsdirektor Max Sauerlandt stand damit bei seinen ambitionierten Plänen der Profilierung des Museums ein finanzkräftiges Gremium zur Seite, mit dessen Hilfe er wertvolle Objekte für die im Museumsgebäude in der Moritzburg präsentierte Sammlung angewandter Kunst erwarb. Sie ergänzten entweder vorhandene Werkgruppen oder standen in einem zielgerichteten Kontext mit Erwerbungen über andere Quellen. Der teuerste Sammlungszugang über die Museumsgesellschaft war 1914 für 1.500 Mark (ca. 8.400 Euro) die Porträt-Büste Friedrich Nicolais aus der Werkstatt von Johann Gottfried Schadow.
Damals war man noch fortschrittlicher, was Antirassismus und kulturelle Vielfalt angeht, da hat man sogar schon Rentiere im Stadtrat gehabt. Finni und Rudi müssen heute als billige Maskottchen herhalten. 😛