“Neiddebatte”? Finanzausschuss debattiert über Dienstwagen und ist mehrheitlich gegen die Abschaffung

Der Finanzausschuss des halleschen Stadtrats hat am Dienstag rund eine Stunde über Dienstwagen diskutiert. Hintergrund ist ein Antrag von Stadtrat Detlef Wend (MitBürger / Die PARTEI). Der will personengebundene Dienstwagen in der Stadtverwaltung und in städtischen Gesellschaft – wie Stadtwerke oder HWG) per Gesellschafterweisung abschaffen lassen. Allerdings wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt. Lediglich Grüne und SPD hatten für eine Gesellschafterweisung votiert. In der Stadtverwaltung selbst gibt es ohnehin keine personenbezogenen Dienstwagen. Zwar befand sich ein Auto als Bürgermeisterwagen in der Ausschreibung. Dieses Fahrzeug steht aber allen Beigeordneten zu Verfügung – die Stadt wollte mit dieser Nennung lediglich auf günstige Ausschreibungskonditionen zugreifen.

“Es geht darum, nach vorn zu gucken und eine Lösung zu finden”, sagte Antragsteller Detlef Wend. Er halte das Dienstwagenprivileg für überholt. Es zwinge Unternehmen, sich über Alternativen wie eine Bahncard 100 Gedanken zu machen, sagte Grünen-Stadtrat Mario Lochmann. Seine Fraktionskollegin Melanie Ranft fand es bedenklich, dass es in hohen Management-Strukturen offenbar die Erwartungshaltung gibt, dass ein Dienstwagen dazugehört. Bodo Mehrheim (Linke) hält den Stadtrat für nicht zuständig. Viel mehr könnte die Ampel-Regierung einen Beschluss zum Steuerrecht fassen, wenn sie an die Dienstwagen ran wolle. Er könne den Antrag gut nachvollziehen, sagte Kay Senius (SPD), der an ein “Maß an Bescheidenheit” appellierte. Immerhin gehe es um Symbole, die dem einfachen Bürger nicht zugestanden werden. 

“Die Grünen agieren nicht mit Menschenverstand, sondern ideologiegetrieben”, sagte Andreas Scholtyssek (CDU). Er fragte, wo denn grundsätzlich das Problem liege. Es sei eher eine Neiddebatte. Gutes Personal bekomme man nur durch Anreize. Deshalb seien Dienstwagen auch bundesweit Usus. Der Antrag habe zur Folge, dass man nur noch schlechteres Personal anlocken könne. Ähnlich sah das Yana Mark (FDP). “Wir leben in einer modernen Arbeitswelt”, sagte sie. “Man kann froh sein, Personal zu bekommen, was gut ist.”

“Dieses ewige Geschwätz, keinen Geschäftsführer zu finden”, kann Wend nicht nachvollziehen. Beispielsweise habe die HAVAG kein Problem, einen Chef zu finden, sondern Straßenbahnfahrer. “Hört auf davon zu reden, dass die Leute nicht mehr kommen.” Man solle sich auch mal etwas trauen und nicht auf den großen Bundeskanzler warten. 

Durch den Antrag gewinne man den Eindruck, es sei in Halle besonders schlimm, mahnte Bürgermeister Egbert Geier. Zudem betonte er noch einmal, dass es in der Stadtverwaltung gar keine Personenbezogenen Dienstwagen gibt. Geier wies auf die Stadt Weimar mit 65.000 Einwohnern hin. Dort habe der Bürgermeister einen A6. In Halle dagegen teilen sich alle Beigeordneten einen A4. Und dieser stehe auch anderen Mitarbeitern zur Verfügung. Zudem halte er den Stadtrat für gar nicht zuständig, er habe hier kein Weisungsrecht. Und auch einen Einspareffekt sieht Geier nicht gegeben. Denn die Dienstwagen sind in den Verträgen festgehalten. Fallen diese Weg, gibt es im Gegenzug eine Gehaltserhöhung. Zudem sei die Lösung mit den Dienstwagen ökologisch sinnvoller, sonst würden sich diese Personen ja zwei Autos anschaffen, meinte Geier.

“Da lachen ja die Hühner”, kommentierte Wend diesen Einwurf. Und auch eine Gesellschafterweisung halte er nicht für abwegig. Er habe sich bundesweit Urteile im Prozess von Aufsichtsräten gegen Gesellschafterweisungen angeschaut. Zu 90 Prozent würden die Kommunen diese Verfahren gewinne. Auch das CDU-Argument der Neiddebatte finde er unerträglich.