Streit unter linken Gruppierungen: Proisraelische und propalästinensische Demonstranten geraten auf dem Hallmarkt aneinander

Aufgeheizte Stimmung herrschte am Dienstagabend auf dem Hallmarkt in Halle (Saale). Denn hier sind Teilnehmer von Demonstrationen pro Palästina und pro Israel aneinander geraten, beschimpften sich gegenseitig. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und trennte die beiden Lager. Die eine Seite rief Sprüche wie “Viva Palästina” und “Israel bombardiert, Deutschland finanziert”. Von Teilnehmern der anderen Seite war unter anderem “Nie wieder Gaza” oder “Free Gaza from Hamas” zu hören. 

Angemeldet war der Aufzug „Ihre Krise #NichtaufunseremRücken“. Der startete am Hallmarkt. Es ging über den Marktplatz und Boulevard zum Riebeckplatz. Laut Polizei nahmen hier in der Spitze 200 Personen dran teil. Weil Teilnehmer einen Fotografen angriffen, erfolgte eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und versuchter Körperverletzung. Mehrfach versuchten Ordner der Kundgebung, Fotografien zu verhindern. Letztlich musste die Polizei hier eine Ansage an die Ordner machen, Pressearbeit nicht zu behindern. Zudem erfolgten Anzeigen gegen Teilnehmer wegen Zeigens verbotener Symbole. Die proisraelische Gegendemo war hingegen nicht angemeldet und wurde dann als Eilversammlung abgehalten. 35 Personen waren hier laut Polizei dabei. Die Teilnehmer waren, ausgerüstet mit Israel-Flaggen, plötzlich aus Richtung Oleariusstraße gekommen.

Die Anmeldung der propalästineschischen Versammlung erfolgte durch das Solidaritätsnetzwerk Halle. Ende Januar sei es gegründet worden, sagte eine Rednerin. “Die bürgerlichen Parteien versuchen sich in ihrer Menschenfeindlichkeit, Nationalismus und in ihrem Hass auf arme Menschen zu überbieten”, meinte ein Redner. AfD, CDU und die Ampel-Regierung würden einen Wettlauf daraus machen, wer am besten Abschiebe, am schnellsten die Bezahlkarte einführe und mehr Waffen exportieren könne. Das lenke aber davon ab, dass die Arbeiter_innen-Klasse unter dem System der Ausbeutung leide. “Wir werden anhand von Nation, Religion und Geschlecht gegeneinander ausgespielt. Wir werden zum Kriegsdienst verpflichtet und sollen für imperialistische Kriege im Schützengraben sterben.” Man leide unter steigen Preisen und Mieten sowie sinkenden Reallöhnen. Zwar lese man davon, die Deutschen hätten immer mehr Geld auf der hohen Kante. Das treffe aber nur für die reichen Leute zu, die immer reicher werden. Das liege am kapitalischen System, so der Redner.

Im letzten Jahre habe die israelische Armee über 35.000 Menschen in Gaza ermordet, sagte eine Rednerin der “Students for Palestine.” Gezielt würden Schulen, Unis und Krankenhäuser angegriffen. Im Durchschnitt werde alle zehn Minuten ein Kind getötet. Doch das Leid der Bevölkerung reiche schon 75 Jahre zurück. Die Nakba sei Realität und Trauma, die das Leben der Palästinenser präge. Israel blockiere seit Monaten alle Grenzübergänge, wodurch humanitäre Hilfe nicht möglich sei. Israel führe seit 75 Jahren einen Krieg gegen die Bevölkerung. Die letzten 207 Tage seien Tag für Tag ein Höhepunkt, “ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.” Man sei besorgt über die Repression in Deutschland, Europa und der gesamten westlichen Welt. Durch Waffenlieferungen an Israel mache sich Deutschland mitschuldig an den Verbrechen. Die vorübergehende Einstellung der Mittelzahlungen an das an die UNWRA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) bedeutete praktisch eine Einschränkung der Hilfe für den Gaza-Streifen.

Auf dem Markt gab es noch einen kurzen Stillstand des Palästina-Aufzugs. Mehrere Teilnehmer befanden sich in einer polizeilichen Maßnahme. Daraufhin machte der Aufmarsch kehrt, es fielen Sprüche wie “BRD, Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt”, “Freiheit für alle politischen Gefangenen” und “Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen”.