Robert Bily im Interview: Pianist mit 70 Preisen und Mäzen treffen sich zum Gespräch

Aus Anlass mehrerer kürzlicher Klavierkonzerte in seiner Heimatstadt Halle (Saale) hat Robert Bily sich zu einem Interview mit Sven Frotscher getroffen.
Robert Bily wurde 1997 in Tschechien geboren und erhielt seine Klavierausbildung bei Margarita Gebhardt und Dirk Fischbeck am Musikzweig der Latina August Hermann Francke in Halle (Saale). Danach studierte er in Leipzig und Salzburg. Er erhielt 2009 und 2011 das Händel-Mozart-Jugendstipendium der Stadt Halle.
Sven Frotscher wurde 1961 in der Händelstraße in Halle geboren und studierte in Halle Orientarchäologie und in Bonn Diplomatie. Er war an verschiedenen Institutionen im In- und Ausland tätig und schrieb über 25 Bücher, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden.
Seit 2002 vergab er zusammen mit der Stadt Halle, Antje Prochnow von den Stadtwerken Halle und Roland Schimek vom Industriepark Waggonbau Ammendorf als Stifter und Mäzen bisher 71 Händel-Mozart-Stipendien im Wert von je 1.600 Euro.
Frotscher: Sie lieben das ganz schnelle, virtuose Spiel. Man spürt Ihre tiefe Motivation. Wie begann das bei Ihnen alles?
Bily: Es begann alles, als ich 5 Jahre alt war. Meine Oma hatte in ihrem Haus in Tschechien ein Klavier.
Das habe ich übrigens immer noch in einer Hütte in Tschechien. Es ist ein Petrof-Klavier, das für seine romantischen, weichen Töne bekannt ist. Meine Mutter setzte mich ans Klavier und wollte Fotos machen.
Mein Vater meinte dann: »Versuch doch mal zu spielen, spiel doch mal etwas!«. Dann sagte er: »Ich sehe schon, du wirst Pianist.« Als Kind habe ich das nicht als Spaß wahrgenommen, sondern als Ernst: »Du wirst Pianist!«
Frotscher: Wie ging es dann weiter?
Bily: Gut, sagte ich mir, dann werde ich eben Pianist. Womit soll ich dann üben zu Hause? Mein Vater kaufte mir dafür ein Keyboard. Mein Vater ist Sänger und er hat sich da selbst immer begleitet und so habe ich mich etwa fünf Monate am Keyboard ausprobiert und dann ging es los mit meiner ersten Privatlehrerin Margarita Gebhardt.
Frotscher: Aber Sie haben das auch immer gern gemacht, Sie haben sich nicht gegen das Üben gesträubt?
Bily: Nein, ich war begeisterter Pianist, mir hat das Spaß gemacht. Ich habe über meine Eltern das auch in den Genen. Außerdem hatte ich das Glück, dass ich lange, dünne Klavier-Finger habe, das hilft enorm bei der schnellen, präzisen Bewegung auf dem Klavier mit seinen 88 Tasten.
Frotscher: Viele Menschen wollen wissen, wie lange muss man täglich üben, um so phänomenal spielen zu können? Ihre Mutter sagte: 10 Stunden sind es schon …
Bily: Ja, es ist unterschiedlich. Wenn meine Freundin da ist, dann kann ich nicht 10 Stunden üben, ich möchte ja auch Zeit mit ihr verbringen. Aber andererseits ist es auch so: wenn ich weniger als 5 Stunden übe, dann habe ich das Gefühl, dass ich gar nicht geübt habe. Wenn ich mich auf ein schweres Konzert vorbereite wie jetzt in der Händel-Halle in Halle, dann sind es 8 bis 10 Stunden. Über 10 Stunden will ich nicht gehen, dann würde ich wahrscheinlich verrückt werden.
Frotscher: Als Mäzen des Händel-Mozart-Stipendiums interessiert mich: war das Stipendium gut für Sie und wie hat es Sie geprägt?
Bily: Das hat mich auf jeden Fall geprägt tatsächlich. Erstens war es mein erster Meisterkurs, den ich absolvierte.
Ich hatte vorher immer nur die beiden Lehrer und nun war ich zum ersten Mal mit Gleichaltrigen bei weiteren Lehrern zusammen. Prof. Georg Steinschaden war dort damals mein Lehrer und ich war ganz begeistert.
Das war meine erste Verbindung zum Mozarteum Salzburg und es hat sich ja dann auch ergeben, dass ich dort lange studiert habe. 7 Jahre studiere ich dort nun schon.
Frotscher: Gibt es etwas Besonderes an Österreich diesbezüglich?
Bily: Ich mag Österreich, es ist ein super Land für Klavier und Georg Steinschaden ist ein lockerer Typ, bei dem das Lernen einem viele neue Ideen vermittelt auf entspannte Art. Das liegt mir sehr. Ich freue mich immer, in Österreich zu sein und in den Konzertsälen dort zu spielen.
Frotscher: Viele wollen wissen, ob Sie immer noch Lampenfieber haben?
Bily: Na klar, das gibt es immer. Nicht mehr so wie früher: oh oh, hoffentlich mache ich keine Fehler. Bei mir hängt das Lampenfieber immer von der Vorbereitung ab. Wenn alles gut vorbereitet ist, hat man weniger Lampenfieber. Heute war es aber so, dass ich einen Müdigkeitsanfall gehabt habe, da war ich schon mehr aufgeregt.
Frotscher: Ist es auch sozial für Sie schön, vor Publikum zu treten und die Performance zu zeigen?
Bily: Das ist ja das, was mir am meisten Spaß macht: mit dem Klavier in den Dialog mit dem Publikum zu treten. Das Üben macht dagegen eher weniger Spaß, es führt nur hin zu dem Ziel, vor Publikum zu spielen und es zu erfreuen.
Frotscher: Gibt es Musikstücke, die mit Ihnen besonders emotional verbunden sind?
Bily: Die Antwort besteht aus zwei Teilen: es ist ein Unterschied zwischen den Stücken, die ich gerne höre und jenen Stücken, die ich gerne spiele. In jüngerer Zeit habe ich mich beim Spielen auf neuere Komponisten spezialisiert, zum Beispiel Carl Vine. Das repräsentiert mich als Klavierspieler am besten.
Frotscher: Warum ist das so? Werden Ihre Gehirnstrukturen durch diese neuen Stücke stärker angeregt und stimuliert im Gegensatz zu den alten Stücken?
Bily: Ja, wahrscheinlich ist das so und ich bekomme auch immer gesagt, dass ich die neuen Stücke besonders gut gespielt hätte. Dann hat sich das so ergeben. Als Kind habe ich die neuen Stücke allerdings gehasst, das ist auch eine Ironie der Geschichte. Aber ich liebe es natürlich auch sehr, romantische Musik zu spielen.
Frotscher: Wer ist dann Ihrer Meinung nach für Klavier der beste Komponist?
Bily: Chopin ist meiner Meinung nach für Klavier der beste Komponist, ihn höre ich auch sehr gern. Genaus verhält es sich mit Rachmaninow, dessen Klavierkonzerte ich am liebsten höre.
Frotscher: Kann man bei dem hohen Übe-Level überhaupt noch andere Hobbys ausüben?
Bily: Nein, ich habe tatsächlich ganz viele Hobbys. Ich bin zum Beispiel sehr sportinteressiert. Ich mache selber Sport. Ich spiele gern Tennis und Fußball. Ich verfolge auch extrem gern Sport. Immer, wenn ich nicht üben muss, verfolge ich die Tennis-Wettbewerbe, Fußball-Wettbewerbe und sogar die Kampfsport-Wettbewerbe.
Frotscher: Wie sieht es aus mit den allgemeinen Schulleistungen? Haben Sie da auch alles mitgemacht oder haben Sie sich frühzeitig sehr stark fokussiert auf das Klavier?
Bily: Sehr stark fokussiert auf das Klavier. Ich war ein sehr temperamentvoller Schüler, was nicht allen Lehrern gut gefallen hat.
Frotscher: Also haben Sie dann kein Abitur an der Latina gemacht?
Bily: Nein. Ich hatte mich damals auf den größten Wettbewerb in meiner Karriere vorbereitet und dann hatte ich ja sowieso schon meinen Studienplatz in Leipzig sicher. Da habe ich mir gesagt: ich brauche das Abitur jetzt nicht unbedingt.
Frotscher: Haben Sie den Wettbewerb dann auch gewonnen?
Bily: Ja, ich habe den Wettbewerb gewonnen, das war wirklich großartig.
Frotscher: Abschließende Frage: was ist Ihr Traumberuf?
Bily: Konzertpianist, keine Frage.
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