“Scannen ist nicht Digitalisierung” – Debatte im Planungsausschuss über Digitalen Bauantrag

Die Stadt Halle (Saale) will bei der Bauverwaltung einen Schritt in Richtung Zukunft machen – zumindest in der Theorie. Denn beim digitalen Bauantrag, seit Jahren in Planung, läuft noch längst nicht alles rund. Das wurde am Dienstag im Planungsausschuss deutlich, als ein Vertreter der Stadtverwaltung den aktuellen Projektstand präsentierte. Statt Begeisterung erntete er kritische Nachfragen, Skepsis und einen deutlich formulierten Appell: Digitalisierung beginnt nicht beim Scanner.
Von der Vision zur Realität – oder doch nur auf dem Papier?
Seit Ende 2022 arbeitet die Bauverwaltung der Stadt Halle am „Digitalen Bauantrag“, einem Projekt, das nicht nur Zeit, sondern auch Geduld erfordert. Wie bereits in 13 anderen Bundesländern setzt die Stadt auf das zentrale Landesportal – den sogenannten „Vorgangsraum“. Dieser soll es ermöglichen, Bauanträge komplett digital zu erfassen, zu bearbeiten und mit allen beteiligten Stellen zu kommunizieren. Doch obwohl die technische Schnittstelle zum internen Fachverfahren inzwischen steht, befindet sich das Projekt noch immer in einer internen Testphase.
Aktuell, so die Verwaltung, gehe man davon aus, dass zunächst nur 10 bis 15 Prozent der Anträge tatsächlich digital gestellt werden. Der Großteil der Verfahren wird weiterhin analog eingereicht – und anschließend von städtischen Mitarbeitern eingescannt. Das Ziel sei es, die papierbasierten Verfahren schrittweise durch digitale Prozesse zu ersetzen. Wann dieser vollständige Umstieg gelingt, konnte die Verwaltung jedoch nicht beantworten.
Kritik im Ausschuss: „Scannen ist kein digitaler Antrag“
Für deutliche Worte sorgten mehrere Mitglieder des Ausschusses. Besonders Klaus E. Hänsel (FDP), selbst in der Bauwirtschaft tätig, zeigte wenig Verständnis für die schleppende Umsetzung. „Es ist hohe Zeit dafür“, sagte Hänsel. Die private Wirtschaft sei längst bereit, viele Investoren stünden in den Startlöchern. „Die Privaten sind schon viel weiter, als Sie denken.“
Auch Andreas Godenrath (AfD) übte scharfe Kritik: „Digitalisierung heißt nicht, Papier einzuscannen und dann per Mail zu verschicken. Das ist ein Medienbruch, kein Fortschritt.“ Der häufig gebrauchte Begriff des „Einscannens“ stieß bei ihm auf Unverständnis – ein Echo, das im Raum deutlich spürbar war.
Zwischen Fortschritt und Flickwerk: Der aktuelle Projektstand
Laut Infovorlage der Verwaltung sind seit Projektbeginn eine Reihe von Maßnahmen erfolgt. So seien die technischen Grundlagen geschaffen worden. Es gebe Schnittstellen zu Fachverfahren, ein Dokumentenmanagementsystem sowie Hard- und Software zur Digitalisierung von Unterlagen. Erste digitale Verfahren wie Verlängerungen von Baugenehmigungen oder Vorbescheiden seien bereits im Testlauf. Interne Abstimmungen mit dem Stadtarchiv und anderen Behörden laufen zudem, um die digitale Akte rechtssicher und nachhaltig zu gestalten.
Für das vierte Quartal 2025 ist die finale Anbindung des „Vorgangsraums“ an das Fachverfahren geplant. Der eigentliche Go-Live für digitale Bauanträge – etwa für reguläre Genehmigungen oder das vereinfachte Verfahren – soll laut Plan im ersten Halbjahr 2026 erfolgen. Weitere Verfahren sollen bis Ende 2026 folgen – abhängig von Priorisierung und technischen Möglichkeiten.
Herausforderung: Menschen mitnehmen, Prozesse durchdenken
Trotz aller technischen Fortschritte räumte die Verwaltung ein, dass die Umstellung nicht nur eine Frage der Software sei. „Wir müssen alle ordentlich an die Hand nehmen“, hieß es. Gemeint sind sowohl die Mitarbeitenden in der Verwaltung als auch Architekten, Planer und Investoren. Nur wenn alle Beteiligten die digitalen Möglichkeiten nutzen, könne die Digitalisierung gelingen.
Dabei bleibt die Nutzung freiwillig. Eine Pflicht zur digitalen Antragstellung ist derzeit nicht vorgesehen. Die Stadt will jedoch ihre Mitarbeitenden ermutigen, proaktiv auf externe Partner zuzugehen und über die neuen Möglichkeiten zu informieren.
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