Terroranschlag und Stromausfall in Halle: Gemeinsame Übung von Katastrophenschutzbehörden, Polizei und Bundeswehr
Zum ersten Mal findet am 28./29. November 2017 in Sachsen-Anhalt eine Landeskatastrophenschutzübung statt, an der neben den Katastrophenschutzbehörden auch Polizei und Bundeswehr teilnehmen. Nach der Übung sollen die Zusammenarbeit und Kommunikationsebenen der jeweiligen Stäbe im Katastrophenfall analysiert sowie Verbesserungspotenziale benannt werden. Es handelt sich um eine Stabsrahmenübung im südlichen Sachsen‑Anhalt, bei der keine Handlungen von Einsatzkräften stattfinden.
Die zweitägige Übung mit der Bezeichnung „THEMIS 2017“ beginnt mit der Simulation einer Terrorlage, gefolgt von einem großflächigen, länger andauernden Stromausfall mit Auswirkungen auf die Kommunikation und Kritische Infrastruktur. Übungsteilnehmer sind die Landkreise Saalekreis und Burgenlandkreis, die Stadt Halle (Saale), das Landesverwaltungsamt, die Polizeidirektion Sachsen‑Anhalt Süd, das Technische Polizeiamt, das Innenministerium sowie die Bundeswehr. Etwa 300 Personen sind beteiligt. Hinzu kommen Feuerwehrkameraden, private Hilfsorganisationen, Mitarbeiter von Energieversorgern und Rettungsdiensten.
„Mit dieser Übung möchten wir den Einsatz der Katastrophenschutzbehörden auf Kreisebene wie gewohnt üben. Hinzu kommt, dass wir die Erkenntnisse aus der GETEX, der ersten groß und bundesweit angelegten gemeinsamen Anti-Terror-Übung von Polizei und Bundeswehr, ausbauen möchten“, so Innenminister Holger Stahlknecht. GETEX steht für „Gemeinsame Terrorismusabwehr-Exercise“. Diese fand im März 2017 in sechs Bundesländern nach intensiver Beratung der Innenministerkonferenz (IMK) statt. Sachsen-Anhalt übernimmt im kommenden Jahr den IMK-Vorsitz. „Ich werde mich dafür einsetzen, weitere bundesweite Anti-Terror-Übungen der Landespolizeien unter Beteiligung der Bundeswehr und der Bundespolizei durchzuführen“, kündigte Stahlknecht an.
„Absicht der Bundeswehr ist es, in dem für diese Landeskatastrophenschutzübung vorgesehenen Szenario die Möglichkeiten, aber auch Grenzen auszuloten, wo Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe denkbar wären“, so Oberst Halvor Adrian, Kommandeur des Landeskommandos Sachsen-Anhalt. Das Landeskommando wird mit mehreren Kreisverbindungskommandos, weiteren Verbindungsorganen und dem eigenen Lagezentrum an dieser Übung mit rund 70 Soldatinnen und Soldaten teilnehmen. Ziele der Bundeswehr für diese Übung sind u. a. die ressortübergreifende Abstimmung der Verfahren zur Zusammenarbeit in einer terroristischen Großlage, die Entwicklung von Verfahren zum Aufwuchs von gemeinsamen Krisenstäben und eines gemeinsamen Lagebildes, das Koordinieren und Führen von Einsatzkräften der Bundeswehr in enger Abstimmung mit Polizei und zivilen Hilfs-/Rettungsdiensten bei einer sich stetig verschärfenden Lage sowie das Erstellen, Bewerten und Weiterleiten von Amtshilfeanträgen und Anträgen nach Art. 35 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie der dringenden Eilhilfe.
Hintergrund zum Einsatz der Bundeswehr innerhalb Deutschlands:
Zur Hilfe bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen können Truppenteile und Dienststellen des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) u. a. zur Rettung von Menschen eingesetzt werden. Die Hilfe umfasst auf Anforderung u. a. auch die Möglichkeit zur Amtshilfe in Form technisch-logistischer Unterstützung nach Art. 35 Abs. 1 GG.
Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Inland werden nach Billigung durch das BMVg bzw. durch beauftragte Kommandobehörden (Kommando Streitkräftebasis, Kommando territoriale Aufgaben der Bundeswehr) auf Bundeslandesebene durch die Landeskommandos der Streitkräftebasis, bei dieser Übung durch das Landeskommando Sachsen-Anhalt, koordiniert.
Den Rechtsrahmen für einen „Einsatz der Bundeswehr im Innern“ bilden Art. 35 Abs. 2 und 3 GG sowie eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 2012 (Stichwort: Luftsicherheitsgesetz). Danach ist der Einsatz der Bundeswehr im Innern unter besonderen Voraussetzungen möglich wie bei besonders schweren Unglücksfällen katastrophischen Ausmaßes.
Ein „Terrorangriff“ kann nach BVerfG ein solcher Unglücksfall sein, eine Definition gibt das BVerfG nicht. Ob ein Terrorangriff ein „katastrophisches Ausmaß“ hat und damit einen besonders schweren Unglücksfall im Sinne des Art. 35 Abs. 2 oder 3 S. 1 GG darstellt, kann nur anhand der konkreten Umstände im jeweiligen Einzelfall bewertet werden.
Erforderlich ist immer ein Antrag der zivilen Behörden auf Unterstützung.
Unterstützungsleistungen der Bundeswehr in diesem Rahmen werden immer durch zivile Einsatzkräfte geleitet.
Neueste Kommentare