„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!“: Sonderausstellung mit Malerei von Sandra del Pilar in der Moritzburg

Der Ausstellungssommer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) steht ganz im Zeichen der zeitgenössischen Kunst. Ab Sonntag, 21. Juli 2024, ist neben der Ausstellung Ghost Fire des Collectif Grapain unter dem Titel „Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!“ Sandra del Pilar: Malerei eine große Werkschau der deutsch-mexikanischen Künstlerin zu sehen.
Kann Kunst gesellschaftlich etwas bewirken? Welche Relevanz und Verantwortung hat Kunst für uns und unser gesellschaftliches Miteinander? Mit der Sonderausstellung von Sandra del Pilar (* 1973) präsentiert sich das Landeskunstmuseum am Puls der Zeit und positioniert es sich zu Themen und Fragen, die unsere Gesellschaft bewegen. Die Werke der deutsch-mexikanischen Malerin und Post-Konzeptkünstlerin besitzen aufgrund der aktuellen weltweiten Entwicklungen traurige Aktualität und Relevanz. Kriege und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind u. a. Themen, die Sandra del Pilar mit Blick auf Vergangenheit und Gegenwart ihrer beiden Heimaten – Deutschland und Mexiko – seit vielen Jahren beschäftigen. Sie formuliert ihre aufwühlenden Sujets in einer gegenständlichen Bildsprache. Ihre Themen kreisen um die Spielarten der Macht: Macht der Deutungshoheit, Macht der Definition, Macht der Gewalt, Macht asymmetrischer Verhältnisse, Macht des Sichtbarkeitsregimes. Diese Macht wird über die technischen Raffinessen hochkomplexer Malerei, ein von ihr entwickeltes aufwendiges Verfahren, dezidiert körperlich erlebbar gemacht und auch das Bild selbst als Medium und Schauplatz des „ästhetischen Ereignisses“ reflektiert.
In ihren frühen Gemälden arbeitete Sandra del Pilar zunächst klassisch in Öl auf Leinwand. In den 2010er Jahren begann sie, mit mehreren räumlichen Bildebenen zu experimentieren. Dabei malte sie zunächst über die Acrylfarbe eine Schicht mit verdünnter Ölfarbe, wodurch eine Bildtiefe entstand, die nicht perspektivisch erzeugt wurde. In ihrem Selbstporträt Amenaza (2015) nutzte sie erstmals eine Gaze als separate, der Leinwand vorgeblendete Bildebene. Diese Synthetikfasern finden traditionell unterschiedliche Verwendung, zum Beispiel als Tüllstoffe oder Filtermaterial. Die Maschen sind unterschiedlich groß und lassen das Licht ungleichmäßig durch. Mehrere Lagen übereinander erzeugen einen flirrenden Effekt. Lässt man zwischen den Lagen einen gewissen Abstand, kommt ein bewegliches Flimmern hinzu und die Durchsicht wird eine andere. Je nach Standpunkt des Betrachters werden unterschiedliche Bildebenen und damit Malschichten sichtbar. Die Gaze-Materialien geben der Künstlerin die Möglichkeit, Eindeutigkeit zu hinterfragen und die so erzeugte Uneindeutigkeit an das Publikum weiterzugeben.
Thomas Bauer-Friedrich, Direktor Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) „Ich bin stolz, dass wir mit der Werkschau von Sandra del Pilar als Museum Denkanstöße zur Beantwortung von uns alle beschäftigenden Fragen geben können. Keines der ausgestellten Werke ist just ‚l’art pour l’art‘ im Sinne der Kunst der Decadence der Jahrhundertwende um 1900. Themen, die die Künstlerin – und uns alle – tagtäglich umtreiben und beunruhigen, versucht sie, mit Hilfe der Kunst zu hinterfragen und zu formulieren. Ihre Gemälde sind physisch erfahrbare und zu erkundende Arbeiten, die zum Teil den Charakter von Installationen annehmen, in die das Publikum eintauchen kann und soll. Auf diese Weise ist die Ausstellung von Sandra del Pilar etwas sehr Besonderes, unmittelbar auf Geist und Körper Wirkendes und im besten Sinn des Wortes Aufwühlendes. Sie wird niemanden unberührt lassen und mit Sicherheit polarisieren – Kunst, die zum Nachdenken und gedanklichen Austausch anregt!“
Neben dem großen Ausstellungsbereich in der Westbox birgt das Turmkabinett eine besonders eindrucksvolle Arbeit der Künstlerin: Ayotzinapa. Sie ist das erste Mal überhaupt außerhalb Mexikos und in Deutschland zu sehen. Sie beschäftigt sich mit dem grausamen Massaker, das im Herbst 2014 an 43 mexikanischen Studenten verübt wurde. Die Installation ist ein Versuch der Bewältigung des Unfassbaren und der Trauer darüber sowie des nicht endenden Erinnerns.
Eine weitere Besonderheit ist eine Intervention, die Sandra del Pilar im Auftrag des Museums an einem Gemälde aus dem Bestand vorgenommen hat. Seit 2017 thematisiert das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) als Teil der permanenten Sammlungspräsentation Wege der Moderne in einem eigenen Abschnitt die Kunst im Nationalsozialismus und vermittelt Wissen sowohl um die Möglichkeiten des Fortwirkens einer modernen Bildsprache als auch das Sich-Anpassen an die diffamierende und diskriminierende Ideologie der Nationalsozialisten.
Sandra del Pilar war bereits 2021 vom Museum Wilhelm Morgner in Soest eingeladen worden, eine künstlerische Intervention für den Umgang mit einer Porträtbüste Adolf Hitlers aus dem Jahr 1932 zu erschaffen. Entstanden ist die Arbeit Toxic Box / Receptacle for toxic culture. Das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) hat die Künstlerin eingeladen, das 1942 entstandene Gemälde Kampfgeist von Will Tschech aus dem eigenen Sammlungsbestand zu intervenieren. Auf eindrucksvolle Weise verdeutlicht das so entstandene neue Werk 42/24: Der Schoß ist fruchtbar noch … die Kontinuitäten bzw. Traditionslinien zwischen nationalsozialistischer Ideologie und aus ihr entlehnten Begriffen, die uns heute (wieder) begegnen. Beide Werke sind als Interventionen in die Sammlungspräsentation des Museums integriert.
Sogenannte Kunst aus/in Deutschland bewirkt Selbstdarsteller und Steuerausgaben.
Ist das Kunst oder kann das weg🙈
ist Kunst
Abgesehen von sehr wenigen Beispielen aus der Geschichte der Menschheit, wo Kunst heute zu einem Tourismusmagneten mit realen wirtschaftlichen Auswirkungen geworden ist, hat sie keine Auswirkungen auf die Gesellschaft und das gesellschaftliche Miteinander. Und das war auch nie Zweck von „Kunst“. Schon allein dies ernsthaft zu glauben (wovon ich anhand der Fragestellung in diesem Kontext hier ausgehe), zeigt, in was für einer gelangweilten, selbstherrlichen Wohlstandsblase einige „Künstler“ und Kuratoren heutzutage leben.
Junge, Junge, was für ein bedeutungsloses Geschwurbel. 🙄 Wenn man so viele Worte braucht, um Kunst zu erklären, dann ist das keine Kunst, sondern einfach nur gelangweiltes Abgreifen von staatlichen Fördermitteln, indem man möglichst intellektuell klingen will.
Wenn man diese Pressemitteilung liest, könnte man meinen, dass jeder, der nur halbwegs gut schwurbeln kann, heutzutage ein „Künstler“ ist. Die einzige Kunst ist, mit Schwurbelei seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Nicht ganz. Denke mal an die Musikbewegungen der 70er Jahre. Die haben tatsächlich Auswirkungen auf die Gesellschaften gehabt. Bis heute. Da gibt es sicher weitere Beispiele.