WLAN, Grünflächen, Spielplätze: Ideen zur Belebung der Altstadt

Die hallesche Stadtspitze hat am Dienstag zusammen mit Wirtschaftsvertretern anderthalb Stunden über Maßnahmen gegen die zunehmende Verödung der Innenstadt diskutiert. Zunächst wurden mögliche Optimierungspotentiale gesucht. In zwei Monaten soll dann noch einmal ausführlich debattiert werden. „Das Ladensterben in den Innenstädten ist überall Thema, nicht nur in Halle“, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand. Das liege auch am zunehmenden Online-Handel.
Unter anderem will die Stadt an der Optik des Wochenmarkts arbeiten. Zudem soll der Weihnachtsmarkt vom Marktplatz aus in die angrenzenden Straßen hinein ausgeweitet werden. Zudem will die Stadt mehr Veranstaltungen auf dem Markt anbieten, darunter auch ein Konzert mit der Staatskapelle. Der Rote Turm soll künftig regelmäßig für Besucher offenstehen, Wiegand sprach von drei Stunden pro Tag. Zehn Besucher gleichzeitig sind zugelassen. Er hob auch die regelmäßigen Carillon-Konzerte hervor. Für eine bessere Planbarkeit für die Menschen sollte es feste Termine geben, sagte Kaufhof-Geschäftsführer Robert Weber. OB-Referentin Sabine Ernst erklärte, zur Verbesserung der Spezialmärkte motiviere man die Anbieter, mehr Angebote für Kinder bereitzuhalten.
Kaufhof-Chef Weber brachte zudem ins Gespräch, leerstehende Läden für Kinderbetreuung und Erlebnisangebote zu nutzen. Auch Spielgeräte in der Innenstadt wären hilfreich. Im Kaufhof selbst habe man gute Erfahrungen mit einem Spielzimmer im Dinea-Restaurant gemacht. Zudem gebe es eine 100 Quadratmeter große Playmobil-Welt. OB-Referent Oliver Paulsen sieht aber zunächst einmal die großen Geschäfte und nicht die Stadt in der Pflicht, Betreuungsangebote für Kinder zu schaffen, damit die Eltern in Ruhe shoppen können.
Weber beklagte zudem , dass von den Händelfestspielen in der Innenstadt nicht so wirklich etwas zu merken ist. Deshalb regte er an, zu den Festspielen den Markt in ein barockes Gewand zu hüllen und zudem mehr öffentliche Konzerte zu den Festspielen auf dem Markt anzubieten. Bisher findet lediglich die Feierstunde zur Eröffnung auf dem Markt statt. Aktionen wie den City-Beach-Cup begrüßte er. Denkbar wäre aber, nach Ende des Beachvolleyballturniers noch einen Beach-Club bei sommerlichen Temperaturen einzurichten.
Insbesondere auf den Online-Handel müssten sich die Geschäfte stärker einstellen, sagte OB Wiegand. Die Wahl des Sortiments und die Exklusivität könnten ein Alleinstellungsmerkmal sei. Wiegand sagte zudem eine Überarbeitung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts zu. Außerdem werde die Stadt keine Zustimmung zu weiteren Outlet-Centern geben. Petra Sachse vom Dienstleistungszentrum Wirtschaft berichtete zudem von der geplanten Einrichtung eines lokalen Online-Marktplatzes. „Wir haben ein überzeugendes System gefunden.“ Dieses wolle man zusammen mit der IHK den Geschäften präsentieren. Zudem soll die App „Schöne Läden“ weiterentwickelt werden, geplant sei über eine Konzession einen privaten Partner zu suchen. OB Referent Paulsen brachte zudem weitere Angebote ins Spiel wie einen Lieferservice oder die Erstattung von Parktickets. Zumindest im Bereich Lieferservice konnte der Kauhof-Chef berichten, dass man hieran bereits arbeite. Kritik am Zurückfahren von Service-Angeboten übte OB Wiegand. Er könnte nicht nachvollziehen, dass große Geschäfte heutzutage keinen Schneiderservice anbieten. Kaufhof-Chef Weber gab zu, dass die Erwartungshaltung der Kunden steigt.
Von positiven Erfahrungen am Oberen Boulevard berichtete Petra Sachse. Im Umfeld des „Schönen Ladens“, indem der Innenstadt-Manager seinen Sitz hat, seien viele Freisitze entstanden. So zum Beispiel am Halloren-Café, aber auch am Candy Shop. Der Drogenhandel habe durch solche Maßnahmen zurückgedrängt werden können. Stadtmarketing-Chef Stefan Voss lobte in diesem Zusammenhang die Entwicklung des Oberen Boulevards.
Also Ideenpunkte brachte die Stadt auch Erholungsflächen mit Grün sowie konsumfreie Räume ins Gespräch. Vor allem Grünbereiche könne man nur unterstreichen, sagte Kaufhof-Chef Weber. Dies stärke den Wohlfühlcharakter und biete mehr Flair. Olaf Ebert von der Freiwilligen-Agentur regte an, leerstehende Ladenlokale für Lesecafés oder Vereinsräume zu nutzen. Petra Sachse verwies auf die Umsetzung kreativer Ideen. So werde es eine Wandgestaltung am Grünen Winkel geben. „Die Kreativen sind fast unsere Geheimwaffe.“
Auch eine Ausweitung der WLAN-Netze wurde diskutiert. Kaufhof-Chef Weber sprach sich für eine Ausweitung auf die Große Ulrichstraße und den Alten Markt aus. OB-Referent Paulsen plädierte in diesem Zusammenhang für eine einheitliche Variante. Derzeit müsste man sich jedes Mal neu einloggen.
Fahrradschnellwege brachte der Kaufhof-Chef ins Gespräch. Es sei wichtig für die Kunden, sich einfach und schnell zu bewegen. Aufgrund der engen Platzverhältnisse werde dies wohl in der Altstadt nichts, meinte Baudezernent Uwe Stäglin. Auch eine von Weber vorgeschlagene Freigabe des Boulevards für Radler sah er skeptisch, insbesondere wegen Konflikten mit Fußgängern. Weber forderte aber auch einen schnellen Bau eines Fahrradparkhauses. Nicht eindeutig sei die Beschilderung beim Parkleitsystem und Wegesystem. Hier brachte er farbliche Markierungen ins Spiel. Zudem forderte er ein gutes Baustellenmanagement. Großbaustellen zur Weihnachtszeit seien existenzbedrohend. Der Kaufkraftindex mit dem Umland liegt bei 101,9 Punkten. Bald drohe die Situation, dass der Kaufkraft-Abfluss höher sei als der Kaufkraftgewinn. „Die Erreichbarkeit der Geschäfte ist gesichert“, meinte Baudezernent Stäglin. Und OB Wiegand meinte, je besser die Angebote seien, desto eher würden die Kunden auch kommen. Hier sei der Handel gefragt, zu optimieren.
Thematisiert wurden auch Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit. „Im Vergleich zu anderen Großstädten ist unser Markt sauber“, bilanzierte OB Wiegand. Die Abfalleimer seien jedoch sehr alt und sollten überarbeitet werden. Hierzu wolle er mit den Stadtwerken reden. Kaufhof-Chef Weber kritisierte Pöbelgruppen, Bettler und Graffiti und fragte, welche Möglichkeiten hier die Stadt habe. „Viele fühlen sich abends nicht mehr sicher in der Innenstadt.“ Auch komme es immer wieder zu Schlägereien. „Die reine Anwesenheit der Gruppen ist kein Grund, zu Maßnahmen zu greifen“, meinte Tobias Teschner, Fachbereichsleiter Sicherheit. Heißt: es muss erst was passieren. Und auch gegen Bettler gibt es laut OB Wiegand keine Handhabe. „Betteln ist rechtlich zulässig, wenn es keine Behinderung gibt.“
Neueste Kommentare