AOK-Pflegeheimreport: Große regionale Unterschiede bei Versorgungsqualität in Pflegeheimen in Sachsen-Anhalt
Bei der Versorgungsqualität von Pflegeheimbewohnern gibt es bundesweit große Unterschiede. Das ergab eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Im neuen Onlineportal „Qualitätsatlas Pflege“ wurde jetzt erstmals die Qualität für zehn Versorgungsthemen bundesweit erfasst und bis auf Kreisebene vergleichbar gemacht. Auch in Sachsen-Anhalt gibt es große Unterschiede. Aus Sicht der AOK können die erhobenen Daten bei der Weiterentwicklung der medizinischen und pflegerischen Versorgung genutzt werden.
Im Qualitätsatlas Pflege wurde beispielsweise analysiert, wie viele Pflegeheimbewohner Beruhigungs- und Schlafmittel länger verordnet bekamen als medizinisch empfohlen (Tabelle 1). Für das Jahr 2021 reicht die Spanne dabei von einem Anteil von 3,49 Prozent in Brandenburg bis hin zu 14,91 Prozent im Saarland. In Sachsen-Anhalt erhielten 3,55 Prozent der Pflegeheimbewohner Beruhigungs- und Schlafmittel länger als empfohlen, es gehört damit zu den Bundesländern mit dem geringsten Anteil. Der Wert ist zudem rund 48 Prozent niedriger, als statistisch erwartet.
„Eigentlich sollten pflegebedürftige Menschen maximal vier Wochen mit den untersuchten Schlaf- und Beruhigungsmitteln behandelt werden. Denn bei Dauereinnahme drohen unter anderem Abhängigkeit, erhöhte Sturzgefahr und die Entstehung von Angstgefühlen, Depressionen und Aggressionen“, betont Britta Müller, Leiterin der Pflegekasse bei der AOK Sachsen-Anhalt.
Ein weiteres Beispiel ist der Anteil an Demenzerkrankten, die aufgrund von Dehydration ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten (Tabelle 2). Die Spanne reicht hier von einem Anteil von 1,84 Prozent in Berlin bis zu 5,32 Prozent in Rheinland-Pfalz. In Sachsen-Anhalt wurden 2021 4,36 Prozent der Demenzerkrankten im Pflegeheim wegen Dehydration ins Krankenhaus eingeliefert. Das Bundesland liegt damit relativ weit hinten an zwölfter Stelle und der Wert ist rund 18 Prozent höher als statistisch erwartet.
Im bundesweiten Mittelfeld liegt Sachsen-Anhalt bei dem Anteil an Pflegeheimbewohnern mit nur kurzen Krankenhausaufenthalten (Tabelle 3). 16,83 Prozent der Pflegeheimbewohner hatten hier 2021 einen Aufenthalt von maximal drei Tagen. Am niedrigsten lag der Anteil in Sachsen mit 13,91 Prozent. Müller: „Krankenhausaufenthalte sind für betagte, in der Regel mehrfach erkrankte Pflegeheimbewohnende eine große Belastung. Gerade bei sehr kurzen Aufenthalten stellt sich die Frage, ob sie vermeidbar gewesen wären, beispielsweise durch eine bessere Versorgungsplanung und eine berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit.“
Starke Regionale Unterschiede in Sachsen-Anhalt
Insgesamt liegt Sachsen-Anhalt bei acht von zehn Versorgungsthemen mit den Qualitätswerten unter der besten acht Bundesländern, bei vier Themen sogar unter den besten vier.
Gleichwohl gibt es aber auch in Sachsen-Anhalt starke regionale Unterschiede. Das wird am Beispiel der verordneten Beruhigungs- und Schlafmittel deutlich: An erster Stelle liegt hier der Burgenlandkreis mit einem Wert von 0,75 Prozent, an letzter Stelle der Saalekreis mit einem Anteil von 6,01 Prozent (Tabelle 4). Beim Anteil an Demenzerkrankten, die aufgrund von Dehydration ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, liegt an erster Stelle der Burgenlandkreis mit 2,38 Prozent, der Altmarkkreis Salzwedel bei 8,05 Prozent an letzter Stelle (Tabelle 5).
Routinedaten für Qualitätssicherung nutzen
Aus Sicht der AOK Sachsen-Anhalt können solche Routinedaten-Auswertungen die bisherigen Aktivitäten zur Verbesserung der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen sinnvoll ergänzen. „Das neue Portal bietet den verantwortlichen in den Regionen, aber auch den Kranken- und Pflegekassen ab sofort die Chance, regionale Auffälligkeiten zu erkennen und gezielt anzugehen“, so Müller. „Allein in Sachsen-Anhalt gibt es über 700 stationäre Pflegeeinrichtungen, bei der AOK Sachsen-Anhalt sind rund 16.000 Pflegeheimbewohnerinnen und -newohner versichert“.
Die Routinedaten-Auswertungen hätten den Vorteil, dass sich damit auch Schnittstellen zur Gesundheitsversorgung beleuchten lassen, zu denen es bisher keine systematischen und regelmäßigen Auswertungen gibt. „Eine gute Zusammenarbeit zwischen den Pflegeeinrichtungen, den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und Kliniken ist jedoch eine wichtige Voraussetzung für eine gute Versorgung“, sagt Müller weiter. Es sei „absolut sinnvoll“, das Potenzial dieser Daten zu nutzen, um die Versorgungsangebote vor Ort weiterzuentwickeln, so Müller. Bisher scheitere dies oft an den Sektorengrenzen in der Versorgung. Die AOK setze sich dafür ein, die Handlungsmöglichkeiten der regionalen Akteure für regionale Versorgungsangebote zu verbessern.
Daten von 350.000 Pflegeheimbewohnern einbezogen
Die WIdO-Analysen beruhen auf den Abrechnungsdaten der elf AOKs, die rund ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland versichern. Dabei wurden die Daten aus der Kranken- und aus der Pflegeversicherung einbezogen und miteinander verknüpft. Insgesamt sind die Daten von rund 350.000 Pflegeheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern ab 60 Jahren eingeflossen. Das entspricht rund der Hälfte aller stationär versorgten Pflegebedürftigen in Deutschland. Im Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“ des WIdO sind die Ergebnisse für die einzelnen Bundesländer und für die rund 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland im regionalen Vergleich dargestellt. Die Ergebnisse zu den zehn betrachteten Themen können auch als Zeitreihen für die Datenjahre 2017 bis 2021 betrachtet werden.
Der Qualitätsatlas Pflege erscheint gemeinsam mit dem Pflege-Report 2023, der sich in 14 Fachbeiträgen dem Thema „Versorgungsqualität von Langzeitgepflegten“ widmet. Neben den Chancen einer routinedatenbasierten Qualitätssicherung beleuchtet der Report unter anderem die bestehenden Instrumente und Maßnahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung. Außerdem geht es in dem Sammelband um die Perspektiven eines Public Reportings, um Angehörigen-Befragungen und um das Thema Impfsurveillance.
Zum Qualitätsatlas Pflege: www.qualitaetsatlas-pflege.de
Zum Pflege-Report: https://www.wido.de/publikationen-produkte/buchreihen/pflege-report/2023/
„… wie viele Pflegeheimbewohner Beruhigungs- und Schlafmittel länger verordnet bekamen als medizinisch empfohlen…“
„.. Demenzerkrankten, die aufgrund von Dehydration ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten…“
Pflegenotstand hin oder her. Wer manche Einrichtungen kennt, weiß wie es läuft. Ist eben nur eine“ Aufbewahrung“ bis zum Ende.
Hauptsache die pflegebedürftigen Menschen zahlen (völlig überteuert) pünktlich, am Anfang des Monats.
Und meistens sind Angehörige nicht so gern gesehen, wenn sie nicht „alle Macht“ ans Pflegeheim übergeben möchten.