Deutlich weniger Insolvenzen im ersten Halbjahr
Durch die Corona-Krise und damit einhergehende Schließungen von Unternehmen und Einrichtungen wird vielfach mit einer Zunahme der Insolvenzen gerechnet. Doch zumindest für das erste Halbjahr ist zunächst das Gegenteil der Fall.
Demnach haben die Amtsgerichte aus Sachsen-Anhalt im ersten Halbjahr 1 506 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gemeldet. Das waren entsprechend vorläufiger Angaben des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt 12,1 % weniger Verfahren als im 1. Halbjahr 2019 (damals: 1 714).
Allerdings ist die Insolvenzantragspflicht noch bis 30. September 2020 für die in Bedrängnis geratenen Unternehmen durch die Folgen der COVID-19-Pandemie ausgesetzt. Mit staatlichen Hilfsprogrammen soll die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung abgewendet werden. Bis dahin rechnen die Statistiker auch mit keinem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen.
Die Gesamthöhe der voraussichtlichen Forderungen der beantragten Insolvenzverfahren wurde von den Gerichten auf insgesamt 179 Mill. EUR beziffert, wovon knapp 112 Mill. EUR (62,6 %) auf Unternehmen entfielen.
Bis zum 30.06.2020 erfolgte in 1 382 Fällen (91,8 %) auf einen Antrag die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im 1. Halbjahr 2019 waren es mit 1 589 Eröffnungen 207 Verfahren mehr. Eine Ablehnung mangels Masse kam im aktuellen Halbjahr 116 Mal vor. In 8 Verfahren nahmen die Gläubiger/-innen einen Schuldenbereinigungsplan an.
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen (221) erhöhte sich gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum (215) um 2,8 %. Im Wirtschaftsbereich Baugewerbe gab es mit 43 die meisten Anträge auf ein Insolvenzverfahren, davon waren 11 Unternehmen aus der kreisfreien Stadt Halle (Saale). Von 221 der insolventen Unternehmen waren 130 weniger als 8 Jahre wirtschaftlich tätig. Zum Zeitpunkt der Antragsstellung bestanden 91 Unternehmen länger als 8 Jahre.
Neben den Unternehmen beantragten 1 285 übrige Schuldner/-innen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Dabei handelte es sich in 1 042 Fällen um Verbraucher/-innen. Das waren 13,7 % weniger als im 1. Halbjahr 2019 (1 208 Fälle). Mit 161 kamen die meisten Verbraucher/-innen aus dem Landkreis Harz. Die Anzahl von 227 Insolvenzanträgen der ehemals selbstständig Tätigen verringerte sich im 1. Halbjahr 2020 zum Vorjahr um 15,3 % (268 Fälle). In 127 Fällen lief das Verfahren als Regelinsolvenzverfahren und 100 Mal als vereinfachtes Verfahren. Die übrigen 16 Insolvenzverfahren (Januar bis Juni 2019: 23 Fälle) betrafen Nachlässe, Gesamtgut und natürliche Personen als Gesellschafter. Die angemeldeten Forderungen der übrigen Schuldner/-innen beliefen sich im 1. Halbjahr 2020 auf 67 Mill. EUR. Das ist eine Verringerung um 6,9 % gegenüber dem 1. Halbjahr 2019 (72 Mill. EUR).
Das ist auch kein Wunder, wenn die Pflicht zur unverzüglichen Einleitung des Insolvenzverfahrens bei überschuldeten Unternehmen verlängert wurde. Inzwischen bis März 2021. Der Crash darf wohl erst nach der Bundestagswahl kommen…
Werte Kollegin, dies ist leider nur zu einem sehr kleinen Teil richtig. Es handelt sich nicht um eine Verlängerung der Antragspflicht. Das ist schon sprachlich höchst ungenau. Überschuldete Unternehmen müssen nach wie vor einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen („Insolvenz anmelden“). Die Aussetzung nach §1 COVInsAG gilt lediglich für die Fälle des §15a InsO und des §42 Abs.2 BGB. Ausgenommen davon wiederum sind zudem die Fälle, in denen die Pandemie nicht ursächlich für die Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung ist. Gläubigerinsolvenzanträge sind nach Maßgabe des §3 COVInsAG weiterhin möglich. Die Aussetzung gilt in der derzeit gültigen Fassung der Gesetze allerdings nur bis 30.September 2020.
Nach erneuter Überprüfung Ihrer Aussagen stelle ich fest, dass nichts daran stimmt. Mit Bitte um Erläuterung verbleibe ich mit kollegialen Grüßen,
HvU
Das ist doch völlig wurscht! So eine Haarspalterei! Natürlich soll der Wirtschaftszusammenbruch verhindert oder – wenn dies nicht möglich ist – hinter die Bundestagswahlen verschoben werden. Da helfen auch keine spitzzüngigen Paragrafenreitereien. Ein Blinddarm, wenn schon vereitert, der muß raus! Ganz schnell. Und bei der Wirtschaft ist das auch so: siechend verschleppte Insolvenzverfahren werden gesellschaftlich viel teurer als kurze zackige Einschnitte.
Verehrter Zaungast,
die Verschleppung – nicht nur – siechender Insolvenzverfahren steht sogar unter Strafe. Daran hat sich durch das COVInsAG nichts geändert. Auch genereller Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens und des Insolvenzrechts im Allgemeinen bleiben mit den kurzfristig geltenden und relativ geringen verfahrenstechnischen Änderungen durch das COVInsAG unberührt.
Herzlichst,
HvU
Zahlungsunfähige und/oder überschuldete Unternehmen müssen gem. §15a InsO binnen drei Wochenfrist einen Eröffnungsantrag stellen. Und genau das ist eben ausgesetzt.
Hochverehrter insolvenzrechtlicher Laie,
die Regelung des §15a gilt bei weitem nicht für alle Unternehmen und deren Aussetzung kommt nur in Frage, wenn die Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung unmittelbar durch die Pandemie verursacht wurde und auch nur, wenn Aussichten auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen. In allen anderen und weit überwiegenden Fällen gilt das bisherige Insolvenzrecht und damit die 3-Wochenfrist für juristische Personen nach §15a InsO und keine Antragspflicht für alle anderen.
Hochachtungsvoll,
HvU