Franckesche Stiftungen zeigen seltene Schultische aus dem 18. Jahrhundert
Zum Welttag der Bildung, ausgerichtet von der UNESCO, stellen die Franckeschen Stiftungen zwei seltene, originale Schultische aus dem 18. Jahrhundert aus dem eigenen Bestand vor. »Originale Schulmöbel aus der Zeit vor 1800 sind extrem selten«, erklärt Dr. Thomas Grunewald, Mitarbeiter der Stabsstelle Forschung. Er hat das Mobiliar im Ergebnis seiner intensiven Beforschung des Planarchivs und in Zusammenarbeit mit Experten jetzt sicher zeitlich einordnen können. Hinsichtlich der Materialität und Ausführung sind die Tische ein weiterer Beleg für die wegbereitenden Ideen August Hermann Franckes (1663-1727), die in vielen Teilen heute noch modern sind und sich u.a. auch in der Agenda Bildung 2030 der UNESCO widerspiegeln. »Die bis heute erhaltene, imposante Bildungsarchitektur, die außergewöhnlichen Lehrsammlungen in der Bibliothek und der Kunst- und Naturalienkammer sowie der moderne Anschauungsunterricht machten die Franckeschen Stiftungen im 18. Jahrhundert zu einem besonderen Bildungsstandort für alle Schichten der Gesellschaft, der weltweit ausstrahlte«, stellt Anneheide von Biela, stellvertretende Direktorin und Leiterin des Bildungsbereichs vor und ergänzt: »Bildungsangebote für alle Menschen unabhängig ihrer Herkunft und soziale Teilhabe aller sind die Grundpfeiler der Arbeit im heutigen kulturellen Bildungskosmos.«
Die zwei Schultische ergänzen die bisher nur in den Lehrsammlungen, der Kunst- und Naturalienkammer und der Historischen Bibliothek, original erhaltene Ausstattung des 18. Jahrhunderts. Die im Archiv der Franckeschen Stiftungen aufbewahrten Konstruktionszeichnungen für das Unterrichtsmobiliar zeigen im Detail einen erstaunlichen Befund: die individuelle Größe der Kinder fand hier bereits Berücksichtigung und nicht erst, wie bisher angenommen, Ende des 19. Jahrhunderts bzw. am Anfang des 20. Jahrhunderts. Tische und Bänke wurden zudem separat gefertigt und aufgestellt. Sie konnten schnell zusammengesetzt oder auseinandergebaut werden. Damit dienten sie dem modularen Unterrichtssystem und der flexiblen Organisation der Unterrichtsräume: Die Kinder lernten zum einen entsprechend ihren Leistungen (und unabhängig von ihrem Alter) täglich mehrfach in unterschiedlichen Klassenverbänden. Zum anderen variierte die Anzahl der Kinder recht häufig, weshalb schnell Schulmöbel hinzugefügt oder entfernt werden mussten.
Wie spannend Geschichte sein kann, lernen Schüler:innen der Sekundarstufe II im neuen Modul »Geschichtslabor Vormoderne« der Vermittlung – Junges Museum in den Franckeschen Stiftungen. Praxisnah, fundiert und kompakt führt das neue Angebot anhand eines thematisches Schwerpunkts frühneuzeitlicher Geschichte (z.B. Frühaufklärung, Globalgeschichte, Bildungsgeschichte etc.) in die Arbeitsfelder von Historiker:innen ein. In bis zu sechs Praxismodulen stehen den Schüler:innen im einzigartigen Bildungskosmos Franckesche Stiftungen Expert:innen der Stabstelle Forschung, des Archivs, der Bibliothek sowie des Museums mit Impulsvorträgen, Führungen, Diskussionsrunden und Werkstatt-Sequenzen im LeoLab zur Seite.
Die Franckeschen Stiftungen sind ein europaweit einzigartiger Bildungskosmos. Mit über 40 kulturellen, wissenschaftlichen, sozialen und christlichen Einrichtungen auf dem Gelände, den historischen Sammlungen in barocker Schularchitektur, ihren Ausstellungen, besonders aber den pädagogischen und sozialen Projekten sind sie weit mehr als ein Museum. Gegründet mit dem Ziel, Gesellschaft zu verbessern, beteiligen sie sich an aktuellen gesellschaftlichen Debatten: demokratische Bildung, gesellschaftliche Teilhabe, nachhaltiges Handeln. Als weltweit einzigartiges Zeugnis sozialer und pädagogischer Architektur bürgerlichen Ursprungs stehen die Franckeschen Stiftungen auf der deutschen Vorschlagliste für das UNESCO-Weltkulturerbe.
Foto Franckesche Stiftungen
Da herrschte noch Zucht und Sitte im Klassenzimmer. ☺️ 👍