Nächster Streit in der Landesregierung: SPD betriebt unredliches Spiel
Der Zoff zwischen CDU und SPD in Sachsen-Anhalts Regierungskoalition geht weiter. Diesmal geht es um die Bildung. Die SPD befürchtet einen neuen Tiefpunkt bei der Unterrichtsversorgung, die CDU wirft den Sozialdemokraten ein unredliches Spiel vor.
Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Angela Kolb-Janssen, kritisierte ein unflexiblen und zu langsames Einstellungsverfahren. „So gehen dem Land dringend benötigte Lehrkräfte verloren, da andere Länder schneller sind und passgenaue Angebote machen. Das können wir uns nicht länger leisten!“ Kolb-Janssen stellte neun Vorschläge für ein professionelles Einstellungsmanagement vor. Dazu gehören die bundesweite Werbung um Lehrkräfte, allen Lehramtsbewerbern soll ein Angebot gemacht werden, Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Landesschulamtes, Modernisierung des Online-Bewerbungssystems, Persönliche Betreuung von Bewerbern, Übernahme von Referendarinnen und Referendaren, Dezentralisierung und Einbeziehung der Schulen in das Bewerbungsverfahren, Dauerausschreibung, Gute Rahmenbedingungen für den Seiteneinstieg schaffen.
„Die SPD-Fraktion betreibt mit dieser Pressemitteilung ein unredliches Spiel mit der Frage, wie wir die Unterrichtsversorgung an unseren Schulen aufrecht erhalten und garantieren können“, erklärt die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, Angela Gorr. „Unstrittig ist, dass im neuen Schuljahr die Unterrichtsversorgung nur mit großer Anstrengung gelingen kann. Wir wollen nicht die Bildungsqualität unserer Schülerinnen und Schüler gefährden, daher muss es Maßnahmen zur Gegensteuerung geben. Aus diesem Grund wurden in der heutigen Koalitions-Arbeitsgruppe die meisten der genannten Punkte gegenüber dem Ministerium für Bildung deutlich angesprochen. Die SPD benimmt sich an dieser Stelle leider wie eine Oppositionspartei, nicht aber wie ein Koalitionspartner. Auf dieser Grundlage kann Politik – in diesem Falle Bildungspolitik – schwerlich verlässlich gestaltet werden. Die Schwierigkeit, die Unterrichtsversorgung auch in Zukunft zu sichern, betrifft die ganze Koalition, nicht nur einzelne Partner. Ich würde mir wünschen, dass wir die Lösung des Problems gemeinsam mit allen Beteiligten angehen und die Lehrerschaft des Landes einbeziehen.“
Konkrete SPD-Vorschläge:
1. Bundesweite Werbung um Lehrkräfte: Die Werbekampagne des Bildungsministeriums „Weltenretter“ ist kaum sichtbar, die Homepage für Interessentinnen und Interessenten nicht benutzerfreundlich. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Stelle für die Personalgewinnung müssen an allen Werktagen zu den üblichen Geschäftszeiten telefonisch erreichbar sein. Ein paar Stunden pro Woche reichen nicht.
2. Allen Lehramtsbewerbern ein Angebot machen: Seit Ende 2016 haben deutlich über 1.000 gut ausgebildete Bewerberinnen und Bewerber mit Lehramtsabschluss keine Stelle im Schuldienst in Sachsen-Anhalt bekommen Warum verzichten wir auf diese gut ausgebildeten Fachkräfte?
3. Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Landesschulamtes: Seit 2016 ist das Landesschulamt nur kommissarisch besetzt. Die Funktion des Direktors muss endlich dauerhaft und mit ausgewiesenem Fachwissen besetzt werden.
4. Modernisierung des Online-Bewerbungssystems: Das Verfahren muss einfach und nutzerfreundlich sein. Bewerbungen dürfen nicht schon am Hochladen von Unterlagen scheitern.
5. Persönliche Betreuung von Bewerbern: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Personalgewinnung müssen proaktiv auf die Bewerberinnen zuzugehen, unter anderem durch Kontaktaufnahme per Mail oder Telefon, Angebote für Schulbesuche und Infogesprächen. Der Landtagsbeschluss vom Dezember 2017, demzufolge die Referendarinnen und Referendare schon während des Referendariats eine Einstellungszusage bekommen sollen, wird seit 2017 nicht umgesetzt!
6. Übernahme von Referendarinnen und Referendaren: Fast alle Länder haben Wege gefunden, ihren eigenen Referendarinnen und Referendaren einen sicheren und garantierten Weg in den Schuldienst zu ermöglichen. Das muss auch in Sachsen- Anhalt möglich sein!
7. Dezentralisierung und Einbeziehung der Schulen in das Bewerbungsverfahren: Da das Bildungsministerium und das Landesschulamt bisher wenig erfolgreich bei der Besetzung offener Stellen sind, müssen andere Möglichkeiten eröffnet werden. Die Einbeziehung der Schulen kann neue Bewerberpotentiale erschließen, die Verfahren beschleunigen und einen direkten Kontakt zwischen Bewerberinnen und Bewerbern und möglichen Einsatzschulen herstellen.
8. Dauerausschreibung: Kündigungen und Renteneintritte sind mehrere Monate im Voraus bekannt. Warum wird nicht frühzeitig reagiert? Jede freie oder freiwerdende Stelle muss zu jedem Zeitpunkt unverzüglich ausgeschrieben werden, wie es in anderen Ländern schon mit Erfolg praktiziert wird.
9. Gute Rahmenbedingungen für den Seiteneinstieg schaffen: Im Vergleich zu anderen Bundesländern gibt es in Sachsen-Anhalt vergleichsweise wenig Seiten- und Quereinsteigerinnen und -einsteiger. Die Bewerbungshürden liegen deutlich höher, und viele Bewerberinnen und Bewerber scheitern schon an den formalen Voraussetzungen. Die SPD hat ein Konzept mit konkreten Vorschlägen für einen gelingenden Seiten- und Quereinstieg erarbeitet.
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